Chaos auf Lampedusa
Abschiebung von 1.300 Tunesiern binnen 48 Stunden
Aufgrund eines heuer zwischen Italien und Tunesien abgeschlossenen Abkommens werden tunesische Migranten umgehend in ihre Heimat abgeschoben, was heftige Proteste unter den Tunesiern ausgelöst hatte. Die Lage eskalierte schließlich am Dienstag nach einem Brand im einzigen Auffanglager Lampedusas, in dem rund 1.300 Menschen untergebracht waren.
Gewaltsame Auseinandersetzungen
Rettungsmannschaften mussten mehrere Stunden lang arbeiten, um die Flammen unter Kontrolle zu bringen. Rund 800 Tunesier nutzten die chaotischen Zustände aus, um aus dem Lager zu flüchten. Etwa 400 von ihnen wurden unweit des Hafens festgenommen. Ein Großteil des Auffanglagers wurde von den Flammen zerstört.
Hunderte tunesische Migranten protestierten dann am Mittwoch erneut gegen ihre bevorstehende Abschiebung. Eine Gruppe stahl aus einem Restaurant einige Gasflaschen und drohte, sich in die Luft zu sprengen. Daraufhin griff die Polizei ein, es kam zu Auseinandersetzungen, bei denen rund zehn Menschen verletzt wurden.
Inselbewohner bewarfen Migranten mit Steinen
Einige aufgebrachte Einwohner der Insel bewarfen ihrerseits die tunesischen Migranten mit Steinen und griffen ein TV-Team der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt RAI an. "Wir sind wie im Krieg, der Staat hat uns ganz alleingelassen und die Bürger wollen sich selbst verteidigen", warnte Lampedusas Bürgermeister Dino De Rubeis, der sich in seinem Büro verschanzen musste, während vor dem Rathaus Dutzende Inselbewohner demonstrierten.
Luftbrücke zwischen Lampedusa und Sizilien
Italien macht nun ernst und will alle 1.300 tunesische Migranten bis Freitagabend von der Insel bringen. Die ersten 200 Tunesier wurden noch am Mittwoch mit Flugzeugen der italienischen Luftwaffe nach Sizilien geflogen. Am Donnerstag wurden bereits weitere 300 Migranten ausgeflogen.
Die nahe Sizilien gelegene Insel Lampedusa ist der südlichste Ort Italiens, weshalb dort immer wieder Bootsflüchtlinge aus Afrika eintreffen, die in die EU gelangen wollen. Allein in diesem Jahr schafften mehr als 48.000 Menschen die Fahrt über das Mittelmeer nach Süditalien. Schätzungen zufolge werden rund 2.000 weitere Menschen vermisst, die in diesem Jahr ebenfalls auf dem Seeweg von Afrika nach Europa gelangen wollten.
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