Ex-Chef: "Ein Witz"

Olympus-Führung tritt zurück – aber nur halb

Elektronik
20.04.2012 12:21
Mit einem heftig umstrittenen Führungswechsel will der japanische Kamerahersteller Olympus nach der Verwicklung in einen Bilanzfälschungskandal einen Neubeginn wagen. Gegen den Widerstand ausländischer Aktionäre und den wütenden Protest des früheren Konzernchefs Michael Woodford billigte die Hauptversammlung am Freitag das neue Spitzenmanagement, dem noch Mitglieder des alten Vorstands angehören - nachdem dieser kurz zuvor noch mit einer tiefen Verbeugung geschlossen zurückgetreten war.

Zu Beginn der Versammlung in einem Tokioter Hotel entschuldigte sich der bisherige Chef Shuichi Takayama für den Skandal und versprach "drastische Reformen". "Wir, die Mitglieder der Geschäftsführung, entschuldigen uns zutiefst bei den Aktionären für die entstandenen Unsicherheiten", sagte er. Takayama gehört zu den 18 früheren und aktiven Managern und Bilanzprüfern, die Olympus wegen der Bilanzfälschungen auf Schadenersatz verklagt hat. Damit soll ein Schlussstrich gezogen werden unter den Skandal um Falschbilanzierungen, den das Unternehmen mehr als 13 Jahre lang vertuschte und den der Brite Woodford im vergangenen Oktober aufdeckte.

Ex-Chef bezeichnet Neubesetzung als "schlechten Witz"
Der daraufhin postwendend entlassene Ex-Chef sorgte nun dafür, dass es auf dem Aktionärstreffen für japanische Verhältnisse ungewöhnlich turbulent zuging. Woodford warnte, die Beschlüsse des Aktionärstreffens seien rechtlich anfechtbar, und bezeichnete die Neubesetzungen an der Unternehmensspitze als schlechten Witz. Er kritisierte insbesondere, dass zwei Mitglieder des alten Vorstands auch dem neuen angehören. "Hunderte Milliarden Yen an Aktionärswert sind bereits verloren durch diesen Skandal", wetterte er vor den Anteilseignern. "Heute ist der Neustart - und Sie behalten diese beiden Männer im Unternehmen! Was fällt Ihnen ein, schämen Sie sich!"

Japanische Investoren verhinderten Rückkehr auf Chefsessel
Woodford hatte unterstützt von ausländischen Aktionären selbst auf den Chefposten zurückkehren wollen, ließ dann aber wegen des Widertands japanischer Investoren davon ab. Der auf eine Abfindung klagende Ex-Chef kritisierte, dass seine schriftlich gestellte Frage nach den Gründen seiner Entlassung nicht beantwortet worden sei. Dies könne dazu führen, dass die Beschlüsse der Hauptversammlung von einem Gericht für nichtig erklärt werden. Zuvor hatte ein hochrangiger Manager erklärt, wegen des laufenden Verfahrens müsse Olympus die Antwort schuldig bleiben.

Tradition statt frischem Blut
Auf der Hauptversammlung zeigte sich der Riss zwischen ausländischen Eignern, die 25 bis 30 Prozent an Olympus halten, und den japanischen Investoren. Vertreter ausländischer Investoren wie Southeastern Asset Management und Indus Capital hatten davor gewarnt, Top-Positionen mit Managern zu besetzen, die den Einfluss der Banken auf Olympus noch vergrößern, und frisches Blut gefordert. Die inländischen Eigner setzen hingegen auf Tradition und stören sich nicht an der Nähe des Unternehmens zu den Geldgebern.

Medizintechnik-Experte Sasa neuer Präsident
Zum neuen Präsidenten wurde der Medizintechnik-Experte Hiroyuki Sasa gewählt. Die Führung im Verwaltungsrat übernimmt Yasuyuki Kimoto vom Großaktionär Sumitomo Mitsui Banking. Sasas Berufung als neuer Präsident kommt jedoch nicht überraschend, da die Medizintechnik inzwischen zum größten Bereich von Olympus geworden ist - allerdings auch durch die Übernahmen, bei denen durch überhöhte Preise Bilanzbetrug betrieben wurde.

Das Unternehmen hat zugegeben, dass bei den Deals alte Anlageverluste von 117,7 Milliarden Yen (1,1 Milliarden Euro) verschleiert worden waren. Sieben zentrale Beteiligte der Affäre wurden festgenommen, darunter der frühere Chef und langjährige Firmenpatriarch Tsuyoshi Kikukawa. Auch gegen das Unternehmen selbst erhob die Staatsanwaltschaft in Tokio Anklage.

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