U-Ausschuss

Hochegger: “Habe niemandem etwas aufs Aug’ gedrückt”

Österreich
12.04.2012 18:57
Im Korruptions-U-Ausschuss hat am Donnerstag der Telekom-Lobbyist Peter Hochegger in seiner zweiten Befragung geschildert, wie sein Lobbying-Netzwerk funktionierte: "Es war damals die Überlegung, Ex-Politiker aufgrund ihrer Kontakte, ihrer Beziehungen und ihres Know-hows partiell an die Agentur zu binden", und diese Kontakte habe er ab 2004 auch zum Nutzen der Telekom Austria eingesetzt, erklärte Hochegger. Er habe aber niemandem etwas "aufs Aug' gedrückt".

Beispielhaft schilderte Hochegger die Zusammenarbeit mit dem früheren SPÖ-Telekommunikationssprecher Kurt Gartlehner, der bei ihm einen Beratungsvertrag für Windpark-Projekte gehabt habe. Gartlehner habe ausdrücklich Telekom-Themen aus der Beratertätigkeit ausklammern wollen, "aber natürlich habe ich die Beziehung dafür benützt, Themen, die für meinen Kunden wichtig waren, auf die Reise zu bringen", sagte Hochegger. "Telekom-Chef Hannes Ametsreiter hat gewusst, dass Gartlehner bei mir einen Beratungsvertrag hat und von mir Geld bekommt." Die Telekom-Vorstände Schieszler, Fischer und Ametsreiter hätten zudem gewusst, dass über Gartlehner Lobbying betrieben wurde.

"Wollte Win-win-Situationen aufzeigen"
Dabei habe er den für die Zwecke seiner Kunden eingesetzten Politikern nichts "aufs Aug' gedrückt, sondern die Kraft der Argumente benutzt, um Win-win-Situationen aufzuzeigen". Gartlehner hätte den Windpark-Beratungsvertrag nicht bekommen, wenn er nicht Telekom-Sprecher der SPÖ gewesen wäre, sagte Hochegger. Es könnte aber durchaus sein, dass manche der Politiker gar nicht gewusst hätten, dass sie für Lobbying-Zwecke benutzt wurden, räumte Hochegger auf eine Frage von Rosenkranz ein.

Geldflüsse an ÖVP-Mandatarin Hakl bestätigt
Hochegger bestätigte bei seiner Befragung im U-Ausschuss weiters, dass über seine Firma Valora auch Geld von der Telekom Austria an die Tiroler ÖVP-Abgeordnete Karin Hakl geflossen ist. "Hakl war für die Telekom eine wichtige politische Ansprechperson, es war ein Anliegen, dass sie weiterhin so aktiv diese Themen artikuliert", sagte Hochegger. Die Frage, warum die Telekom das Geld nicht direkt an Hakl überwiesen habe, habe er sich nicht gestellt.

Telekom-Kampagne gegen Mobilfunk angedeutet
Die Telekom hatte nach Aussage Hocheggers übrigens ein Geheimprojekt laufen, das zum Ziel hatte, den Mobilfunk in der Öffentlichkeit schlecht zu machen, um dadurch ihre kränkelnde Festnetzsparte zu unterstützen. Das ist für Hochegger die einzig logische Erklärung für die Telekom-Zahlungen an das FPÖ-Organ "Neue Freie Zeitung" (NFZ). "Ich kann mir nur vorstellen, dass es im Rahmen des Projektes war, die gesundheitliche Schädlichkeit des Mobilfunks zu thematisieren", dass im Jahr 2004 knapp 90.000 Euro an die NFZ geflossen seien, sagte Hochegger. Ihm selbst sei von der Zahlung nichts bekannt gewesen.

Keine Gesamtsumme für Netzwerkpflege genannt
Wie die Befragung Hocheggers zeigte, hat Hochegger zwar fleißig politische Netzwerke gepflegt - seine Gesamtausgaben dafür wollte oder konnte er auf Anfrage des BZÖ am Donnerstag allerdings nicht nennen. Hochegger behauptete lediglich, von der Telekom insgesamt etwa 7,3 Millionen Euro netto an Honoraren bekommen zu haben - etwa zehn Prozent davon seien für die Netzwerkpflege geflossen. Eine konkrete Summe gab er nicht an, auch keine Schätzung: Er habe sich nicht die Mühe gemacht, alle seine Ausgaben zu kategorisieren.

BZÖ vermutet Falschaussagen Hocheggers
Der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner ortete angesichts der neuerlichen Befragung Hocheggers bei zwei Themen Falschaussagen des Lobbyisten: Im Zusammenhang mit Telekom-Geld für die NFZ sieht er Widersprüche zu Aussagen des Lobbyisten Walter Meischberger. Bei der Causa um Zahlungen über die Agentur Whitehouse in Richtung ÖVP ortet er wiederum Widersprüche zu Aussagen der Agentur-Miteigentümerin Gabriela Stimpfl-Abele. Man werde die entsprechenden Protokolle der Staatsanwaltschaft übergeben, erklärte Petzner. "Erstverdächtiger" in der Sachverhaltsdarstellung werde Hochegger sein.

Viele Fragen, allgemein gehaltene Antworten
Im weiteren Verlauf der Befragung konzentrierten sich die Parteien dann vor allem darauf, jeweils die Skandale im Zusammenhang mit einer anderen Fraktion zum Thema zu machen. So ließ es sich Peter Pilz von den Grünen nicht nehmen, ausführlich zu thematisieren, dass Hochegger über seine Firma Valora dem Wiener Pressverein, der zum ÖAAB gehört, für dessen Zeitschrift "Freiheit" 10.000 Euro als "Druckkostenbeitrag" überwiesen hat. Auf die Frage, was der ÖAAB geleistet habe, meinte Hochegger: "Mein System war nicht auf Kontrolle aufgebaut."

Die ÖVP wiederum thematisierte die Sponsoring-Zahlungen der Telekom für die Filmhof Veranstaltungs- und Betriebs GesmbH, an der die grüne Ex-Abgeordnete Monika Langthaler beteiligt ist. Langthaler hatte im Ausschuss betont, dass es Leistungen für das Geld gegeben habe. Hochegger meinte nun, Langthaler sei etwa wegen ihres Kontaktpotenzials wertvoll gewesen. Für ihn sei der "Zusatznutzen" wesentlich gewesen.

Von der FPÖ aufs Tapet gebracht wurde eine angeblich verdeckte Spende an den SPÖ-nahen Charity-Verein "Wider die Gewalt" über Hocheggers Valora: Laut Aussagen der Organisationschefin Marika Lichter habe der Teppichhändler Ali Rahimi um 7.000 Euro ein Bild ersteigert, dieses sei letztlich von der Valora bezahlt worden. Dazu erklärte Hochegger, solche Anliegen seien meistens von Rahimi an ihn herangetragen worden - Rahimi habe Finanzierungsvorschläge, die in den "sozialdemokratischen Bereich" hineingingen, artikuliert. Er habe in Rahimi eine "Schnittstelle zur Sozialdemokratie" gesehen.

Fischer: "Es war ein System der Gefälligkeiten"
Nach Hochegger entschlug sich der frühere Festnetz-Vorstand der Telekom Austria, Rudolf Fischer, als einer der Hauptbeschuldigten vor dem U-Ausschuss des Öfteren seiner Aussage im Zusammenhang mit dem Verdacht auf Kursmanipulationen durch Telekom-Vorstände. Mit dem Wort "Korruption" sei man zu rasch bei der Hand, kritisierte Fischer. "Ich habe nie einen Amtsträger bestochen oder eine Partei korrumpiert." Es gebe vielmehr in Österreich seit Jahrzehnten ein "System gegenseitiger Gefälligkeiten", das moralisch "vielleicht im Grenzbereich" sei, aber sicher keine Korruption.

"Auch sehe ich nicht, wo der Telekom Austria ein Schaden entstanden sein soll", sagte Fischer zum Vorwurf, dass aus dem Unternehmen Millionenbeträge abgeflossen seien, ohne dass es dafür entsprechende Gegenleistungen gegeben habe. Fischer schätzt, dass die Telekom für konkretes Lobbying im engeren Sinne 1,5 Millionen Euro pro Jahr ausgegeben hat. Etwa drei Viertel davon seien an Hochegger gegangen. Der Gesamtrahmen für Hochegger und seine Firma Valora sei aber natürlich höher gewesen. Für Beraterverträge habe die Telekom jährlich "locker fünf, sechs Millionen" ausgegeben.

Ex-Telekom-Vorstand mit viele Wissenslücken
Im Laufe seiner weiteren Befragung gab sich Fischer dann zwar recht unwissend, er schilderte dafür aber, wie Geldflüsse an Parteien üblicherweise abgewickelt wurden. "Da geht nicht der Hochegger mit 100.000 Euro in einem Sackerl zur ÖVP - das wird zum Beispiel über Werbeeinschaltungen gemacht", so derEx-Telekom-Vorstand. Es werde zwar zunächst ein Gesamtbetrag für die Zuwendung vereinbart, das Geld werde aber nicht einfach übergeben, sondern "da werden Projekte definiert", um den Rahmenbetrag zu "füllen".

Auf die Frage, ob er von Hochegger zu einem Sponsoring für den Verein "Wider die Gewalt" gefragt worden sei, meinte Fischer, er könne sich nicht erinnern. Es habe Themen gegeben, da sei er im Nachhinein von Hochegger informiert worden, aber nicht aus dem Auftrag heraus. Auch im Zusammenhang mit Sponsoring für die Filmhof Veranstaltungs- und Betriebs GesmbH zeigte Fischer Erinnerungslücken. Nichts beizutragen hatte er zudem zu Zahlungen an Ex-FPÖ-Mandatar Reinhart Gaugg, die Agentur MediaSelect, die Agentur Headquarter oder die Agentur White House.

Zeugenladungs-Streit bringt erneut NR-Sondersitzung
Nächste Woche wird sich der U-Ausschuss bereits dem Thema Buwog zuwenden - gegen den Willen der Opposition, die bei den Vorgängen rund um die Telekom noch reichlich Aufklärungsbedarf sieht. Weil es keine Einigung im Zeugenladungs-Streit gab, kündigten FPÖ, Grüne und BZÖ eine weitere Sondersitzung des Nationalrates an (siehe eigene Story in der Infobox).

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