Zweite Etappe
Lange Schlangen und Turbulenzen bei Ägypten-Wahl
Arabische Sender zeigten Bilder von langen Menschenschlangen, die sich zur Stimmabgabe anstellten. Die Wahllokale in etlichen Bezirken konnten nicht pünktlich öffnen, nach Angaben staatlicher Medien wegen verwaltungstechnischer Probleme oder weil die Richter, die dort Aufsicht führen sollten, zu spät kamen.
Verstöße gegen Wahlgesetz
Einige Kandidaten beschwerten sich zudem, ihre Konkurrenten aus dem Lager der ehemaligen Partei von Präsident Hosni Mubarak und die Islamisten hätten noch am Morgen für ihre Kandidaten Flugblätter verteilt und Plakate aufgehängt. Dies ist in Ägypten so kurz vor Beginn der Wahl verboten. Der Sicherheitsdirektor der Provinz Suez sagte dem Nachrichtenportal "Al-Ahram", wer dagegen verstoße, müsse mit einer Anzeige rechnen und werde festgenommen.
Bei der Wahlrunde am Mittwoch und Donnerstag sind 18,8 Millionen Wähler in neun Provinzen, u.a. in Giza, Suez und Assuan, aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Sie wählen sowohl Direktkandidaten als auch Parteilisten und sollen 180 von insgesamt 498 Mandaten vergeben. Im ersten Wahlgang in sieben weiteren Provinzen hatte die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit der islamistischen Muslimbruderschaft mit Abstand die meisten Stimmen erhalten, gefolgt von den radikalen Islamisten. Linke und liberale Kandidaten erhielten nur wenige Sitze. Die dritte und letzte Etappe dieser Marathonwahl beginnt am 3. Jänner in den restlichen Provinzen.
Die Wahl wird begleitet von einem Streit über die vom Obersten Militärrat eingesetzte Übergangsregierung, die von einigen Gruppierungen nicht akzeptiert wird. Außerdem sind die Islamisten gegen ein vom Militärrat eingesetztes Beratergremium, das auch Einfluss auf die neue Verfassung haben soll.
Politologe warnt vor Islamisten-Regime
Sollten die Islamisten das Land künftig regieren, sieht der gebürtige Syrer und Politikwissenschaftler Bassam Tibi eine "frostige" Zukunft für Ägypten. Unter Mubarak sei zwar "autoritär" geherrscht worden, allerdings habe sich diese Herrschaftsform nicht in die Privatsphäre eingemischt, solange man das System nicht "gefährdet" habe, gab Tibi bei einem Vortrag in Wien zu bedenken.
Gegensätzlich dazu mische sich ein totalitäres Regime auch in die privaten Angelegenheiten seiner Bürger ein. Beispielsweise könne man für den Verzehr eines Glas Weines in den eigenen vier Wänden bestraft werden, so Tibi. "Die Islamisten wollen die Scharia." Abgesehen davon könne sich der Politikwissenschaftler "Freiheit unter den Muslimbrüdern nicht vorstellen", selbst wenn dies in deren Parteiname stecken würde.
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