"Sinkendes Schiff"

Syrischer Vize-Minister zu Rebellen übergelaufen

Ausland
08.03.2012 10:25
In Syrien ist erstmals ein ranghohes Mitglied der Regierung zurückgetreten und zu den Aufständischen übergelaufen. "Ich, Ingenieur Abdo Hussameldin, stellvertretender Ölminister, kündige hiermit meine Abkehr vom Regime und meinen Rücktritt an", sagte Hussameldin in einem in der Nacht auf Donnerstag auf YouTube veröffentlichten Video. Er schließe sich nun der Revolution des Volkes an, "das die Ungerechtigkeit und die brutale Kampagne des Regimes zurückweist".

Ein Aktivist namens Rami, der das Video nach eigenen Angaben drehte und ins Internet stellte, sagte in der libanesischen Hauptstadt Beirut der Nachrichtenagentur AFP, die Opposition habe dabei geholfen, Hussameldins Übertritt zu organisieren. Wo sich dieser aufhielt und wo das Video aufgenommen wurde, wollte der Aktivist aus Sicherheitsgründen nicht sagen.

Der syrische Vize-Minister sagte in dem Video, er habe 33 Jahre lang für die syrische Regierung gearbeitet, wolle nun aber nicht im Dienst eines "kriminellen Regimes" enden. Er sei sich durchaus bewusst, dass seine Entscheidung Folgen haben werde: "Dieses Regime wird mein Haus niederbrennen, meine Familie verfolgen und Lügen verbreiten." Trotzdem rate er all seinen Kollegen, ebenfalls "das sinkende Schiff" zu verlassen.

Seit etwa einem Jahr gehen die Truppen von Staatschef Bashar al-Assad brutal gegen die Protestbewegung im Land vor. Neuen Schätzungen von Menschenrechtsaktivisten zufolge starben seither fast 8.500 Menschen.

Obama lässt militärische Optionen prüfen
Indes lässt US-Präsident Barack Obama angesichts des endlosen Blutvergießens in Syrien nach den Worten von US-Generstabschef Martin Dempsey nun auch militärische Optionen prüfen. Die syrische Opposition fordert zur Verteidigung gegen Angriffe des Regimes von Assad Waffen. Zu den Optionen, die die USA prüfen, zählten humanitäre Missionen, die Überwachung der Seewege, Flugverbotszonen und begrenzte Luftschläge, sagte Dempsey am Mittwoch vor dem Streitkräfteausschuss des Senats. Die verschiedenen Möglichkeiten seien aber noch nicht mit Obama direkt diskutiert worden, sondern mit seinem Team von Sicherheitsberatern. Auch gebe es noch keine Detailplanung.

US-Verteidigungsminister Leon Panetta wiederum warnte in derselben Anhörung vor einem militärischen Eingreifen in den Konflikt, da es den Bürgerkrieg verschlimmern könnte. Der Obama-Regierung sei klar, dass in Syrien "militärische Gewalt an ihre Grenzen stößt, vor allem was Bodentruppen angeht", sagte der Pentagon-Chef. Zuvor hatte der ehemalige republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain als erster US-Senator Luftschläge gegen die Truppen von Assad gefordert. Ein solcher Schritt sei "der einzige realistische Weg", das Blutvergießen zu beenden.

Europäer setzen weiterhin auf Sanktionen
Die EU hingegen setzt weiterhin darauf, das Assad-Regime mit Sanktionen zu einem Gewaltverzicht zu bewegen. Erst Ende Februar wurden die Strafmaßnahmen verschärft. Seit damals ist das Vermögen der syrischen Nationalbank in den EU-Staaten eingefroren, auch der Handel mit Gold, Edelmetallen und Diamanten ist verboten. Zudem sind Frachtflüge syrischer Fluggesellschaften nach Europa untersagt.

Sieben Minister der Regierung erhielten Einreiseverbot in die EU, ihr Vermögen in der Europäischen Union wird ebenfalls eingefroren. Da zugleich eine Person von der bisherigen Liste mit Visa-Verboten gestrichen wurde, gelten nunmehr insgesamt 114 EU-Einreiseverbote für Syrer.

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