"Schwarze Künste"

Neuer Lobbyisten-Skandal erschüttert Großbritannien

Ausland
06.12.2011 07:59
In Großbritannien sorgt ein neuer Lobbyisten-Skandal für Aufregung: Investigativreporter der Zeitung "The Independent" hatten, getarnt als Regierungsvertreter aus Usbekistan, mit einem Angestellten der Kommunikationsfirma Bell Pottinger verhandelt. Dabei prahlte der Mitarbeiter, dass er großen Einfluss auf die britische Regierung nehmen könne. Aber auch "schwarze Künste", um negative Schlagzeilen wegzuzaubern, könne er anbieten.

Die Reporter gaben sich für den Artikel als interessierte Agenten der usbekischen Regierung aus und kontaktierten zehn Londoner Lobbying-Firmen, um über deren Vorzüge informiert zu werden. Das zentralasiatische Usbekistan hat international einen sehr schlechten Ruf, unter anderem auch wegen Kinderarbeit und schweren Menschenrechtsverletzungen. Zwei Unternehmen lehnten jegliche Zusammenarbeit ab, drei weitere reagierten nicht auf die Anfrage. Bell Pottinger hingegen witterte ein gutes Geschäft und vereinbarte - nachdem eine Mindestgage von einer Million britischer Pfund genannt wurde - einen Termin.

Kontakte bis in die Downing Street?
Auch wenn sie den angeblichen Regierungsvertretern so nebenbei nahelegten, dass Reformen die internationale Reputation durchaus steigern könnten, machten sich die Lobbyisten wenig Sorgen um den Ruf ihrer möglichen Klienten. Dabei führten die Mitarbeiter von Bell Pottinger unter anderem auch an, dass sie den britischen Premierminister David Cameron innerhalb von 24 Stunden dazu bringen könnten, in ihrem Sinne zu intervenieren.

Als Beispiel diente dazu einer Unterredung Camerons mit dem chinesischen Premier Wen Jiabao im Juni 2011, der im Rahmen des Gesprächs im Interesse eines Klienten von Bell Pottinger interveniert haben soll. Aber auch Unterstützung durch den Außenminister William Hague oder andere führende Politiker sei jederzeit organisierbar. Cameron selbst bezeichnete diese Behauptungen mittlerweile als "empörend" und "einen Haufen Müll". "Weder Bell Pottinger noch irgendeine andere Lobbying-Firma hat Einfluss auf die Politik der Regierung", sagte ein Sprecher des Politikers.

"Schwarze Künste" für besseres Image
Sollte die politische Einflussnahme nicht reichen, so könnten auch noch "schwarze Künste" im Bereich der Internet-Berichterstattung angewendet werden, meinten schließlich die Bell-Pottinger-Mitarbeiter. Für sie sei es kein Problem, etwa Google-Einträge über Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen aus dem Blickfeld verschwinden zu lassen. Ebenso könnten sie auch mit anderen Einträgen im World Wide Web verfahren.

Eine erfolgreiche Image-Kampagne für Usbekistan würde jedenfalls so um die 100.000 britische Pfund kosten, sei dann aber "sehr effektiv". Das Land könne sich als "aufstrebender Markt" präsentieren, der mit der Zeit auch Änderungen aufnehme.

Ernst Strasser über Lobbyisten-Bericht gestolpert
In Großbritannien hatten verdeckt arbeitende Journalisten zuletzt eine ganze Reihe von Lobbyisten-Skandalen aufgedeckt. Im März ging den Reportern der "Sunday Times" dabei auch der österreichische EU-Parlamentarier Ernst Strasser in die Falle. Der ÖVP-Politiker musste nach der Korruptionsreportage des Blattes zurücktreten (siehe auch Infobox).

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