Geschäft lief 'zu gut'

2,7 Mio. abgezweigt – vier Jahre für Ex-Nespresso-Boss

Wien
28.09.2011 15:08
Zu vier Jahren unbedingter Haft ist ein langjähriger Geschäftsführer von Nespresso Österreich am Dienstag im Wiener Straflandesgericht wegen Untreue verurteilt worden. Der einst erfolgreiche Manager hatte zugegeben, zwischen 2004 und 2008 insgesamt 2,7 Millionen Euro aus dem Unternehmen für private Zwecke abgezweigt zu haben. Am Mittwoch wurde auch seine Frau verurteilt - wegen Beteiligung an den Untreue-Handlungen. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Der Angeklagte hatte von "ungerechtfertigt verdientem Geld" gesprochen, das er sich deshalb zugeeignet habe, "weil ich wusste, dass man in vergleichbaren Branchen in vergleichbaren Positionen doch ein wenig mehr verdient". Der Ex-Geschäftsführer, der 1996 bei Nespresso als kleiner Vertreter begonnen und sich zum Österreich-Chef emporgearbeitet hatte, stand eines Tages vor einem "Luxus-Problem": Die Umsätze explodierten derart, dass sie mit den Budget-Richtlinien des Nestle-Konzerns nicht mehr in Einklang zu bringen waren. Aus steuerlichen Gründen sei es Nestle-Töchtern wie Nespresso "verboten" gewesen, jährlich mehr als fünf Prozent Gewinn auszuweisen, behauptete der Angeklagte.

"Es hat keiner mehr gewusst, wohin mit der Kohle"
Daher habe ihm ein Vorgesetzter empfohlen, das überschüssige Geld zu parken: "Es hat keiner mehr gewusst, wohin mit der Kohle. Wir haben zum Beispiel so viel Fernseh-Werbung bezahlt, dass der ORF das alles gar nicht mehr senden konnte." Schließlich sei ihm eine Idee gekommen, "wie ich die Problematik selbst richten und das Geld hin und her jonglieren kann": Unter dem Namen seiner Ehefrau, einer ehemaligen Nespresso-Angestellten, gründete er zum Schein eine PR-Agentur, über die unter Zwischenschaltung einer weiteren Firma am Papier Geschäfte mit dem Kaffee-Portionierer abgewickelt wurden.

Die vorgeblichen Event-Veranstaltungen, Vorführungen, Promotoren-Schulungen und Gewinnspiele fanden großteils gar nicht statt. In jedem Fall versah der Angeklagte seinem Geständnis zufolge die Rechnungen mit ungerechtfertigten Aufschlägen und schanzte der Firma seiner Frau, die erst 2007 von den Manipulationen erfahren haben will und nun mit ihm die Anklagebank zu teilen hatte, generöse Erfolgsboni zu. "Mein Fehler war, dass ich gemerkt habe, wie einfach es ist, etwas für mich dazuzuschlagen. Das habe ich gemacht. Dazu muss ich heute stehen. Ich habe etwas draufgeschlagen und selbst eingesteckt. Meine Frau war so freundlich, das, was ich gemacht habe, zu decken", erläuterte der Angeklagte.

"Die Verlockung war einfach zu groß"
Richterin Helene Gnida wunderte sich, weshalb man bei einem Monatsgehalt von 7.500 Euro netto "den Hals nicht voll kriegen konnte", wie sie sich ausdrückte. Geschäftsführer von großen Elektronik-Ketten hätten teilweise das Doppelte oder gar Dreifache verdient, erwiderte der Angeklagte. Da habe er einen "Grant" bekommen, gestand er. Immerhin habe sein Mandant "teilweise 24 Stunden gearbeitet", zeigte Verteidiger Herbert Eichenseder dafür Verständnis. "Die Verlockung war einfach zu groß. Irgendwann hab ich halt das Maß und Ziel verloren", bilanzierte der Ex-Nespresso-Chef, dessen Machenschaften im Frühjahr 2008 im Zuge einer Revision aufgeflogen waren.

Die erschlichenen 2,7 Millionen Euro seien zur Gänze verbraucht worden, behauptete der Angeklagte. "Es wurde alles ausgegeben. Wir haben durchaus gelebt", verwies er auf kostspielige Reisen nach Südafrika und Kenia, seine Vorliebe für Oldtimer, aufwendige Geschenke an Geschäftspartner und das eine oder andere teuer erstandene Pferd. Ein Gestüt besitze er aber nicht, korrigierte er eine entsprechende Angabe der Richterin: "Das ist nur ein Bauernhof mit ein paar Pferden drauf."

Ehefrau fasst ebenfalls Haftstrafe aus
Am Mittwoch wurde die Ehefrau wegen Beteiligung an den Untreue-Handlungen ihres Mannes schuldig gesprochen und zu drei Jahren Haft verurteilt – ein Jahr wurde unbedingt ausgesprochen, den Rest sah der Schöffensenat der 36-Jährigen unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nach. Das Gericht ging davon aus, dass die Frau zumindest einen Schaden von 600.000 Euro mitverursacht hatte. Die 36-Jährige nahm – ebenso wie ihr Mann – die Strafe an. Staatsanwalt Herbert Harammer erbat allerdings Bedenkzeit, beide Urteile sind daher nicht rechtskräftig.

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