Rassismus-Mord?

Großdemo nach Tod von schwarzem US-Teenager

Ausland
23.03.2012 08:18
Der Tod eines schwarzen Jugendlichen erschüttert die USA. Tausende Menschen haben in Sanford im US-Bundesstaat Florida eine Bestrafung des Mitglieds einer Bürgerwehr gefordert, das Ende Februar den 17-jährigen Trayvon Martin (Bild rechts) erschossen hat. Nach Angaben der Polizei versammelten sich am Donnerstagabend 20.000 Menschen in einem Park der Stadt zu einer friedlichen Kundgebung (Bild links).

Der 17-jährige Trayvon Martin war Ende Februar in Sanford von einem 28-Jährigen erschossen worden, der in der Nachbarschaft auf private Patrouille gegangen war. Der afroamerikanische Jugendliche war unbewaffnet und befand sich auf dem Rückweg von einem kleinen Einkauf zur Wohnung der Freundin seines Vaters.

Schütze will aus Notwehr gehandelt haben
Der Schütze, ein Weißer, erklärte, aus Notwehr gehandelt zu haben. Dabei berief er sich auf das "Stand Your Ground"-Gesetz ("Weiche nicht zurück"), das den Menschen in Florida ein besonders weitgehendes Recht auf Selbstverteidigung einräumt. Die Polizei schenkte seinen Angaben Glauben und nahm ihn nicht fest.

Erst angesichts wachsender Empörung über das Vorgehen der Polizei wurden die Behörden aktiv. Das US-Justizministerium erklärte, dass ihre für rassistische Verbrechen zuständigen Bürgerrechtsexperten eine "sorgfältige und unabhängige Prüfung der Beweise" vornehmen würden. Auch die Bundespolizei FBI hat Ermittlungen aufgenommen.

Eine Grand Jury soll in Florida am 10. April klären, ob die Beweise ausreichen, um Anklage gegen den Schützen zu erheben. Im Internet unterstützen bereits mehr als eine Million Menschen eine Petition, die seine Strafverfolgung fordert.

Polizeichef in der Kritik
Der umstrittene Polizeichef von Sanford, Bill Lee, hat indessen sein Amt vorübergehend niedergelegt. Seine Rolle als Leiter der Polizeistation sei zu einer "Ablenkung" für die Ermittlungen geworden, sagte Lee. Er war unter Beschuss geraten, weil er und seine Mannschaft die Todesumstände des Teenagers nicht gründlich untersucht haben sollen. Der Stadtrat von Sanford hatte ihm in einer Abstimmung am Mittwochabend das Vertrauen entzogen.

Der Vater des getöteten Teenagers bezeichnete die Amtsniederlegung indes bei der Demonstration in Sanford als unzureichend. "Der vorübergehende Rücktritt ist nichts", sagte Tracy Martin vor den Demonstranten. "Wir wollen eine Verurteilung und wir wollen eine Verhaftung des Mörders unseres Sohnes." Zu der Demonstration waren Menschen aus ganz Florida und aus Nachbarstaaten angereist.

Opfer "wie Abfall liegen lassen"
"Die Rassenfaktor hat ganz bestimmt eine Rolle gespielt", sagte die 33-jährige Karen Curry. "Wie kann es sein, dass die Polizei den Kerl nicht festgenommen hat, der einen jungen Mann erschossen und ihn wie Abfall hat liegen lassen?" An der Demonstration nahmen auch Religionsvertreter und der afroamerikanische Bürgerrechtler Al Sharpton teil. Für Montag wurden neue Proteste vor dem Gerichtsgebäude der Stadt angekündigt.

Der Umgang mit dem Tod des Teenagers hatte die Debatte um die Benachteiligung von Afroamerikanern im US-Justizsystem und unterschwelligen Rassismus in Teilen der US-Gesellschaft wieder aufflammen lassen. Die Familie des Schützen wies die Vorwürfe eines rassistischen Mordes aber zurück. Der 28-Jährige habe viele afroamerikanische Freunde und Familienmitglieder. "Er wäre der letzte, der jemanden wegen irgendetwas diskriminiert", sagte sein Vater.

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