Banken und Juden

Maria Fekter nach Nazi-Vergleich unter Beschuss

Österreich
17.09.2011 14:33
Hohe Wellen schlägt eine Aussage von Finanzministerin Maria Fekter zur Euro-Krise, in der sie die Bankenkritik mit der Judenverfolgung verglichen hat. Heftige Kritik daran übten am Samstag unter anderem Kanzler Werner Faymann, der eine "besondere Sorgfalt in der Wahl der Worte" einmahnte, und Grünen-Chefin Eva Glawischnig ("Total entsetzt").

Beim Treffen der Euro-Gruppe im polnischen Breslau (siehe Infobox) hatte Fekter ihre Sorge vor verstärkten Nationalismen in Zusammenhang mit den Diskussionen um die Euro-Rettung zum Ausdruck gebracht und erklärt: "Außerdem bauen wir gerade enorme Feindbilder in Europa gegen die Banken und die Reichen, die Vermögenden auf. So was hatten wir schon einmal, damals verbrämt gegen die Juden, aber damals waren ähnliche Gruppierungen gemeint. Zwei Mal hat dies in einem Krieg geendet." Jedenfalls "müssen wir uns wirklich alle anstrengen, damit so ein Szenario mit Sicherheit nicht kommt".

Faymann fordert "Vorbildfunktion"
Kanzler Faymann sagte am Samstag, dass Österreich aufgrund der Erinnerung an die Gräueltaten des Nationalsozialismus und der damit einhergehenden historischen Belastung eine besondere Verantwortung habe, mit Äußerungen zu dieser Zeit angemessen umzugehen. "Vor allem Regierungsmitglieder sind aufgrund ihrer Vorbildfunktion gefordert, sich hier sensibel zu verhalten. Das ist in der Wahl der Worte immer zu berücksichtigen, auch in der Hitze politischer Emotionen muss diese Wortwahl entsprechend gemäßigt sein", so Faymann.

Darabos hätte Fekter-Aussage "nicht erwartet"
Verteidigungsminister Norbert Darabos hätte eine derartige Aussage "von einem Spitzenrepräsentanten einer christlich-sozialen Partei und einem Mitglied der österreichischen Bundesregierung nicht erwartet. Dieser Vergleich ist ein Hohn für die Überlebenden der Nazi-Gräuel und Angehörigen von Millionen von NS-Opfern". Darabos forderte Fekter auf, ihre Wortwahl zu überdenken und diesen Vergleich zurückzunehmen.

SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas rief die Finanzministerin dazu auf, sich ihrer Verantwortung, ihrer Vorbildwirkung als Regierungsmitglied bewusst zu sein und sich für ihre Aussagen zu entschuldigen. Auch für Rudas' Kollegen Günther Kräuter ist der Fekter-Vergleich "eine absolut inakzeptable Entgleisung, das muss umgehend zurückgenommen werden".

Glawischnig: "Klarstellung und Entschuldigung"
"Total entsetzt" über die Aussagen Fekters zeigte sich Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Wenn Fekter ernsthaft der Meinung sei, dass ein Eintreten für eine sozial gerechte Besteuerung der Reichen gleichzusetzen ist mit der Judenverfolgung, "dann ist sie sicher nicht mehr geeignet, ihr Amt als Finanzministerin auszuüben. Das Mindeste ist eine sofortige Klarstellung und Entschuldigung bei den Opfern des Nationalsozialismus".

Glawischnig warf Fekter vor, das klassische antisemitische Stereotyp vom "reichen Juden" zu verwenden und sich des antisemitischen Klischees vom reichen Weltjudentum zu bedienen. Tatsache sei, dass alle Juden wegen ihrer jüdischen Herkunft, egal ob arm oder reich, von den Nazis verfolgt und vernichtet wurden. "Das zeugt entweder von einer historischen Unwissenheit, die einer Finanzministerin unwürdig ist, oder einer bewussten Instrumentalisierung des dunkelsten Kapitels der österreichischen Geschichte, um die Reichen vor gerechter Besteuerung zu schützen", so Glawischnig.

Caritas-Chef: "Schockierend und inakzeptabel"
Der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau bezeichnete Fekters Aussage als "schockierend und völlig inakzeptabel". Der Vergleich der Bankenkritik mit der Judenverfolgung sei "auf das schärfste zurückzuweisen". Für Landau hat die Finanzministerin damit "auf übelste Weise antisemitische Stereotype bedient". Für die Kirche sei klar, dass Christentum und Antisemitismus völlig unvereinbar seien.

Landau fordert nun eine Klarstellung durch die Bundesregierung, dass sie mit diesen Aussagen in keiner Weise konform gehe. Er sieht darin ein Zeichen für die "Planlosigkeit und Nervosität der Bundesregierung" nach den diversen Korruptionsvorwürfen. Der Caritas-Direktor fordert die Bundesregierung auf, zur Sacharbeit zurückzukehren und nicht durch "verbale Eskalation" von den Affären abzulenken.

Für SOS Mitmensch handelt es sich um einen "geschmack- und geschichtslosen Vergleich", mit dem Fekter nicht nur sich, sondern der österreichischen Politik als Ganzes schade. "Der von Fekter angestellte Vergleich kommt einer Herabwürdigung der Opfer nationalsozialistischer Hetze und Verfolgung und einer Verharmlosung von Antisemitismus gleich", kritisiert Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.

Fekter verteidigt ihre Aussage
Maria Fekter selbst hat sich am Samstagnachmittag gegen die massive Kritik an ihrer Aussage verteidigt. "Ich weise den Vorwurf einer möglichen Verharmlosung der Judenverfolgung entschieden zurück", so die Finanzministerin in einer Aussendung. Sie habe nur ihre Sorge über "hetzerische Entwicklungen" zum Ausdruck gebracht.

Der polnische Finanzminister habe die Sorge ausgesprochen, dass im Zuge der Euro-Krise und einem möglichen Auseinanderbrechen der Währungsunion ein Krieg nicht ausgeschlossen sei. Und sie selbst habe in diesem Zusammenhang ihre Sorge über die hetzerischen Entwicklungen in Europa und den immer stärker aufkeimenden Nationalismen zum Ausdruck gebracht, erklärte Fekter. "Ich lehne Feindbilder gegen einzelne Bevölkerungsgruppen - sowohl von rechts, als auch von links - mit jeder Faser meines Herzens ab, denn sie gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Frieden", betonte die Finanzministerin.

Rausch: "Manöver der SPÖ"
Auch ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch verteidigte Fekter und bezeichnete die Kritik vonseiten der SPÖ als "Manöver", um die Ministerin ins rechte Eck zu rücken. Dies sei "so durchsichtig, dass es beschämend ist". Fekter habe "umgehend und klar reagiert und sich in aller Deutlichkeit von möglichen Missinterpretationen ihrer Aussagen distanziert". Rauch weist daher "in aller Schärfe" die "letztklassigen Versuche der SPÖ zurück, nun aufs Billigste Populismus zu betreiben".

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