NR-Sondersitzung

Sparpaket: "Haben uns sehr weit nach vorne gewagt"

Österreich
08.03.2012 14:52
Die Regierung hat ihr Sparpaket am Donnerstag dem Nationalrat vorgestellt. In einer Sondersitzung präsentierten Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger jene 98 Gesetze, die zur Budgetkonsolidierung beitragen sollen und nach dem Plenum in die zuständigen Ausschüsse zur weiteren Beratung wandern. Die Regierungsspitze versicherte, dass man sich bemüht habe, die Belastungen möglichst ausgewogen zu verteilen. Jedenfalls habe man sich "sehr weit nach vorne gewagt".

Faymann zeigte sich einmal mehr stolz, dass das Sparpaket in einem Klima erarbeitet worden sei, wo man sich nicht mit Demonstrationen oder gar Gewalt auf der Straße treffe, sondern einen respektvollen und fairen Umgang miteinander pflege. Spindelegger betonte, jeder müsse nun seinen Beitrag leisten, es seien auch keine kleinen Opfer, jedoch habe man auf eine gleichmäßige Belastung geachtet. Es sei auf das Ganze geschaut worden und nicht auf Partikularinteressen.

Gleichzeitiges Sparen und Investieren
Als Grundprinzip des Pakets schilderte der Kanzler, dass gleichzeitig gespart und investiert werden müsse. Nötig sei eine berechenbare Entwicklung bei Schulden und Entwicklung, damit Österreich seine stabile Position beibehalte, verwies Faymann darauf, dass man derzeit nicht einmal drei Prozent Zinsen bei den Staatsanleihen zahlen müsse. Das Sparpaket sei aber nicht nur ein Defensivprogramm, erklärte der SPÖ-Chef. Man sei auch imstande, Aktivmittel etwa im Bildungsbereich zur Verfügung zu stellen. Spindelegger verwies explizit auf die Uni-Milliarde.

Beiden Parteichefs war es auch sichtlich wichtig, jene Bereiche in den Vordergrund zu stellen, wo man auf Einschnitte verzichtet habe. Mehrfach unterstrich Faymann, dass man etwa die Bankenabgabe erhöht, aber die Mehrwertsteuer nicht angetastet habe. Spindelegger wiederum betonte, dass kleine Pensionisten geschont würden und auch keine Familienleistungen gestrichen worden seien.

Wichtig war dem Vizekanzler auch darzustellen, dass das Paket auf Struktureffekten aufbaue. Der Vizekanzler lobte, dass das Antrittsalter zu den Pensionen durch diverse Maßnahmen nach oben gehen werde, erkannte bereits eine Gesundheitsreform und würdigte das Vorhaben einer Förderpyramide. Spindeleggers Bilanz: "Wir haben uns für fünf Jahre sehr weit nach vorne gewagt."

Opposition ortet "schamlose Ausbeutung"
Erwartungsgemäß wenig Begeisterung löste die Präsentation des Sparpakets bei der Opposition aus. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache etwa rief der Regierungsspitze zu: "Sie sind ja nicht mehr ernst zu nehmen!" SPÖ und ÖVP würden den Österreichern sinnbildlich beide Beine amputieren, um sich dann als Retter anzudienen. Tatsächlich werde mit dem Sparpaket wieder in die Taschen der Menschen gegriffen, es komme zu Pensionsraub und erhöhten Lohnnebenkosten. Kritik übte Strache auch an der Bankenrettung: Die 900 Millionen Euro für die Kärntner Hypo seien "ein Lercherlschas" gegen das, was für die Kommunalkredit und die ÖVAG fällig werde.

Diese emotionale Aufwallung hinterließ Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig dermaßen beeindruckt, dass sie mehrere Anläufe - von "Tschopf" über "Kopp" bis "Tschapf" - brauchte, bis sie SPÖ-Klubobmann Josef Caps Namen schließlich richtig traf. Dann empfahl sie ihm, seinen Kampf für soziale Gerechtigkeit doch tatsächlich mit dem Koalitionspartner und nicht nur vor dem Spiegel zu führen. Durch das Sparpaket werde es 2016 jedenfalls mehr Ärmere, mehr Vermögende, und keine Unterstützung etwa für Frauen geben.

BZÖ-Obmann Josef Bucher wiederum geißelte die "schamlose Ausbeutung der Menschen" und bezweifelte, dass das Paket bei den Österreichern Glücksgefühle auslöse. In Wirklichkeit müssten sie nämlich für marode Banken und Länder bluten. Das Sparpaket bestehe aus 98 Luftblasen. Die Verantwortungslosigkeit bestehe darin, dass viele Maßnahmen erst ab 2014 schlagend würden, was dann wohl erst die nächste Regierung ausbaden müsse.

Misstrauensantrag gegen Karl abgewiesen
Das BZÖ brachte am Ende der Sondersitzung einen Misstrauensantrag gegen Justizministerin Beatrix Karl ein. Argumentiert wurde er einerseits mit dem - wieder zurückgezogenen - Vorschlag, auch Korruptionsdelikte via Diversion zu lösen, andererseits mit dem jüngsten Vorschlag der Ressortchefin zur Strafprozessordnung, der nach Ansicht von Juristen eine Aushebelung des Anwalts- und Redaktionsgeheimnisses brächte (siehe Infobox). Eine Mehrheit gab es dafür nicht, unterstützt wurde der Antrag lediglich von den Oppositionsfraktionen.

Endgültiger Beschluss für 28. März geplant
Das Sparpaket war am Dienstag dieser Woche im Ministerrat abgesegnet worden, nun folgt das parlamentarische Prozedere. Nach dem nunmehr erfolgten Einbringen in den Nationalrat findet am 14. März das traditionelle Experten-Hearing im Budgetausschuss statt, am folgenden Tag stimmt dieser dann über die Pläne ab. Der endgültige Parlamentsbeschluss über das Sanierungsvorhaben im Umfang von knapp 28 Milliarden Euro soll am 28. März erfolgen.

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