"Verstoß gegen EU"

Mitterlehner lehnt Einfuhrverbot für Atomstrom ab

Österreich
09.03.2012 14:12
Bis zum Jahr 2014 soll Österreich durch den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien übers Jahr gerechnet keinen Atomstrom mehr importieren. Ein gesetzliches Verbot - selbst nur im Bereich des Stromhandels - würde aber gegen EU-Recht verstoßen und sei daher unmöglich, erklärte ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner am Freitag bei der Vorstellung des neuen Energieeffizienzgesetzes.

Physikalisch lasse sich Atomstrom ohnedies nicht verbannen, auch deshalb sei das Thema hochstilisiert. Zuletzt habe es im heimischen Netz noch rund 2,2 TWh Nuklearstrom gegeben im Vorjahr, etwa 3,9 Prozent, der solle bilanziell bis 2014 verschwinden. Auch danach sei aber noch Atomanteil im Netz vorhanden, da ja etwa das Nachbarland Deutschland erst bis 2022 alle seine AKWs abschalten wolle, so der Minister.

Einen wirklichen Atomausstieg habe es nach dem Unfall von Fukushima ohnedies nur in deutschsprachigen Ländern inklusive Schweiz gegeben, Italien wolle nicht neu einsteigen. Dass Tschechien oder Frankreich sich aus dieser Technologie verabschieden, sei "nicht angedacht", meinte Mitterlehner beim Pressegespräch zum Thema Energiewende anlässlich des ersten Fukushima-Jahrestages.

Praktisch könne Österreich nicht verhindern, dass Atomstrom etwa aus Deutschland hereinkomme, so Mitterlehner. Und Österreich werde mit seinem Anteil von nur 0,25 Prozent am europäischen Strommarkt auch keinen Einfluss auf Investitionsentscheidungen contra AKW in anderen Ländern nehmen können, weist der Minister ein weiteres Argument von Umweltorganisationen und anderen NGOs zurück.

Mitterlehner drückt bei Energieeffizienz aufs Tempo
Beim Thema Energieeffizienz will Mitterlehner nun Nägel mit Köpfen machen. Wenn Österreich hier nicht kräftig nachlege und mehr mache, seien die Energiestrategie-Ziele im Sinne der 20-20-20-Vorgaben der EU nicht erreichbar, sagte der Minister am Freitag. Maßnahmen beim Bund, den Betrieben und den Energielieferanten sollen dazu beitragen, dass der heimische Verbrauch auch 2020 nicht über den 1.100 Petajoule (PJ) des Jahres 2005 liegt. Ohne Gegensteuern droht ein Anstieg auf 1.300 PJ. In einigen Wochen soll das Energieeffizienzgesetz in Begutachtung gehen und noch vor dem Sommer beschlossen werden.

Mit gutem Beispiel soll der Bund vorangehen, für seine Gebäude ist eine verpflichtende Sanierungsrate von jährlich drei Prozent geplant, für Sanierungen und Neubauten soll es Mindeststandards geben. Zu 1,5 Prozent Einsparung sollen die Energielieferanten ihre Kunden anhalten - mithelfen soll der Einsatz intelligenter Stromzähler, sogenannter Smart Meter.

Verpflichtende Energieberatung für Betriebe
Firmen sollen je nach ihrer Größe eine Energieberatung, ein Energie-Audit oder ein Energiemanagementsystem durchführen müssen, ausgenommen davon sind nur Kleinbetriebe mit bis zu 50 Beschäftigten. Überwacht und dokumentiert werden sollen die Maßnahmen durch eine nationale Energieeffizienz-Monitoringstelle. Der EU-Kommission soll zudem laut einem Vorentwurf bis Mitte 2014 ein nationaler Energieeffizienz-Aktionsplan vorgelegt werden.

Mehr Kompetenzen soll die Regulierungsbehörde Energie-Control bekommen. Die E-Control und auch Konsumentenschützer hätten darüber geklagt, dass Energiepreissenkungen von EVU nicht ausreichend an die Verbraucher weitergegeben würden und dass oft eine Dateneinsicht verwehrt werde, daher solle es hier zu Verbesserungen kommen, sagte der Minister zur Begründung.

Grüne fordern: "Echte Reduktion des Energieverbrauchs"
Den Grünen geht das vorgestellte Energieeffizienz-Gesetz nicht weit genug. "Wir wollen eine echte Reduktion des Energieverbrauchs, nicht nur Energieeffizienz", sagte die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Grünen-Chefin warf zudem den Nachbarländer Österreichs, Tschechien und Slowakei, vor, "atomar aufrüsten" zu wollen.

Der Regierung hielt Glawischnig vor, ihren Anti-Atom-Aktionsplan auch ein Jahr nach Fukushima noch nicht einmal ansatzweise umgesetzt zu haben. "Eines der Kernanliegen wäre es gewesen, insbesondere gegen die grenznahen Atomkraftwerke, die ähnliche Schwächen haben wie Fukushima, nämlich kein Containment - also keine Stahlbetonhülle - rechtlich anzugehen." Eine neue Chance für die Anti-Atom-Politik gebe es allerdings für ÖVP-Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, der dieses Jahr das neue Euratom-Forschungsprogamm tatsächlich blockieren könnte. Das Programm koste 4,4 Milliarden Euro für die nächsten Jahre, der österreichische Anteil betrage 100 Millionen Euro.

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