Neuer Beauftragter

Schulschwänzen in Wien soll künftig “uncool” sein

Wien
22.03.2012 13:28
Besonders großes Interesse hat am Donnerstag im Wiener Stadtschulrat die Vorstellung von Horst Tschaikner als städtischer "Schulschwänz-Beauftragter" hervorgerufen. "Das muss mit ihrer aller Biografie zu tun haben, dass so viele Journalisten gekommen sind", bemerkte Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl, die es sich auf ihre Fahnen geheftet hat, Schulschwänzen "uncool" zu machen.

Ob man trotz oder gerade wegen "Stangler"-Vergangenheit zum Journalisten werden kann, blieb aber ebenso ungeklärt wie die möglichen Maßnahmen, um an die der Schule fernbleibenden Jugendlichen heranzukommen.

Abgesehen davon ortet Brandsteidl, die größte Gruppe an "klassischen Schulschwänzern" in Oberstufenklassen - bei Jugendlichen ab 14, "die null Bock auf Schule haben" und sich daher lieber einem Kontrastprogramm wie "Kaffeehaussitzen" widmen. Ein bis zwei Schüler pro Klasse und damit 4.000 bis 5.000 Jugendliche seien betroffen und schwieriger zu behandeln als die verhältnismäßig kleinen Gruppen von Schwänzern in Pflichtschulen (200 bis 300) bzw. aus Schulangst Fernbleibenden.

"Kein Wegschauen mehr"
Für alle dürfe es "kein Wegschauen mehr" geben, so Brandsteidl, da es "hier auch um Lebenschancen geht". Viele würden den Absprung nicht schaffen und so oft fehlen, dass sie aufgrund des großen Rückstands die Klasse nicht beenden können und im weiteren Verlauf die Schule abbrechen. "Mit jedem geschwänzten Tag steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schüler die Klasse nicht abschließt, um fünf Prozent", zitierte Brandsteidl eine Studie des amerikanischen "National Dropout Prevention Center" von 2007.

Ob Schulschwänzen in den vergangenen Jahren zu einem größeren Problem geworden ist, wisse man derzeit nicht. Die Zahl der Anzeigen wegen Schulpflichtverletzungen, die sich laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung des Unterrichtsministeriums seit 2005 auf rund 1.160 (Jänner bis September 2011) mehr als verdoppelt hat, basiere nur auf Meldungen an das zuständige Magistrat und umfasse auch andere Themen wie Verwahrlosung.

Ein "Migrantenthema" sei das Schulschwänzen - anders als von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz in den vergangenen Wochen kommuniziert - laut Brandsteidl aber nicht. Auch von einer von Kurz geforderten Erhöhung der derzeitigen Strafe von 220 Euro hält sie nichts. Damit werde das Problem, das "natürlich auch ein soziales" ist, nicht gelöst.

"Lehrer wünschen sich übergeordneten Verantwortlichen"
Eine der Aufgaben Tschaikners wird es also sein, Daten zu sammeln. Noch in diesem Schuljahr will der langjährige Haupt- und Berufsschullehrer alle Schulpartner an einen runden Tisch bringen und "kollektiv überlegen, was man tun kann". Anschließend sollen Best-Practice-Modelle aus dem Ausland gesammelt und ein klarer Leitfaden erstellt werden, der Rechtsgrundlagen klärt und aufzeigt, wie gefährdete Schüler erkannt werden können.

"Derzeit wird das Thema Schulschwänzen an einzelnen Schulen sehr unterschiedlich angegangen", so Tschaikner, "hier besteht Unsicherheit und Uneinheitlichkeit." So definiere das Schulorganisationsgesetz etwa nicht genau, zu welchem Zeitpunkt eine Schulpflichtverletzung gemeldet werden muss. "Lehrerkollegen wünschen sich schon lange einen übergeordneten Verantwortlichen."

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