"Desavouierung"?

Wilde Streitigkeiten um Denkmal für Deserteure in Wien

Österreich
07.03.2012 14:26
Der Plan der Wiener Stadtregierung, ein Denkmal für Soldaten zu errichten, die während des NS-Regimes desertiert sind, hat am Mittwoch heftige Kritik des Österreichischen Kameradschaftsbundes bewirkt. Man protestiere "in aller Schärfe" dagegen, ein solches Denkmal auf Kosten der Steuerzahler zu errichten, hieß es. Im Wiener Rathaus reagierte man ablehnend, für die Aussagen des Kameradschaftsbundes habe man kein Verständnis, wurde betont.

Desertion sei in allen Rechtsstaaten ein Strafdelikt, welches mit "teils empfindlichen Sanktionen" verfolgt werde, hatte der Kameradschaftsbund argumentiert. Und egal wie man zum Thema der Desertionen im Dritten Reich stehe, sei es "sachlich falsch", jede Art der Desertion pauschal als Heldentat zu glorifizieren: "Was soll sich ein Soldat, der vom Staat zum Wehrdienst verpflichtet wird, denken, wenn das Verlassen seiner Einheit und die Gefährdung seiner Kameraden als lobenswertes Verhalten dargestellt werden?"

Kameradschaftsbund: "Glatte Desavouierung"
Der überwiegende Teil aller Mahnmale und Kriegerdenkmäler, die zu Tausenden in allen Teilen Österreichs stünden, seien von den Angehörigen und Kameraden gefallener Soldaten auf eigene Kosten errichtet worden. Ein Denkmal für Deserteure auf Staatskosten zu errichten, sei eine "glatte Desavouierung" dieser Menschen. Deshalb fordere man die Wiener Landesregierung auf, sämtliche Pläne für so ein Denkmal "sofort und ein für alle Mal einzustellen".

Prompter Konter aus dem Wiener Rathaus
Der Konter der Wiener Regierungsparteien SPÖ und Grüne ließ freilich nicht lange auf sich warten. "Die Deserteure haben mutig und richtig gehandelt und unter Einsatz ihres Lebens ihre Grundsätze und Überzeugungen gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime vertreten. Was damals Unrecht war, muss heute als mutig anerkannt werden", erklärte SP-Kultursprecher Ernst Woller.

Der Klubchef der Wiener Grünen, David Ellensohn, mutmaßte zudem, dass dem ehemaligen ÖVP-Bundesrat und Präsidenten des Kameradschaftsbundes, Ludwig Bieringer, offenbar entgangen sei, dass SPÖ, ÖVP und Grüne im Jahr 2009 gemeinsam die Deserteure rehabilitiert hatten. Deserteure der Wehrmacht hätten die Hitler-Armee geschwächt, damit zur Beendigung des Vernichtungskrieges beigetragen und ihrem Vaterland einen wertvollen Dienst erwiesen – es sei denn, man denke bei "Vaterland" an Nazideutschland.

"Hat die Geschichte weder verstanden noch aus ihr gelernt"
"Wer heute noch die Desertion aus der Wehrmacht mit der Desertion aus dem österreichischen Bundesheer gleichsetzt, hat die Geschichte weder verstanden noch aus ihr gelernt", kritisierte Ellensohn. Und Woller bekräftigte: "Wir beabsichtigen, in Wien dieser Gruppe von Menschen, die sich gegen das NS-Regime gestellt hat, symbolisch gerecht zu werden und ihnen ein Denkmal zu setzen.

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