Vorbild Camembert

Forscher entwickeln aus Pilz und Folien “lebendes Material”

Wissenschaft
22.12.2011 14:48
Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich haben ein "lebendes Material" aus einem Schimmelpilz und zwei Kunststofffolien geschaffen. Ein Camembert-Käse brachte die Wissenschaftler auf die Idee, die in naher Zukunft vielleicht genutzt werden könnte, um Verbundstoffe herzustellen, die Mikroben abtöten oder den Treibhauseffekt mildern.

Das von Forscher um Wendelin Stark und Lukas Gerber entwickelte "lebende Material" ist nach dem Sandwich-Prinzip aufgebaut. Eine Schicht eines Edelschimmelpilzes wird dabei zwischen zwei Kunststofffolien eingeklemmt. Das neue Material ist quasi selbstreinigend und hat das Potenzial, bestimmte Essensreste zum Verschwinden zu bringen.

Möglich macht dies die obere Kunststoffmembran, die porös ist. Ihre winzigen Poren sind groß genug, damit Nährstoffe und Gase zum Pilz und von ihm weg gelangen können, jedoch klein genug, um den Schimmelpilz im Sandwich eingeschlossen zu halten. So kann etwa eine auf das Material aufgebrachte Zuckerlösung durch die winzigen Poren zur Pilzschicht dringen, wo sie verdaut wird.

Abwischfest und langlebig
Weniger als einen halben Millimeter dünn und flexibel ist das Material, das die ETH-Forscher entwickelt haben. Wie eine erste Machbarkeitsstudie gezeigt hat, die die Wissenschaftler in der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins "PNAS" veröffentlicht haben, ist es außerdem abwischfest und langlebig. Von Pilzen ist bekannt, dass sie Sporen bilden und so über eine sehr lange Zeit in einem Wartezustand verharren können, um ihre Aktivität zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen.

Zu ihrer Erfindung inspiriert hat die Wissenschaftler ein Camembert-Käse. Dieser ist von einer Weißschimmel-Schicht umgeben, die nicht nur die Käsereifung beeinflusst, sondern auch das Innere vor Mikroorganismen und Bakterien schützt.

Beschichtete Hochhäuser als grüne Lungen?
Die Forscher denken bereits daran, das Material weiterzuentwickeln: Eine Idee ist es, einen Pilz zwischen die Kunststoffmembranen einzuschließen, der Antibiotika produziert. So entstünde eine antimikrobielle Beschichtung, die zum Beispiel Tische und Böden in Spitälern keimfrei halten könnte.

Eine weitere Möglichkeit wäre, statt der Pilze Algen ins Sandwich zu klemmen. Diese pflanzenartigen Lebewesen bauen das Treibhausgas CO2 ab und produzieren daraus Sauerstoff. Mit Algenfolie beschichtete Hochhäuser würden so zu einer Waffe gegen den Treibhauseffekt werden. Laut den Forschern sind diese Anwendungen aber noch Zukunftsmusik.

Bild: Lukas Gerber/ETH Zürich

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