Vor U-Ausschuss

Grasser zu Buwog: “Mir war wurscht, wer gewinnt”

Österreich
17.04.2012 19:53
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat vor dem Korruptions-U-Ausschuss, der am Dienstag mit den Zeugenbefragungen rund um die Buwog-Affäre begonnen hat, erneut alle Vorwürfe in der Causa zurückgewiesen. "Ich übernehme die politische Verantwortung für den Verkauf der Buwog - und dieser ist rechtlich korrekt umgesetzt worden. Mir war es wurscht, wer gewinnt", versicherte Grasser. Zuvor hatte ihn sein ehemaliger Mitarbeiter Michael Ramprecht einmal mehr schwer belastet und den Verkauf als manipuliert bezeichnet.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der Buwog-Affäre gegen Grasser wegen Untreue und Amtsmissbrauchs. In der Causa geht es um die Privatisierung der Bundeswohnungen 2003/04 und damit in Verbindung stehende Provisionszahlungen von 9,6 Millionen Euro, die von dem erfolgreichen Bieter Immofinanz an den PR-Berater Peter Hochegger und den Ex-FPÖ-Politiker und Grasser-Vertrauten Walter Meischberger bezahlt wurden. Die Gelder sollen über Zypern auf drei Konten in Liechtenstein geflossen und laut Verdachtslage zu einem Teil auch Grasser zugekommen sein.

"Ich habe mir nichts gewünscht"
Grasser nutzte vor dem Ausschuss die Gelegenheit, um die Buwog-Privatisierung zum wiederholten Mal zu verteidigen. Dass es dabei zu Malversationen gekommen sein könnte, schloss er aus. Weder habe er Informationen weitergegeben, noch habe er im Hinblick auf seine Amtsführung Geld angenommen, sagte Grasser. Außerdem sei die Öffnung der in versiegelten Kuverts eingebrachten Angebote unter Zeugen bei einem Notar erfolgt: "Niemand, außer den Bietern selbst, konnte wissen, was sie konkret bieten würden." Grasser dementierte mehrmals, dass er irgendeinen Wunsch zur Auswahl der die Privatisierung durchführenden Investmentbank geäußert habe: "Ich habe mir nichts gewünscht. Mir war es wurscht, wer gewinnt."

Außerdem seien beim Verkauf der Wohnbaugesellschaften (Buwog, WAG, EBS und ESG) als Paket um 961 Millionen Euro samt der 55 Millionen Euro aus der zuvor verkauften Wiener WBG insgesamt 1,016 Milliarden Euro an Barerlösen erzielt worden. Das sei ein "sehr guter Preis im internationalen Vergleich", so Grasser. Der Verkauf sei ein "vorbildlicher Prozess" gewesen und nach nationalem und internationalem Recht "unanfechtbar". "Wir haben einen hohen Preis erzielt und sind sorgsam mit dem Vermögen des Steuerzahlers umgegangen."

Umstrittene Provision "geht die Republik nichts an"
Als die umstrittenen Provisionszahlungen der siegreichen Immofinanz an Hochegger und Meischberger angesprochen wurden, reagierte Grasser wortreich: "Ich verstehe die Kritik, was die Provision betrifft, das hab' ich selbst auch verurteilt. Aber nicht die Republik Österreich hat die Provision gezahlt, sondern ein privates Unternehmen hat eine Vereinbarung getroffen, eine Provision zu zahlen - das geht die Republik nichts an", meinte Grasser.

"Ramprecht handelt aus niedrigen Rachemotiven"
Die Vorwürfe seines ehemaligen Kabinettsmitarbeiters Ramprecht, der Grasser und den mit ihm befreundeten Immobilienmakler Ernst Karl Plech in der Buwog-Affäre schwer belastet, wies Grasser zurück: "Wenn jemand aus offensichtlich niedrigen Rachemotiven, weil er den Job verloren hat, zum Lügner wird, disqualifiziert er sich selbst." Grasser hatte 2006 Ramprechts Vertrag als Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsgesellschaft nicht mehr verlängert.

Keine Aussage zu strafrechtlich relevanten Fragen
Zu strafrechtlich relevanten Fragen verweigerte Grasser die Aussage, zumal dem Ausschuss die Protokolle seiner Aussagen bei der Staatsanwaltschaft übermittelt worden seien. "Es macht keinen Sinn, den Damen und Herren Abgeordneten die Zeit zu stehlen und alles doppelt und dreifach zu sagen", meinte Grasser. Und sein Anwalt Manfred Ainedter ergänzte, dass der Ausschuss "keine Ersatzjustiz" sein könne.

Verkauf der Buwog war für Ramprecht "eine Zäsur"
Ramprecht hatte zuvor vor dem U-Ausschuss erklärt, dass er zu Beginn seiner Karriere im Ministerium eine "intensive, fast freundschaftliche Beziehung" zu Grasser gepflegt und diesen auch bewundert habe: "Er war mein Vorbild. Bis dahin war ich der größte Grasser-Fan." Doch dann sei der Buwog-Verkauf gekommen. Dass Grasser die Entscheidung für die Investmentbank, die die Privatisierung abwickeln sollte, beeinflusst habe, sei für ihn "eine Zäsur" gewesen, so Ramprecht (siehe auch Video in der Infobox).

Er habe vom Buwog-Aufsichtsratspräsidenten Plech den Auftrag bekommen, die Vergabekommission, die sich für CA-IB entscheiden gehabt habe, "umzudrehen". Es sei "ohne irgendein Argument" klargemacht worden, dass "der Minister Lehman will. Punkt". Dem sei er nachgekommen, weil Grasser Dinge nur einmal gesagt habe - und man "alle Probleme aller Welt" habe, sich "nach einem anderen Job umschauen" könne, wenn man dem Willen des Ministers nicht gefolgt sei. Die Abstimmung sei dann sechs zu drei Stimmen für Lehman Brothers ausgegangen sei.

Schweigegeld-Vorwurf gegen Plech bekräftigt
Ramprecht bekräftigte zudem den Vorwurf, in weiterer Folge von Plech bei einem Tennisspiel zehn Millionen Schilling Schweigegeld angeboten bekommen zu haben. Daraufhin sei die Situation "eskaliert" - und er habe damit gedroht, sich an die Staatsanwaltschaft zu wenden. Weil damals aber sowohl sein Bruder als auch seine Frau bei Plech beschäftigt waren und die beiden ihn gebeten hätten, nicht die Justiz einzuschalten, habe er darauf verzichtet. Außerdem habe Plech gedroht, ihn und seine Familie zu "vernichten".

Ramprecht hatte diese Vorwürfe bereits öfter erhoben - u.a. in Interviews und in einem daraufhin von Grasser angestrengten Medienprozess. Dieses Verfahren liegt allerdings bis zum Abschluss der strafrechtlichen Buwog-Ermittlungen auf Eis. Der Ex-Minister und Plech, gegen den von der Staatsanwaltschaft ebenso wegen Verdachts auf Untreue und Amtsmissbrauch bzw. Beihilfe ermittelt wird, bestreiten sämtliche Vorwürfe.

Grasser-Schüssel-Telefonat kein Thema im Ausschuss
Vor Ramprechts Aussage hatten vor dem U-Ausschuss zwei Rechnungshofbeamte den Abgeordneten die brisante Causa erörtert. RH-Prüfer Stephan Hoynigg wiederholte dabei im Detail das, was er bereits in Rechnungshofberichten geschrieben hatte: Beim Verkauf der Bundeswohnungen seien mehrere Möglichkeiten, den Erlös für den Staat zu steigern, nicht genutzt worden.

Zu Beginn der Sitzung wiederum war ein mehrheitlicher Beschluss der Mandatare erfolgt, ein abgehörtes Telefonat zwischen Grasser und Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nicht im Ausschuss zu thematisieren (siehe eigene Story in der Infobox). Die nächste Buwog-Sitzung des U-Ausschusses findet am Dienstag, dem 24. April, statt.

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