Empörung in Bhutan

Widerstand gegen weltweit strengste Rauchergesetze

Ausland
28.09.2011 13:51
Neben Snacks und Getränken verkauft ein Straßenhändler in Bhutans Hauptstadt Thimpu unter dem Ladentisch heimlich Zigaretten an seine Kunden. Ein hochriskantes Geschäft, denn in Bhutan stehen auf den Verkauf oder Besitz von - üblicherweise - unverzolltem Tabak bis zu fünf Jahre Haft - das kleine Himalaya-Königreich hat seit der drastischen Verschärfung der Anti-Raucher-Gesetzgebung im Jahr 2010 die strengsten Rauchergesetze der Welt. Doch jetzt regt sich Widerstand.

Leise fragen zwei junge Männer den Straßenhändler nach einem Zehnerpäckchen. Sobald dieser die Schmuggelware überreicht, stopfen sie sie hastig in die Tasche. "Man findet überall Zigaretten, aber es ist gefährlich", sagt einer der Käufer, als er davoneilt. "Der Händler könnte ins Gefängnis kommen."

Schon vor Einführung der neuen Gesetze waren der Handel und der Verkauf von Tabak in dem mehrheitlich buddhistischen Land verboten, ebenso wie das Rauchen auf öffentlichen Plätzen. Die neuen Bestimmungen richten sich nun vor allem gegen den Schmuggel, Verstöße werden drastisch geahndet. Zum privaten Gebrauch dürfen 200 Gramm Tabak und 200 Zigaretten pro Monat legal importiert werden - allerdings gegen eine Zollgebühr von bis zu 200 Prozent. Der Nachweis des Zolls muss zudem aufbewahrt werden.

Drei Jahre Haft für 480 Gramm unverzollten Kautabak
Im März musste ein 23-jähriger Mönch als erstes Opfer der neuen Anti-Raucher-Gesetzgebung für drei Jahre in Haft, nachdem er mit 480 Gramm unverzolltem Kautabak im Wert von umgerechnet 1,84 Euro erwischt worden war. Der bereits im Jänner festgenommene Sonam Tshering zeigte sich in einem Gespräch mit der bhutanischen Tageszeitung "Kuensel" erschüttert: "Ich habe es nicht einmal versteckt", sagte er und beteuerte, das Gesetz nicht gekannt zu haben. Er sei zwar einverstanden damit, bestraft zu werden, "aber die Strafe hätte milder ausfallen können".

Nach einer Untersuchung internationaler Anti-Tabak-Organisationen aus dem Jahr 2009 hatte Bhutan schon damals nur 2,8 Prozent Raucher. Trotzdem nahmen die Behörden im alleine heurigen Jahr bereits mehr als 50 Menschen fest, darunter einen 81-jährigen Greis und einen 16-jährigen Jungen. "Wir machen das für die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Leute", erklärt Kinley Dorji, der Leiter der Rauschgiftkontrollbehörde des abgeschiedenen Königreichs. "Weltweit haben die Menschen Gewohnheiten und Süchte, und manchmal können sie diese nicht so einfach aufgeben."

Proteste auf Facebook, Regierungschef will einlenken
Doch dass Kleinverbraucher im Gefängnis landen, darunter auch einige, die offensichtlich die Gesetzeslage nicht kennen, löste Empörung aus und sorgte für Proteste in Bhutans konstitutioneller Monarchie, die erst 2008 die absolute Monarchie abgelöst hatte. Das politische System Bhutans entspricht seit den Wahlen zum Oberhaus 2007 und Unterhaus 2008 erstmals westlichen Vorstellungen einer Demokratie.

"Die Absicht hinter den Regeln ist zweifellos gut, Tabak tötet Menschen", sagt etwa Tashi Gyeltshen, der die Proteste auf Facebook anführt. Aber Raucher gebe es schon seit Jahrhunderten, meint der 39-Jährige. "Sie können nicht einfach über Nacht aufhören. Alle denken, dass die Gefängnisstrafe ein Fehler ist."

Aufgrund der öffentlichen Empörung kündigte Regierungschef Jigmi Thinley nun an, das Gesetz nochmals zu überprüfen. "Ich denke, es ist nicht ausgewogen", die Strafen seien "exzessiv" und müssten überdacht werden, sagte der Premier vorige Woche im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Und inzwischen haben sich nach einem Bericht der Zeitung "Bhutan Today" sogar schon Bauunternehmer bei der Regierung beschwert: Ihre indischen Arbeiter hätten das Land verlassen, da sie ohne Tabak nicht leben könnten.

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