Vorsprung größer
Ägypten: Islamisten auch nach zweiter Wahlrunde vorne
Auch bei der Listenwahl erhielten die Muslimbrüder mit mehr als vier Millionen (36,3 Prozent) die mit Abstand meisten Stimmen. Die Nur-Partei erhielt 28,8 Prozent. Die liberalen Parteien - die traditionelle Wafd und der Ägyptische Block - schnitten mit 9,6 und 7 Prozent deutlich schwächer ab. Die Wahlbeteiligung lag mit rund 11,2 Millionen Stimmen bei 43 Prozent.
In Ägypten werden die 498 Parlamentsmandate nach einem komplizierten Wahlverfahren mit einer Mischung aus Mehrheits- und Listenwahlrecht vergeben. Zwei Drittel der Parlamentarier werden über Parteien- und Koalitionslisten gewählt, ein Drittel sind Direktkandidaten. Mindestens die Hälfte der Abgeordneten müssen Arbeiter oder Bauern sein.
Schon bei erstem Wahlgang Mehrheit
Schon nach dem ersten Wahlgang zeichnete sich eine deutliche Mehrheit für Muslimbrüder und Salafisten ab. Die genauen Ergebnisse werden aber erst nach dem dritten Wahlgang bekannt gegeben, der am 3. Jänner in den noch ausstehenden Provinzen beginnen soll.
Es sind die ersten freien Wahlen in Ägypten seit dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak im Februar. Das neu gewählte Parlament soll eine 100-köpfige Versammlung ernennen, die eine neue Verfassung für Ägypten ausarbeiten soll.
Militärrat will Urnengang beschleunigen
Der regierende Militärrat kündigte am Sonntag an, einen Plan prüfen zu wollen, nach dem der mehrstufige Urnengang um zwei Wochen beschleunigt werden könnte. Demnach könnten die Wahlen für die zweite Parlamentskammer, den Shura-Rat, schon am 22. Februar enden.
Bisher sind - wie bei den derzeit laufenden Unterhauswahlen - drei Runden geplant, die von 29. Jänner bis 5. März dauern sollen. Nun könnte es nach dem Plan nur zwei Wahlrunden geben. In Protesten war zuvor ein rascherer Übergang zur einer zivilen Regierung gefordert worden.
Prominenter Blogger wieder freigelassen
Indes kam einer der prominentesten Blogger in Ägypten nach fast zweimonatiger Haft auf freien Fuß. Unmittelbar nach seiner Entlassung am Sonntag reiste Alaa Abdel Fattah zum zentralen Tahrir-Platz in Kairo. Dort war es am Wochenende erneut zu Protesten gekommen.
Dem Demokratie-Aktivisten steht aber noch ein Prozess bevor. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, im Zusammenhang mit heftigen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Kopten Anfang Oktober zur Gewalt gegen die Armee aufgerufen zu haben. Fattah hatte dem Militär damals die Schuld an der Eskalation gegeben. Bis zum Prozess darf er das Land nicht verlassen. Ein Termin für die Verhandlung stand zunächst noch nicht fest.
12.000 Verurteilungen seit Mubarak-Sturz?
Bei den religiösen Unruhen im Zentrum Kairos waren am 9. Oktober 26 Menschen, überwiegend Christen, getötet worden. Der Blogger wurde am 30. Oktober festgenommen und zunächst vor ein Militärgericht gestellt. Nach heftigen Protesten von ägyptischen Aktivisten und Menschenrechtsgruppen übergab der regierende Militärrat den Fall Abdel Fattah und 27 weitere Verfahren an zivile Richter. Ägyptische Menschenrechtler schätzen, dass seit dem Sturz von Mubarak im Februar rund 12.000 Zivilisten vor Militärgerichten abgeurteilt wurden.
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