"Fühlen Sie sich überhaupt in der Lage, eine Aussage zu machen?", wollte Richter Andreas Posch vom früheren Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn, Jürgen H., wissen. Der 47-jährige Vorarlberger hatte zuvor eine Reihe von Medikamenten aufgezählt, darunter auch mehrere Beruhigungsmittel, die er eingenommen hat. "Ich hoffe", antwortete er knapp.
Dann schilderte er seinen Berufsweg durch diverse Gerichtsabteilungen, bis er schließlich Verwaltungschef am Bezirksgericht Dornbirn wurde - bis zu seiner Verhaftung am 17. November 2009.
"Freiheitsentzug schlimme Erfahrung"
"Wie waren die 23 Monate U-Haft?", wollte der Richter von Jürgen H. wissen. "Der Freiheitsentzug war wirklich eine schlimme Erfahrung", antwortete H., worauf der Richter einen Blick in die Zukunft wagte: "Ohne vorgreifen zu wollen - aber mit den 23 Monaten wird es aller Voraussicht nach nicht getan sein." Der Angeklagte: "Das ist mir klar. Ich hab mir die Anklageschrift angeschaut und glaube, das geht schon so in Ordnung."
Dann erzählte er über "Hocks" in der Kantine. Übers Zusammenhocken beim Bier, zwei- bis dreimal die Woche, oft auch während der Dienstzeit. Richter Posch: "Wurde da auch darüber geredet, wie man Verlassenschaften 'umleiten' könnte?" "Ja", so die klare Antwort des Angeklagten. Staatsanwalt Manfred Bolter hakte nach: "War bei diesen Treffen Alkohol im Spiel?" "Ja, sehr viel", so Jürgen H.
"Waren schockiert, dass uns der Jürgen hineingezogen hat"
Da seien auch Kanzleileiter Kurt T. (48), Rechtspfleger Clemens M. (52) und die pensionierte "Grundbuchskoryphäe" Walter M. (72) dabei gewesen. Und diese drei Mitangeklagten "waren schockiert, dass uns der Jürgen da hineingezogen hat".
So schilderte Kurt T.: "Hausdurchsuchungen wurden gemacht, Konten zerpflückt, nichts wurde gefunden. Warum sollen wir so etwas machen, wenn wir keinen Cent davon haben? Aber der Staatsanwalt hat den Münchhausengeschichten des Jürgen H. geglaubt. Das passt zu seiner Verteidigungsstrategie."
Am Mittwoch wird die Einvernahme der Angeklagten fortgesetzt.
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