Gebühren-Hickhack

Wütende Unis meutern gegen die Bundesregierung

Österreich
06.12.2011 13:00
Die Unis machen ernst: Weil sich die Hochschulen als Opfer der "Blockadepolitik" der Regierung sehen, werden sie für das kommende Semester keine Gebühren einheben. Alle Studenten werden also gratis studieren können. Für das darauffolgende Semester haben die Rektoren der Universitätenkonferenz (uniko) dann eine weitere Überraschung parat.

Für die Neuregelung des aktuellen Studiengebührengesetzes hat die Regierung zwar vom VfGH noch bis zum 29. Februar Zeit bekommen, mit der Einhebung für das Sommersemester müsste aber schon in zwei Wochen begonnen werden, so uniko-Präsident Heinrich Schmidinger. Eine fristgerechte Änderung wäre daher selbst bei einer Einigung der Regierungspartner - die laut Schmidinger mittlerweile "definitiv auszuschließen ist" - nicht mehr möglich. Im Sommersemester werden demnach alle Studenten gratis die Uni besuchen können.

Um die entstehende Finanzlücke zu schließen, forderte Schmidinger die Regierung dazu auf, die Notfallreserve anzutasten, die vom Budget jeder Uni einbehalten wird und die für genau solche "prekäre Situationen" gedacht sei. Sollten die Unis dieses Geld nicht erhalten, würden sie - wie schon jetzt die Technische Uni Wien - eine negative Bilanz schreiben.

Ab dem Wintersemester wollen Unis das Geld selbst eintreiben
Für das Wintersemester 2012 hofft Schmidinger weiterhin auf eine neue Regelung. Sollte diese aber nicht kommen, würde "sicher die Hälfte" der 21 öffentlichen Unis, darunter auch die von Schmidinger geleitete Uni Salzburg, autonom Studiengebühren einheben. Dann trete aber nicht Willkür ein, wie Schmidinger betonte: Die Unis würden die derzeitige Regelung weiterführen, laut der 15 Prozent der Studenten (Nicht-EU-Bürger und Langzeitstudenten) bezahlen.

Unis könnte Klagewelle der Studenten drohen
Schmidinger räumte ein, dass Studenten gegen die Einhebung der Gebühren wegen mangelnder Rechtsgrundlage klagen könnten, sieht das aber pragmatisch: Wenn die Regierung nicht für Rechtssicherheit sorge, müsse eben auf anderem Weg ein Rechtsspruch her. Auf das Gutachten im Auftrag des Wissenschaftsministeriums, wonach die Unis autonom Studiengebühren in beliebiger Höhe einheben können, falls es zu keiner Neuregelung kommt, will sich Schmidinger nicht verlassen. Es handle sich dabei nur um eine Rechtsmeinung, kein Gesetz.

Absurde Situation bei Voranmeldeverfahren
Neben den Studiengebühren sieht Schmidinger auch bei der Neuregelungen zum Voranmeldeverfahren negative Folgen der "Blockadepolitik": Hier sei man in der absurden Situation, dass mangels Einigung in der Regierung das von allen Seiten als "absurd und völlig sinnlos" abqualifizierte Voranmeldeverfahren im Sommersemester noch einmal durchgeführt werden muss - und zwar, obwohl sich Wissenschaftsministerium, Rektoren und Österreichische HochschülerInnenschaft auf eine Neuregelung geeinigt hatten.

VfGH-Urteil vom Sommer machte Misere offensichtlich
Die Studiengebühren-Misere war im Sommer offensichtlich geworden, als der VfGH die bisherige Regelung für ungültig befand. Vor der Wahl 2008 waren die Gebühren für österreichische Staatsbürger und EU-Gleichgestellte in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom Nationalrat (SPÖ, FPÖ und Grüne) abgeschafft worden. Das heißt, nur teilweise: Wer zu lange studiert, sollte weiterhin zahlen, nämlich dann, wenn die "vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um mehr als zwei Semester überschritten wird".

Die für diese Regelung herangezogenen Studienabschnitte waren aber schon damals ein "Auslaufmodell", da es diese nur mehr bei den auslaufenden Diplomstudien gibt. Laut VfGH war damit von vornherein unklar, wie nun die Studienzeit, die für die Befreiung von den Studienbeiträgen maßgeblich ist, zu bestimmen sei.

Töchterle begrüßt Beschluss der Rektoren
Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle begrüßte die Absicht der Unis, ab dem Wintersemester 2012 autonom Studienbeiträge einzuheben. Eine neue gesetzliche Regelung hätte sofort mehr Rechtssicherheit gebracht, "es war dazu aber weder eine inhaltliche Diskussion noch ein Beschluss möglich", kritisierte Töchterle den Koalitionspartner SPÖ. Unterrichtsministerin Claudia Schmied betonte dagegen, "jederzeit startklar" für eine Reparatur der Regelung zur Verfügung zu stehen. Wenn Töchterle aber weiter auf die Einführung von Studiengebühren bestehe, "kommen wir nicht zusammen", so Schmied.

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