"Kein Fortschritt"

S&P droht allen Euro-AAA-Ländern mit Herabstufung

Österreich
06.12.2011 09:34
Die Ratingagentur Standard & Poor's hat am Montagabend unter anderem sämtlichen Euro-Staaten, die noch die höchste Bonität "AAA" besitzen, mit einer Herabstufung gedroht. Die Chance für diesen Schritt liege bei 50 Prozent, analysierte die britische "Financial Times". Um ihren Triple-A-Status fürchten nun neben Österreich auch Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Finnland und Luxemburg.

Kurz nachdem Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Montag vor Optimismus strotzend ihren Rettungsplan für Europa präsentiert hatten (Infobox), setzte es von der international anerkannten Ratingagentur mit Sitz in New York also gleich wieder einen Dämpfer.

Agentur gewährt 90 Tage "Galgenfrist"
S&P setzte ihren "Credit Watch" für insgesamt 15 Euro-Staaten am späten Abend offiziell auf "negativ". Die Herabstufung der Bonität könne nun in den nächsten 90 Tagen erfolgen. Basis für die Neubewertung sollen insbesondere die Entscheidungen sein, die die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen diesen Donnerstag und Freitag treffen.

Die Bewertung solle "so rasch wie möglich nach dem Gipfel" abgeschlossen werden, hieß es. "Wir sind der Meinung", wird die Agentur zitiert, "dass der Mangel an Fortschritten, den die europäischen Politiker bisher dabei gemacht haben, eine Ausbreitung der Krise zu verhindern, strukturelle Schwächen im Entscheidungsprozess der Euro-Zone und der Europäischen Union widerspiegeln könnte."

"Schuldenbremse wäre wichtig gewesen"
Für Österreich hält S&P spezifisch fest, dass die im Verfassungsrang verankerte Schuldenbremse als glaubwürdiger Konsolidierungsschritt wichtig gewesen wäre. Vertreter der Agentur werden noch im Dezember zu einer Überprüfung in Österreich erwartet. Dabei will sich die Ratingagentur vor allem die Vorhersagbarkeit des politischen Systems und die Reaktionsfähigkeit auf aktuelle Entwicklungen anschauen.

Die jüngsten Entwicklungen hätten die Kreditkosten für Österreich erhöht, erinnert S&P. Österreichische Banken refinanzierten inländische Anleihen zur Gänze bzw. ihre Töchter in Osteuropa zum Großteil über Einlagen. Das entschärfe die Liquiditätsrisiken. Allerdings sei die Qualität der Anleihen und Kredite vor allem bei den Ost-Töchtern gesunken. Das könne das Risiko erhöhen, dass weitere Kapitalspritzen der Regierung oder vergleichbare Interventionen nötig werden. Das wiederum steigere das Risiko, dass Haftungen schlagend werden.

Faymann: "Regierung handelt entschlossen"
Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger reagierten am Abend in einer gemeinsamen Aussendung: "Österreich und die Mitgliedsstaaten der Euro-Zone haben bereits Maßnahmen gesetzt, um die Haushaltsdefizite und Schuldenstände nachhaltig zu senken. Die Bundesregierung handelt entschlossen und wird sowohl auf europäischer Ebene wie auch in Österreich selbst die entsprechenden Maßnahmen vorbereiten und umsetzen. Ziel der Bundesregierung ist es, die Staatsschuldenquote konsequent abzubauen."

Finanzministerin Maria Fekter machte klar, dass sie "derzeit nicht" mit der Herabstufung rechnet. "Wir haben sehr stabile Fakten", sagte die ÖVPlerin. Auch der Ausblick sei derzeit formal noch nicht negativ: "Die gesamte Euro-Zone ist unter Beobachtung. 'Watch' ist nicht negativ."

Regierung bekniet Opposition wegen Schuldenbremse
Am Dienstag kamen dann weniger beruhigende Töne aus Reihen der Regierung. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder appellierte einmal mehr an die Opposition, dem verfassungsrechtlichen Defizitlimit doch noch zuzustimmen: "Es ist dringend notwendig, die Schuldenbremse in den Verfassungsrang zu schreiben." Der eingeschlagene Weg der Regierung sei jedenfalls richtig.

Auch andere Regierungsmitglieder forderten die Opposition auf, der Schuldenbremse doch noch zur Zweidrittelmehrheit zu verhelfen. "Ich halte es für dramatisch, dass sich die Opposition der staatspolitischen Verantwortung entzieht, und die Herrschaften sollten noch einmal darüber nachdenken", sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Ähnlich Infrastrukturministerin Doris Bures, die FPÖ, Grüne und BZÖ aufforderte, "Staatsverantwortung" zu zeigen.

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