Korruptionsaffäre

Italien: Lega-Nord-Parteichef Bossi zurückgetreten

Ausland
05.04.2012 17:25
Der Chef der rechtspopulistischen italienischen Oppositionspartei Lega Nord, Umberto Bossi, ist am Donnerstag zurückgetreten. Der Vorsitzende und Gründer der föderalistisch-gesinnten Partei zog damit die Konsequenzen aus einem ausgedehnten Skandal um illegale Parteienfinanzierung, der ihn und seine Familie schwer belastet. Bis Ende des Vorjahres war die Lega Nord unter Premier Silvio Berlusconi mit in der Regierung.

Aus Ermittlungen der Mailänder Staatsanwaltschaft geht hervor, dass Bossi und der Ex-Reformenminister der Lega, Roberto Calderoli, Gelder aus den Parteikassen entwendet haben sollen. Schwere Vorwürfe wurden auch gegen Bossis Söhne, Renzo und Riccardo, erhoben.

Mehr als 200.000 Euro aus den Parteikassen der Lega sollen illegal an die beiden sowie weitere 200.000 bis 300.000 Euro an die Lega-Gewerkschaft SinPa geflossen sein, vermuten die Ermittler. Der Lega-Nord-Parteichef selbst soll der Partei außerdem Schwarzgelder zugeschanzt haben, deren Herkunft unklar ist, geht aus der Befragung einer Sekretärin der Lega hervor.

Belastendes Material weggeschafft
Renzo Bossi, zweiter Sohn Umberto Bossis, wird zudem verdächtigt, aus dem Hauptquartier der Partei Dokumente geschafft zu haben, aus denen hervorgehen soll, dass er illegal Geld aus den Parteikassen erhalten hatte. Er habe aus Angst vor Kontrollen die Dokumente aus dem Lega-Hauptquartier verschwinden lassen, geht aus der Abhörung eines Telefongesprächs zwischen der Sekretärin und dem im Sog der Äffäre bereits zurückgetretenen Schatzmeister der Gruppierung, Francesco Belsito, hervor. Gegen Belsito wird wegen Geldwäsche, Betrugs und illegaler Parteinfinanzierung ermittelt.

So soll der Ex-Schatzmeister die Renovierung der Villa Bossis in seinem Heimatort Gemonio ebenso bezahlt haben wie Luxusautos für die Söhne des Parteichefs. Auch die Finanzierung einer von Bossis Ehefrau gegründeten Privatschule soll über die Parteikasse erfolgt sein. Sogar Partys mit Hunderten Lega-Anhängern in Mailänder Lokalen, die Bossis Sohn Renzo organisiert haben soll, sowie Hotelrechnungen und medizinische Behandlungen für den seit 2004 kranken Bossi sollen mit Lega-Geldern bezahlt worden sein.

Belsito wird auch verdächtigt, intransparente Investitionen von Parteigeldern in Tansania und Zypern getätigt zu haben. Bei seinen Geschäften soll er sogar mit Vertretern der 'Ndrangheta, der kalabrischen Mafia, in Verbindung gewesen sein. Die Staatsanwälte wollen klären, ob Belsito im Ausland Geld des organisierten Verbrechens gewaschen hat. Für die Lega Nord, die seit jeher von der Trennung des von der Mafia schwer belasteten Südens des Landes träumt, könnte die Schande nicht größer sein.

Partei schwer angeschlagen
Der politische Schaden für die Gruppierung ist unermesslich, vor allem angesichts der bevorstehenden Kommunalwahlen am 6. und 7. Mai, zu denen neun Millionen Italiener aufgerufen sind. Der Partei drohen gewaltige Stimmenverluste. "Ihr seid ja wie alle anderen!", schrieb ein enttäuschter Aktivist an eine Mauer unweit des Lega-Hauptquartiers in Mailand.

Doch nicht alle Lega-Anhänger wollen an eine Beteiligung Bossis an dem Skandal glauben. Vor dem Hauptquartier der Lega kam es am Donnerstag zu einer Solidaritätskundgebung einiger Aktivisten. "Bossi ist ein Opfer, er hat nichts von den intransparenten Geschäften Belsitos gewusst", versicherte ein Lega-Anhänger. Der Bürgermeister von Verona und Lega-Spitzenpolitiker Flavio Tosi plädierte für mehr Transparenz in der Lega. "Die Partei braucht einen neuen Parteitag. Wir müssen unseren Anhängern klar machen, dass wir uns tiefgreifend erneuern wollen", sagte Tosi.

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