Die Nummer 1 in Wien

Von der Megakrise zum Winterkönig: Rapid ist anders

Fußball
19.12.2011 10:01
Guter Beginn, angemessener Abschluss, dazwischen die Megakrise: Rapid hat sich am Samstag mit dem 2:1 gegen die Admira nach einer verrückten Herbstsaison zum Winterkönig wie auch zur Nummer eins in Wien gekrönt und damit das realisiert, was vor einigen Wochen noch völlig utopisch schien. Baustellen gibt's trotzdem reichlich. Trainer Peter Schöttel will im Winter einige Spieler loswerden, ist zudem mit seiner Innenverteidigung ebenso wenig glücklich wie mit dem Verhalten einiger Fans.

Schöttel ist ein kluger Mann, ein gewiefter Analytiker. Als er vor dem Auswärtsspiel seiner Truppe gegen den damaligen Tabellenführer Admira gefragt wurde, ob er den Südstädtern zutraue, die ganze Saison über vorne mitzuspielen, sagte er: "Nein, das glaube ich nicht." Irgendwann werde die Euphorie abflauen, werde der Ball nicht mehr nach jedem Zweikampf vor die Beine eines Admira-Stürmers fallen. Er behielt recht, obwohl die Partie selbst noch mit 4:3 an die Admira ging.

Als Rapid mitten in der Saison nicht vom Fleck kam und einen Hundskick nach dem nächsten fabrizierte, prophezeite Schöttel mit dem Brustton geradezu staatstragender Gelassenheit, was damals rund um "St. Hanappi" niemand hören konnte und wollte: "Wir werden unsere Tore machen und unsere Spiele gewinnen." Tatsächlich erfing sich seine Truppe und rackerte sich wieder ins Spitzenfeld.

Und dass gegen Saisonende auch noch die Neuzugänge Thomas Prager, Guido Burgstaller und gegen die Admira sogar Problemfall Deni Alar aufblühten, ließen letztlich auch jene kleinlaut werden, die Schöttel und dem Rapid-Vorstand verfehlte Einkaufspolitik vorgeworfen hatten.

"Ich werde mich nicht entschuldigen"
Wenngleich auch der Rapid-Trainer selbst im Sommer keinen Cent mehr darauf verwettet hätte, dass Rapid auf Platz eins überwintert, so erklärte er nach dem Admira-Spiel: "Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass kein Verein mehr Punkte hat als wir." Für die Spitzenposition reichten lediglich 32 Zähler aus 19 Partien, was Schöttel jedoch nicht als mangelnde Qualität der Liga interpretierte. "Daraus den Schluss zu ziehen, die Bundesliga sei schlecht, wäre falsch. Immerhin haben es drei Klubs in die Gruppenphase der Europa League geschafft."

Schöttel sieht Rapid nicht als Titelfavorit
Trotz der Tabellenführung geht Rapid laut Schöttel nicht als Titelkandidat Nummer eins ins Frühjahr. "Die Favoriten sind sicher nicht wir. Da sind immer noch Salzburg und die Austria in der Pole Position. Wir können nur dann ganz vorne bleiben, wenn wir uns als Mannschaft verbessern und auch das ganze Rundherum besser wird."

Rapid hatte in den vergangenen Monaten nicht nur mit der Integration von einigen neuen Spielern und vielen Verletzungen zu kämpfen, sondern auch mit Anhänger-Problemen. Die organisierte Fan-Szene hat ihren nach den Sanktionen für den Derby-Platzsturm ausgerufenen Stimmungsboykott zwar beendet, die Lautstärke der Anfeuerungsrufe erreichte allerdings nur selten das Niveau der Vor-Saisonen.

Rüge für die Fans
"Wenn wir gut spielen, ist es im Hanappi-Stadion so wie immer. Aber ich wünsche mir für die Spieler, dass sie auch in schlechten Phasen von den Fans getragen werden", sagte Schöttel. "Wir sind von Start weg misstrauisch beobachtet worden. Man hatte fast den Eindruck, es freut sich keiner, wenn wir gewinnen." Die Stimmung zwischen Klubführung und Teilen der Anhängerschaft sei immer noch aufgeheizt, deshalb fehle die "bedingungslose Unterstützung".

Auch Schöttel selbst hat nicht in allen Fan-Kreisen großen Rückhalt. "Die einzige Fahne, die regelmäßig im Stadion zu sehen war, war die von Averell Dalton", sagte der 1,90 Meter große Ex-Verteidiger. Vergleiche mit einer Comicfigur aus "Lucky Luke" gehören zu den unangenehmen Seiten eines Jobs, den Schöttel allerdings als äußerst reizvoll empfindet.

"Die Aufgabe macht Spaß und ist eine riesige Herausforderung. Jetzt freue ich mich einmal auf den Urlaub", meinte der Coach. Viel Zeit zum Ausspannen bleibt jedoch nicht, schließlich will Schöttel bis zum Trainingsauftakt am 5. Jänner den Kader um einige Profis reduzieren und dafür Amateure hochziehen. "Ich miste nicht aus, habe aber Verständnis dafür, wenn jemand weg will", erklärte der Ex-Teamspieler. Bisher deutet jedoch wenig darauf hin, dass zuletzt nicht mehr berücksichtigte Kicker ihre größtenteils hoch dotierten Verträge freiwillig auflösen, um bei einem anderen Klub zu Spielpraxis zu kommen.

Kommt Dibon?
Umgekrempelt könnte die Innenverteidigung werden. Immer wieder kursieren die Namen Thomas Reifeltshammer (Ried) und Christopher Dibon (Admira), die die grün-weiße Hintermannschaft verstärken sollen. Gerade bei Dibon dürfte es sich aber an der Ablösesumme spießen. Die Admira ließ zuletzt mit der Forderung nach einer Million Euro aufhorchen.

Königshofer hat bei Schöttel Bonus
Helge Payer, zuletzt zum Ersatzgoalie degradiert und von Jungstar Lukas Königshofer ersetzt, dürfte den Hütteldorfern bis zum Auslaufen seines Kontraktes im Sommer erhalten bleiben. "Lukas Königshofer hat tadellos gespielt und geht im nächsten Jahr sicher mit einem Bonus in die Vorbereitung", verriet Schöttel, der rückblickend die jeweils zwei Liga-Partien gegen Ried und Salzburg als beste Leistungen unter seiner Führung bezeichnete.

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(Bild: KMM)



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