Online-Währung

Bitcoins wecken Interesse der Finanzwelt

Web
05.04.2012 12:41
Finanzhändler haben ein neues Spielzeug: Bitcoin. Von vielen lange als System von Nerds belächelt, gilt die digitale Währung heute einigen als der letzte Schrei. Längst haben Börsianer ihren Gefallen an der unkonventionellen Zahlungsart gefunden und machen Geschäfte mit Bitcoins. Im Gegensatz zu herkömmlichen Währungen basiert die virtuelle Zahlungsmöglichkeit auf einem Computernetzwerk und unterliegt keiner zentralen Kontrolle.

"Die Währung wird nicht von Leuten beherrscht, die Haushaltsziele erfüllen müssen. Sie wird von einer mathematischen Formel gelenkt", schwärmt ein Londoner Händler und Bitcoin-Verfechter. Er befürworte, dass Bitcoins nur begrenzt in Umlauf gebracht werden könnten. "Wenn du versuchst, mehr als 21 Millionen Bitcoins zu produzieren, wirst du von kalten lieblosen Computern zurückgewiesen, die in irgendwelchen alten Garagen stehen. Das ist eine bessere Geldform als wir derzeit haben und besser als alles, was bisher entwickelt worden ist." Er glaube an den langfristigen Erfolg der neuen Währung. Deswegen suche er nach Bitcoin-Startups, in die er investieren könne.

Datendiensten zufolge verbringen Mitarbeiter von Großbanken wie Morgan Stanley und Goldman Sachs teils viel Zeit bei Bitcoin-Tauschdiensten, mehrmals täglich sollen sie die Entwicklungen prüfen und aktiv werden. Gern wird das Ganze in den Medien als "Wilder Westen der Finanzwelt" dargestellt. Es gibt bereits eine Bitcoin-Börse und es können Dividenden in Bitcoins gezahlt werden. Erst jüngst war ein Unternehmen, das mit Bitcoin-Optionen handelt, für eine halbe Million Dollar an die entsprechende E-Börse gegangen.

Inflationsresistent
Auf den Markt gebracht wurde die virtuelle Währung 2009 von einem Entwickler mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Nakamoto ist bekannt als Kritiker des herkömmlichen Geldsystems. Er sprach sich öffentlich gegen geldpolitische Stützungsmaßnahmen aus und beschuldigte Banken, Kreditblasen aufzublähen. Bitcoins gelten als inflationsresistent. Sie können nicht auf normalem Weg gefälscht werden, allerdings könnte bei einem Hackerangriff das gesamte Gefüge zusammenbrechen. Wer mit Bitcoins eine Rechnung begleichen will, muss zunächst die Währung am Computer generieren und dem Zahlungsvorgang mit einem geheimen Privatschlüssel zustimmen.

Die Identität des Zahlenden und des Empfängers bei Bitcoin-Überweisungen aufzudecken, ist schwierig. Das Geld wird direkt von einem Computer zum nächsten geschickt. Es gibt keine zentrale Kontrollstelle, wie sie beispielsweise beim Linden-Dollar in der virtuellen Welt Second Life und den Facebook-Credits existiert. Dies war bisher vor allem nötig, um sicherzustellen, dass Gelder nicht mehrmals ausgegeben werden. Bei Bitcoins ist dies nicht möglich, da mit dem Zahlungsvorgang auch eine Historie mittels eines elektronischen Stempels erstellt wird.

Einheiten können auf Tauschbörsen gegen Yen, Dollar oder auch Euro gehandelt werden. Der Kurs ist noch sehr volatil. Während im Juni des vergangenen Jahres ein Bitcoin fast 30 Dollar wert war, sind es jetzt zwischen vier und fünf Dollar.

Zweifelhafter Ruf
Der beste Ruf eilt Bitcoin allerdings nicht voraus. Zu fragwürdigem Bekanntheitsgrad kam die Währung durch die Internetseite "Silk Road", auf der man gegen Zahlung von Bitcoins Drogen und Waffen erwerben kann. Trotz dieses Imageschadens scheint die virtuelle Valuta ihre Nische im Zahlungssystem gefunden zu haben. Ein britischer Geschäftsmann in China berichtet davon, die Währung regelmäßig bei Transaktionen mit Asien, Europa und Nordamerika einzusetzen, weil es Restriktionen bei der Nutzung anderer Währungen in China gebe.

Der griechische Besitzer eines Inselrestaurants, der neben Euros auch Bitcoins akzeptiert, begründet die Vorteile der virtuellen Währung: "Ich bringe kein Geld zur Bank. Ich vertraue dem Euro als Banknote, aber ich vertraue keinen Banken. Ich will nicht, dass sie Geld mit meinen Einnahmen machen."

Experte: "Konzept dem Untergang geweiht"
Trotz der zunehmenden Nutzung stuft beispielsweise die Deutsche Bundesbank Bitcoins nicht als elektronische Währung ein. Illegal ist die Internetwährung jedoch nicht - schließlich kann jeder selbst bestimmen, welchen Gegenwert er für eine erbrachte Leistung verlangt. Bankenexperte Simon Lelieveldt glaubt, dass sich die Bitcoins nur für eine begrenzte Zeit auf dem Markt halten werden.

Wegen der fehlenden Machtbasis sei das Konzept dem Untergang geweiht. Schließlich gebe es keinen materiellen Rückhalt beispielsweise in Gold oder anderen Rohstoffen. Der Wert der Internetwährung ist völlig abhängig davon, ob die Nutzer daran glauben und sich gegenseitig vertrauen. Bitcoins stellen damit auch herkömmliche Definitionen von Geld infrage.

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