Vorteil für Schüler?

Experte fordert: “Schule sollte erst um 9 Uhr beginnen”

Österreich
29.03.2012 13:14
Schulbeginn erst um neun Uhr: Mit diesem Vorschlag hat der Schulexperte Andreas Salcher am Donnerstag aufhorchen lassen. Es sei nachgewiesenermaßen schlecht, dass die Schüler so früh aufstehen und dann müde im Unterricht sitzen müssen, argumentiert Salcher. Der Ex-ÖVP-Politiker war vor rund vier Jahren dank seines Erfolgsbuchs "Der talentierte Schüler und seine Feinde" zum Bildungsexperten avanciert. Die Reaktionen auf Salchers Forderung fielen gemischt aus.

In vielen Ländern, etwa in Skandinavien, Großbritannien, den USA und auch in Japan, sei ein späterer Schulbeginn schon längst üblich, so Salcher in einem Ö3-Interview. Er hält deshalb zum Vorteil von Schülern, Eltern und Lehrern auch in Österreich einen Schulstart erst um neun Uhr für sinnvoller.

Nach der Umstellung auf die Sommerzeit etwa würden die Schüler derzeit ihrem subjektiven Biorhythmus zufolge schon um 4.45 Uhr aus dem "Bett gerissen werden und sich dann halb bewusstlos durch die ersten Unterrichtsstunden quälen müssen", begründet Salcher seine Forderung. Auch für die Lehrer sei ein Unterrichtsbeginn erst um neun Uhr deshalb ein Riesenfortschritt, ist Salcher überzeugt.

Vereinbarkeit mit Berufstätigkeit der Eltern?
Die heimischen Bildungseinrichtungen könnten weiterhin um 8 Uhr aufsperren, der Unterricht aber erst um neun Uhr beginnen, so der Schulexperte. Somit hätten die Eltern Zeit, ihre Kinder in die Schule zu bringen und zeitgerecht mit der Arbeit zu beginnen.

Zustimmung zu Salchers Vorschlag kam am Donnerstag auch von den Lehrern. Für Lehrergewerkschafter Paul Kimberger seien Modelle für einen späteren Schulstart durchaus denkbar. Doch auch er gab zu bedenken, dass dabei Veränderungen im Berufsleben erforderlich seien. Hier sei die Wirtschaft gefragt, so Kimberger.

Schulratspräsidentin kritisiert "Bobo-Thema"
In einer Umfrage (siehe Infobox) haben sich knapp 66 Prozent der krone.at-User gegen eine späteren Unterrichtsbeginn ausgesprochen. Ein klares Nein zur Forderung von Salcher kommt auch von Wiens Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl. Die derzeitige Tendenz gehe aufgrund des frühen Arbeitsbeginns der meisten Eltern in die andere Richtung, ein späterer Unterrichtsbeginn sei dementsprechend ein "Bobo-Thema".

"Die Frühaufsicht von sieben bis acht Uhr wird sehr in Anspruch genommen", sagte Brandsteidl am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, "mit späterem Unterrichtsbeginn wäre der Zeitraum zur Überbrückung noch größer". Auch das Argument der besseren Leistungsfähigkeit zu späterer Stunde lasse sie "als Mutter eines 16-Jährigen", bei dem auch ein Unterrichtsbeginn um zehn Uhr keinen Unterschied machen würde, nicht gelten.

Späterer Beginn für Kinderfreunde wünschenswert
Anders sehen es die Österreichischen Kinderfreunde. Für sie sei ein späterer Unterrichtsbeginn aus Kindersicht wünschenswert. "Ein späterer Beginn des tatsächlichen Unterrichts würde die Lerneffekte bei vielen Schülern erhöhen", erklärte Bundesgeschäftsführer Jürgen Wutzlhofer. Es gebe genügend Studien, die solche Effekte belegen.

Es sei jedoch auch eine Herausforderung für die Wirtschaft: "Um den Start in den Tag für Kinder und Jugendliche besser zu gestalten und ihnen das Lernen zu erleichtern, müssen auch die Arbeitszeitmodelle für Eltern flexibler werden. Das bedeutet mehr Toleranz für späteren Arbeitsbeginn oder Gleitzeitmodelle für Eltern, wo das möglich ist", fordert Wutzlhofer.

Ministerium: "Im Kreis der Schulpartner diskutieren"
Aus dem Unterrichtsministerium heißt es, dass ein derartiger Vorschlag "zuerst im Kreis der Schulpartner zu diskutieren ist". Solange sich Eltern, Lehrer und Schüler nicht einigen und die Voraussetzungen auf sozialpartnerschaftlicher Ebene bezüglich Arbeitsbeginn der Eltern nicht gegeben seien, werde es keine entsprechende Vorlage des Ministeriums dazu geben.

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