StPO-Novelle

Karl rudert bei Schweigerechts-Debatte zurück

Österreich
09.03.2012 16:13
Justizministerin Beatrix Karl muss bei der umstrittenen Novelle der Strafprozessordnung nun doch zurückrudern. Kern der Debatte ist die Frage, ob Staatsanwaltschaft und Polizei auch dann Einsicht in beschlagnahmte Unterlagen nehmen dürfen, wenn diese dem Anwalts-, Arzt- oder Redaktionsgeheimnis unterliegen. Bei einem Gespräch mit Justizsprechern der Parlamentsparteien und Experten soll nun am Montag über eine Entschärfung verhandelt werden.

Karl selbst wollte zu der Causa bei einem Besuch in Tirol am Freitag nicht mehr Stellung nehmen. Ihre Sprecherin bestätigte allerdings, dass die Ministerin bei dem Gespräch kommende Woche "mit mehreren Varianten" zur Reform der umstrittenen Passage aufwarten wird. Der Entwurf in seiner derzeitigen Fassung sei "nicht in Stein gemeißelt". Es sei "normales parlamentarisches Prozedere", diesen parteiübergreifend zu diskutieren, sagte die Sprecherin.

Kern der Kritik: Wenn bei einer gerichtlich genehmigten Hausdurchsuchung Unterlagen von Anwälten, Ärzten oder Journalisten beschlagnahmt werden und der davon Betroffene dieser Sicherstellung widerspricht, muss nach derzeitiger Rechtslage das Gericht entscheiden, ob die Unterlagen vom Berufsgeheimnis geschützt sind oder der Staatsanwaltschaft übergeben werden. Bis zu dieser Entscheidung werden die Unterlagen versiegelt im Gericht verwahrt.

Das Justizministerium wollte das nun ändern: Demnach würde das Einspruchsrecht wegfallen, wenn gegen Anwälte, Ärzte oder Journalisten als Beschuldigte in einem Strafverfahren ermittelt wird. Auch das explizite Verbot der Einsichtnahme durch die Ermittler würde entfallen. Im Gegenteil: Sie würden Gelegenheit erhalten, Einblick in die Unterlagen zu nehmen. Vorgesehen ist nämlich eine gemeinsame Durchsicht der Dokumente mit dem Betroffenen, quasi zum "Vorsortieren".

Widerspruchsrecht für geschütze Berufsgruppen soll bleiben
Auf jeden Fall umgesetzt wird nun, dass Angehörige geschützter Berufsgruppen, gegen die als Beschuldigte ermittelt wird, weiterhin ein Widerspruchsrecht gegen die Beschlagnahme ihrer Unterlagen erhalten. Das bestätigt SP-Justizsprecher Hannes Jarolim, der damit "die Hauptstoßrichtung der Kritik erfüllt" sieht. Über andere Punkte - etwa die Beibehaltung der versiegelten Verwahrung der Unterlagen bei Gericht - werde man noch diskutieren. "Da werden wir sicherlich auf einen grünen Zweig kommen. Und wenn nicht, dann wird es das Gesetz in der Form nicht geben", so Jarolim.

Geklärt werden müssen die Fragen spätestens bis zum Justizausschuss am Dienstag. Am Montagnachmittag beraten daher die Justizsprecher der Koalition mit Ministerin Karl und externen Experten im Justizministerium. Danach gibt es ein Gespräch mit den Justizsprechern von FPÖ und Grünen.

Gerald Grosz: "Karl hat das Parlament angelogen"
Gar nicht erst ins Justizministerium kommen will BZÖ-Justizsprecher Gerald Grosz. Der Grund: Karl hatte behauptet, die umstrittene Neuregelung auf Anregung des Grazer Oberlandesgerichts durchgeführt zu haben. Dort zeigte man sich allerdings überrascht über diese Darstellung. Das OLG Graz hatte in seiner Stellungnahme zum Gesetz nämlich keine Einschränkung der Berufsgeheimnisse gefordert, sondern lediglich vor einer Ausweitung des Einspruchsrechts auch auf nahe Angehörige von Beschuldigten gewarnt. Grosz wirft der Ministerin nun vor, das Parlament "angelogen" zu haben: "Ich werde mich mit dieser Justizministerin nicht mehr in einem Rahmen unterhalten, wo es kein stenografisches Protokoll gibt."

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