Mit Krallen fixiert

Raubsaurier fraßen große Beutetiere bei lebendigem Leib

Wissenschaft
16.12.2011 15:16
Der Velociraptor dürfte mit seinen messerscharfen Krallen wohl zu den bekanntesten Raubsauriern gehören. Forscher waren bisher davon ausgegangen, dass er seine langen Krallen zum Kämpfen und Töten einsetzte. Doch eine neue Studie aus den USA legt nun die Vermutung nahe, dass der Räuber sie nur zum Niederhalten seiner Beute benutzte und diese viel lieber lebendig verspeiste.

Denver W. Fowler und seine Kollegen von der Montana State University verglichen die Krallen der Raubsaurier Velociraptor und Deinonychus mit denen heute lebender Raubvögel (weitere Bilder). "Die Ergebnisse sind wirklich bahnbrechend", so Fowler in einer Aussendung der Universität. "Sie verändern unsere Sichtweise auf das Jagdverhalten dieser fleischfressenden Saurier."

Der Velociraptor und der Deinonychus aus der Gruppe der Dromaeosaurier sind eng mit den heutigen Vögeln verwandt. Frühere Studien waren davon ausgegangen, dass die Räuber ihre Opfer sofort mithilfe ihrer Krallen töteten. Doch das Team aus Montana kam zu anderen Ergebnissen. "Die Klauen der heutigen Adler und Falken sind sehr ähnlich derer von Velociraptor und Deinonychus. Die Raubvögel benutzen ihre Krallen, um die Beute festzuhalten, nicht um sie zu töten. Wir sind der Ansicht, dass die Klauen der Raubsaurier dieselbe Funktion hatten", betont Fowler.

Große Beutetiere wurden lebendig gefressen
Allerdings sei das von der Größe des Beutetieres abhängig, wie die Forscher berichteten. Kleinere Beutetiere wurden meistens einfach zerquetscht oder mit dem Schnabel getötet. "Diese Strategie kam vor allem dann zum Tragen, wenn die Beute annähernd gleich groß war wie der Räuber. Dann konnte er sie einfach festhalten und lebendig fressen."

Dieses Verhalten könnte auch erklären, wozu die bis vor rund 70 Millionen Jahren lebenden Raubsaurier ihre verkürzten, flügelähnlichen Vorderbeine nutzten: "Wenn ein moderner Habicht seine Krallen in die Beute geschlagen hat, kann er seine Füße nicht länger nutzen, um sich sicheren Stand zu verschaffen", erklärt Fowler. Daher schlage der Vogel mit den Flügeln, um sein Gleichgewicht zu halten und über der Beute zu bleiben.

Flattern könnte Vorstufe des Fliegens gewesen sein
Ähnlich könnten auch die Raubsaurier ihre Stummelflügel eingesetzt haben. "Wir finden bereits voll ausgebildete Flügel bei Dromaeosaurier-Fossilien, die von ihrer Biomechanik her auch schon flattern konnten", sagt Fowler. Bisher waren sich die Wissenschaftler einig, dass der Velociraptor und seine Verwandten mit ihren gefiederten Vorderbeinen noch nicht fliegen konnten. Fowlers Studie liefert nun erstmals Hinweise darauf, dass die Dinosaurier mit ihren rudimentären Flügeln bereits flatterten, um beim Beutefang das Gleichgewicht zu halten.

Damit eröffnet sich den Wissenschaftlern auch ein neuer Blickwinkel auf die Entwicklung der Vögel, denn dieses Flattern könnte dem echten Fliegen den Weg geebnet haben. "Wir halten daher ein Modell für wahrscheinlich, in dem sich das Flattern zuerst für andere Zwecke entwickelte und dann erst später von den Vögeln für den Flug weiterentwickelt wurde", sagt Fowler. Zudem sei man jetzt der Ansicht, dass die Raubsaurier keine besonders schnellen Läufer gewesen sein dürften und daher eher Lauerjäger waren: Sie hetzten ihre Beute nicht, sondern schlichen sich an, um ihr Opfer zu überraschen und zu packen.

Bilder: Montana State University, Nate Carroll/Denver Fowler

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