Heikle ORF-Rochade

SP-“Freund” Pelinka leitet künftig das Wrabetz-Büro

Österreich
23.12.2011 15:32
Niko Pelinka, bisher Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat und hauptberuflich Public-Affairs-Beauftragter bei den ÖBB, wechselt mit Jahresbeginn auf den Küniglberg. Er soll dort Büroleiter von Generaldirektor Alexander Wrabetz werden. Rund um diese von oberster SPÖ-Spitze gewünschte Personalie gab es seit Langem Spekulationen, auch am Freitag wirbelte die Rochade einiges an Staub auf - nicht nur außerhalb des ORF.

Pelinkas ORF-Karriere begann im Vorjahr, als der langjährige ORF-Stiftungsrat und Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" Karl Krammer von Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas mit Rückendeckung des Kanzleramts völlig überraschend abserviert und durch den damals 23-jährigen Pelinka ersetzt wurde.

Rund um die Wiederwahl von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz im August, die als Erfolg von Pelinka gewertet wurde, wurde bereits kolportiert, dass die SPÖ-Nachwuchshoffnung in der mit Jänner beginnenden neuen Geschäftsführungsperiode auf Wunsch der SPÖ-Zentrale als eine Art Generalsekretär auf den Küniglberg wechseln soll. Weder Pelinka noch Wrabetz wollten das in den vergangenen Monaten auf wiederholte Journalistenanfragen hin kommentieren.

Einst Pressesprecher von Claudia Schmied
Dass bereits bisher ein Naheverhältnis zwischen Pelinka und dem ORF-Generaldirektor bestand, ließ der 25-Jährige in einer Onlineausgabe des Magazins "Fleisch" durchblicken. Darin wurden zunächst Aussagen zitiert, wonach sich Wrabetz über die Zusammensetzung der Diskussionssendung "Im Zentrum" mit Pelinka abspreche (Infobox). Das brachte dann aber nicht nur den ORF-Redakteursrat, sondern auch Stiftungsräte auf die Palme. Die Passage wurde später von dem Magazin zurückgenommen, Pelinka sah sich falsch wiedergegeben.

Bevor Pelinka zum ORF kam, war er Pressesprecher von Unterrichts-und Kulturministerin Claudia Schmied und zuvor parlamentarischer Mitarbeiter beim heutigen Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (beide SPÖ). An der Donau-Universität Krems absolvierte er außerdem einen berufsbegleitenden Universitätslehrgang mit dem Titel "Politische Kommunikation".

Armin Wolf: "Warum nicht gleich Rudas?"
Schon für ÖVP-Klubobmann und Mediensprecher Karlheinz Kopf stellt die Personalentscheidung "eine beispiellose Unverfrorenheit" dar. Wrabetz raube dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen den letzten Rest an Glaubwürdigkeit. Selbst ORF-Moderator Armin Wolf gab sich am Freitagnachmittag via Twitter schockiert: "Das glaub' ich jetzt nicht! APA meldet eben, Niko Pelinka wird Wrabetz-Büroleiter. Warum nicht gleich Laura Rudas?"

Keine warmen Willkommensworte hat auch der Redakteursrat des ORF für Wrabetz' neuen Büroleiter übrig: Pelinkas Tätigkeit als ORF-Stiftungsrat habe sich durch "das Image des unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks schädigendes Verhalten" ausgezeichnet, dass "ausgerechnet so jemand" Büroleiter des Unternehmenschefs werde, erwecke den Eindruck, "der ORF hängt am Gängelband der Parteien".

Wrabetz verteidigt Entscheidung
Angesichts der massiven Kritik verteidigte Wrabetz Pelinkas Bestellung zu seinem Büroleiter. In einer Stellungnahme betonte er, es handle sich bei der Bestellung um eine "Sachentscheidung, die ich allein getroffen habe, in die ich mir auch von niemandem dreinreden lasse, weder von intern noch extern". Eine parteipolitische Motivation wies Wrabetz indes zurück und bezeichnete Pelinka als "absolut qualifiziert".

Pelinka selbst will seine Kritiker durch sein "Handeln im Interesse eines starken und unabhängigen ORF überzeugen". Als Parteigünstling sieht er sich nicht. "Ich habe einen sehr professionellen Zugang zu meiner Arbeit, unabhängig von persönlichen Einstellungen", so Pelinka. Seinen Job werde er "allein zum Wohl des Unternehmens ausführen".

BZÖ gelassen, Grüne und FPÖ empört
Für das BZÖ ist die Bestellung des 25-Jährigen zum Bürochef "in Ordnung". Mediensprecher Stefan Petzner meinte, die Personalentscheidung des Generaldirektors sei "zur Kenntnis zu nehmen". Man verstehe die Aufregung nicht. Aufregung gab es hingegen bei den Grünen: Für Mediensprecher Dieter Brosz offenbart sich in der Bestellung "eine mächtig schiefe Optik". Auch FPÖ-Mediensprecher Harald Vilimsky empörte sich über den "parteipolitisch vergewaltigten ORF".

Die ÖBB streuten ihrem ehemaligen Mitarbeiter Pelinka zum Abgang Rosen: "Wir bedanken uns für seinen wertvollen Einsatz und wünschen ihm viel Glück." Pelinkas Dienstvertrag werde zum Jahresende beendet, weitere Zahlungen über dieses Datum hinaus gebe es nicht.

Vorgänger bei Wrabetz übernimmt "strategische Planung"
Der ORF gab am Freitag auch weitere personelle Neuerungen bekannt. Pelinkas Vorgänger Kurt Reissnegger soll künftig in der Generaldirektion die Aufgaben "strategische Planung" und "medienübergreifende Programmprojekte" übernehmen. Büroleiterin in Kathrin Zechners Fernsehdirektion wird Angelika Simma, bisher Sendungsverantwortliche für die Sendung "Contra", zweiter Referent wird Johannes Fiala, den Zechner von den Vereinigten Bühnen mit auf den Küniglberg nimmt.

Robert Ziegler, der als schwarzer Betriebsrat an der Wiederwahl von Wrabetz mitwirkte, wird die neu eingerichtete Dienststelle "Koordination Landesstudios" leiten. In der kaufmännischen Direktion übernimmt der bisherige Büroleiter Roland Weissmann die Hauptabteilung "Produktionswirtschaft Fernsehen". Christine Waldmann, bisher ebenfalls im Büro von Direktor Richard Grasl, wird die Hauptabteilung "Facility Management" leiten. Ihre Nachfolge tritt Christine Vesely an.

ORF-Journalisten warnen vor Schaden für Unabhängigkeit
Die Redaktionsvertreter zeigten sich wenig erfreut. Die ORF-Journalisten warnten vor einem Schaden für die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit des ORF. Schlichtweg "unternehmensschädigend" sei, dass nun "etliche ORF-Personalentscheidungen so fallen, wie sie als Wünsche von Parteien seit Längerem kolportiert werden".

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