Im "Familienbetrieb"

Schlepperring von Salzburger Polizei ausgehoben

Salzburg
16.12.2011 11:24
Der Polizei in Salzburg ist in Zusammenarbeit mit etlichen anderen in- und ausländischen Behörden ein gewaltiger Schlag gegen den Menschenschmuggel gelungen. In mehreren Ländern wurden insgesamt 50 Beteiligte ausgeforscht, die von August bis November 2010 mindestens 300 Menschen von der Türkei nach Europa geschmuggelt haben. In Salzburg flog im Zuge der Polizei-Aktion ein ganzer "Familienbetrieb" auf, der etliche Schleppungen organisiert und finanziell abgewickelt haben dürfte.

"Das ist die absolute Untergrenze, die wir eindeutig nachweisen konnten, wir gehen aber von einer deutlich vierstelligen Zahl aus", erklärte Christian Voggenberger vom Landeskriminalamt Salzburg am Freitag.

Insgesamt wurden in Deutschland, Rumänien, Spanien und Österreich 16 Bandenmitglieder festgenommen und weitere 35 Beteiligte wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Schlepperei und Beteiligung an einer kriminellen Organisation ("Mafia-Paragraf", Anm.) angezeigt. Kopf der Bande war laut Voggenberger der 48-jährige Mehmet D., der bis in die 1990er-Jahre im Raum Salzburg lebte, sich zuletzt illegal in Spanien aufhielt und von dort die Fäden zog.

Pro Schleusung bis zu 9.000 Euro kassiert
In der Türkei war eine fünfköpfige Gruppe zuständig für die Anwerbung von Menschen, die nach Europa gelangen wollten. Das waren hauptsächlich Kurden. Pro Schleusung wurden zwischen 5.000 und 9.000 Euro kassiert. "Am teuersten waren die Sicherheitsschleusungen, bei denen die Menschen mit gefälschten rumänischen Visa nach Rumänien geflogen wurden", so Voggenberger. In Bukarest oder Temesvar wurden sie von den Mitgliedern der rumänischen Zelle übernommen und kurzzeitig in "Bunkerwohnungen" oder billigen Hotels untergebracht, bis die Weiterreise organisiert wurde.

Bei günstiger Gelegenheit wurden die Schleusungswilligen dann von den örtlichen Schleppern in das rumänisch-ungarische Grenzgebiet gebracht, wo sie von den darauf spezialisierten Fußschleppern übernommen und über die "grüne Grenze" nach Ungarn gebracht wurden. In Ungarn standen Abholfahrzeuge für die Weiterschleppung in die bevorzugten Zielländer bereit. Die meisten wurden laut Voggenberger nach Deutschland gebracht, etliche aber auch nach Österreich und Italien.

Ganzer "Familienbetrieb" in Salzburg für Schlepperring tätig
In Oberösterreich sei ein Mann in Haag am Hausruck federführend tätig gewesen, so der Voggenberger. Er war die Verbindungsstelle zwischen den Straßenschleppern und dem Boss in Spanien. Für Organisation und finanzielle Abwicklung in Österreich seien - gleichsam einem Familienbetrieb - die Angehörigen des Banden-Chefs in Salzburg zuständig gewesen: Vater und Mutter, ein Schwager, vier Schwestern und ein Sohn.

Der mutmaßliche Bandenboss Mehmet D. ist schon lange im Schlepperwesen tätig. Er wurde 1994 aus Österreich abgeschoben, seit 1995 besteht gegen ihn ein von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt ausgestellter Haftbefehl wegen Schlepperei. 1997 wurde er wegen Menschenhandels in Rumänien zu zwei Jahren Haft verurteilt, 2001 in Frankreich zu sechs Jahren, von denen er vier absaß. Laut Voggenberger wechselte er im Lauf der Zeit immer wieder die Gruppierungen, derer er sich bediente. Seit 2008 dürfte er mit den nun ausgeforschten Zellen zusammengearbeitet haben. Pro Schleppung landeten zwischen 250 und 400 Euro beim Chef in Spanien.

Strohleute zur Verschleierung von Geldflüssen
Mit Sicherheit nachweisen konnten die Ermittler letztlich 300 Schleppung im Zeitraum August bis November 2010. Für den Zeitraum 2008 bis 2010 konnte der Organisation ein "Umsatz" von einer halben Million Euro nachgewiesen werden, "der tatsächliche Reingewinn dürfte den nachgewiesenen Betrag um ein Vielfaches übersteigen", heißt es seitens der Polizei. Zur Verschleierung der Geldflüsse bediente sich die Organisation einer großen Anzahl von scheinbar unbedenklichen Strohleuten. Damit sollte etwaigen Geldwäsche-Verdachtsmeldungen vorgebeugt werden.

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