Prozess in Dubai

Adelsmayr: “Keiner versteht mehr, dass ich weiterkämpfe”

Oberösterreich
26.02.2012 13:29
Vor sieben Monaten ist in Dubai der Mordprozess gegen den oberösterreichischen Intensivmediziner Eugen Adelsmayr eröffnet worden. Bei neun von zehn Verhandlungen war der 52-Jährige in den Emiraten, nur den letzten Termin am 22. Februar hat er ausgelassen und ist in Österreich geblieben - aus familiären Gründen. Verständnis und Unterstützung seiner Familie bröckeln, sagte er in seinem Haus in Bad Ischl. Mittlerweile habe niemand mehr Verständnis dafür, dass er weiterkämpft.

Orientalischer Flair dominiert das Wohnzimmer des Mediziners, an der orange gestrichenen Wand oberhalb einer großen Couch hängt ein Bild seiner mittlerweile verstorbenen Frau. Daneben steht ein großer Korb, der Hund des Mediziners, "Abu", liegt drin und döst vor sich hin.

Trotz der dramatischen Entwicklung der vergangenen beiden Jahre strahlen Adelsmayrs Augen, wenn er über seine vorhergehende Zeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten spricht: "Am beeindrucktesten dort ist, wie Menschen aus den verschiedensten Ländern und Kulturen miteinander arbeiten." Er schätzte auch "die hohe Qualität dieser Arbeit. Ich habe dort wahnsinnig viel gelernt".

"Wir wollten beide den anderen nicht belasten"
Über eine Urlaubsvertretung kam der Mediziner im Jahr 2005 nach "unten", wie er die Emirate nennt. Und blieb schließlich sieben Jahre. Rückblickend und trotz Mordprozesses würde er den Schritt noch einmal wagen. "Das ganze Umfeld mit Familie, Beruf und Karriere hat in der damaligen Situation gepasst. Dass die letzten zwei Jahre so katastrophal waren, macht die Entscheidung vorher nicht unrichtig." Doch: "Das Verfahren hat meiner Familie viel Kummer und Leid bereitet."

Als der Prozess gegen ihn eröffnet wurde, sei dies für die Familie ein schwerer Schlag gewesen. "Es war schrecklich. Ich habe zuvor nicht darüber gesprochen, wollte niemanden aufregen und belasten. Es war bis zu dem Zeitpunkt, als die Medien darüber berichteten, niemandem klar, was genau eigentlich los war." Es war auch erst zu diesem Zeitpunkt, als er erfuhr, dass seine Frau schwer krank war. Auch sie habe ihren Mann nicht mit ihrer Krankheit belasten wollen. "Wir waren uns da beide sehr ähnlich", so Adelsmayr.

"Ausreise ohne Wiederkehr wäre Schuldeingeständnis gewesen"
Ende September 2011 durfte der Mediziner schließlich zum ersten Mal seit zwei Jahren ausreisen, offiziell, damit er sich um seine Frau kümmern konnte. Laut Adelsmayr wurde diese Erlaubnis von Insidern allerdings so interpretiert, "dass es den Verantwortlichen in Dubai am liebsten gewesen wäre, wenn ich nicht mehr zurückgekommen wäre. Dann hätte sich das Problem erledigt, die Fälschung des Gutachtens wäre nie aufgedeckt worden. Meine Ausreise hätte als Schuldeingeständnis interpretiert werden können - Fall geschlossen".

Doch der 52-Jährige wollte sich dem Prozess auch weiterhin stellen. Mehrmals kehrte er zu Gerichtsterminen nach Dubai zurück. Sein Umfeld habe darauf mit Unverständnis reagiert – abgesehen von seiner im Jänner, nach 26 Jahren Ehe, verstorbenen Frau. "Am ehesten hat mich meine schwer kranke Frau unterstützt und gesagt, ich soll das Verfahren zu einem ordentlichen Abschluss bringen. Mittlerweile hat eigentlich niemand mehr - weder in meiner Familie noch im engeren Freundeskreis - Verständnis dafür, dass ich weiterkämpfe." Es herrsche die Tendenz vor, dass es genug sei.

"Es gibt für mich nichts mehr zu beweisen"

Zum bisher letzten Termin erschien er "aus familiären Gründen", wie er sagte, nicht. Ob er zum nächsten Termin am 18. März wieder in die Emirate reisen wird, ist noch offen. Tun könne er vor Ort nichts mehr. "Es gibt für mich nichts mehr zu beweisen. Mittlerweile liegen drei Gutachten vor, die meine Unschuld beweisen - einschließlich des Originalgutachtens der anzeigenden Partei, der 'Dubai Health Authority'. Das zählt für mich am meisten", so der 52-Jährige.

Was beim nächsten Gerichtstermin geschieht, ist völlig offen. Adelsmayr: "Es kann sein, dass der Richter die Beweismittel vom Mitangeklagten würdigen wird. Das würde den Prozess um Monate verzögern. Der Richter kann aber auch nicht auf die Beweise eingehen. Dann könnte am 18. März das Urteil verkündet werden."

"Wohl keine Todesstrafe wegen medialer Aufmerksamkeit"
Bei einer Verurteilung – mit der Todesstrafe rechnet der 52-Jährige aufgrund der medialen Aufmerksamkeit nicht – könnte passieren, dass ein internationaler Haftbefehl herausgegeben wird und er auf der Interpol-Fahndungsliste landet. Doch auch ein Freispruch bedeute keineswegs ein Ende der Prozess-Farce: "Die Staatsanwaltschaft beruft in den Emiraten routinemäßig immer, wenn das von ihr geforderte Strafausmaß nicht angewandt wird. Ich muss also davon ausgehen, dass sich der Prozess dann über weitere zwei oder drei Jahre zieht."

Bis zu einem definitiven Abschluss des Verfahrens machten es ihm allerdings zwei Dinge schwierig, an seine berufliche Zukunft zu denken: "Einerseits die psychische Belastung der Verhandlung. Bevor das Verfahren nicht abgeschlossen ist, habe ich den Kopf nicht richtig frei, um vernünftig in die Zukunft zu blicken. Zum anderen glaube ich, dass mir mein Bekanntheitsgrad beruflich nichts nützt, sondern eher schadet. Ein Krankenhaus muss ruhig funktionieren. Würde ich wo anfangen zu arbeiten, würde mich jeder nach Dubai fragen. Das lenkt ab und bringt Unruhe in einen Betrieb. Und das ist letztendlich von einem Dienstgeber nicht wirklich erwünscht."

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