Nach Plagiatsskandal

Ungarischer Präsident Schmitt zurückgetreten

Ausland
02.04.2012 17:41
Ungarns Staatspräsident Pal Schmitt ist am Montag nach einem Plagiatsskandal zurückgetreten. Das Staatsoberhaupt war unter Druck geraten, nachdem die Budapester Semmelweis-Universität ihm in der Vorwoche den Doktortitel aberkannt hatte. Zuvor hatte eine Expertenkommission festgestellt, dass Schmitt fast seine gesamte Dissertation aus dem Jahr 1992 von anderen Autoren abgeschrieben hatte.

Es sei die Aufgabe des Staatsoberhaupts, die Nation zu einen, sagte Schmitt am Montag im Parlament in Budapest. "Das bedeutet, dass es in der derzeitigen Situation, wo meine persönliche Angelegenheit mein geliebtes Land eher spaltet als vereint, meine Pflicht ist, meinen Dienst zu beenden und von meinem Mandat als Präsident zurückzutreten", erklärte Schmitt laut der amtlichen Ungarischen Nachrichtenagentur MTI.

Bevor er seinen Rücktritt ankündigte, verteidigte sich Schmitt erneut vor dem Parlament und betonte, die Entscheidung der Aberkennung seines Doktortitels anfechten zu wollen.

Nachfolge völlig offen
Das Parlament billigte die Rücktrittserklärung Schmitts als Staatspräsident mit überwältigender Mehrheit. 338 Abgeordnete stimmten der Demission zu, fünf sprachen sich dagegen aus, sechs enthielten sich der Stimme, berichtete MTI. Die Amtsgeschäfte des Staatsoberhauptes gingen kommissarisch auf den Parlamentspräsidenten Laszlo Köver über.

Über einen möglichen Nachfolger kursieren bisher nur Gerüchte. In der Fraktionssitzung der regierenden, rechtskonservativen Fidesz-Partei am Montagvormittag soll Ministerpräsident Viktor Orban gesagt haben, dass er jemanden suchen werde, der "politisch rechts von ihm" stehe, berichtete die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf das Internet-Portal "index.hu".

Opposition begrüßt Rückzug
Unterdessen begrüßten die Oppositionsparteien den Rückzug des Präsidenten. Der Chef der Sozialisten, Attila Mesterhazy, sagte laut MTI, die Stimme des Volkes habe "die Unehrlichkeit überwunden". Ministerpräsident Orban solle den Fall als Warnung ansehen, dass seine Macht nicht unbegrenzt sei.

Der Anführer der rechtsextremen Jobbik-Partei, Gabor Vona, sagte, der Nachfolger Schmitts müsse vom Volk gewählt werden. Die Würde des Amtes sei angeschlagen und auch Orban sei verantwortlich.

Von der grünen Oppositionspartei LMP hieß es, es sei ein "trauriger Tag für die ungarische Demokratie" und ein Zeichen für die personelle Besetzung und die Politik der Regierungspartei Fidesz.

Rücktritt bislang abgelehnt
Dem Rücktritt Schmitts war ein tagelanges Tauziehen vorausgegangen. Der 69-jährige, rechtskonservative Politiker, der seit 2010 im Amt war, hatte noch am Freitag einen Rücktritt abgelehnt und erklärt, zwischen seiner Doktorarbeit, die er "nach bestem Wissen und Gewissen" angefertigt habe, und seiner 18 Jahre später erfolgten Wahl zum Staatspräsidenten bestehe "kein Zusammenhang".

Auch Orban hatte sich noch am Montag erneut hinter Schmitt gestellt. "Wenn er sich entschieden hat, für seine Wahrheit zu kämpfen, dann kann ihm niemand das Recht dazu nehmen", erklärte Orban auf einer Sondersitzung der Parlamentsfraktion seiner Fidesz-Partei in Budapest.

Rektor reichte Rücktritt ein
Bereits am Sonntag hat der Rektor der Semmelweis-Universität, Tivadar Tulassay, seinen Rücktritt eingereicht. Seit der Senatsentscheidung, Schmitt den Doktortitel zu entziehen, sei das Vertrauen des zuständigen Ministeriums in seine Person "spürbar geschwunden", begründete er den Schritt.

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