Geld abgezweigt?

Staatsanwalt will Hans-Peter Martins Konten öffnen

Österreich
08.09.2011 16:55
Die Staatsanwaltschaft will im Zuge von Ermittlungen gegen den Europaabgeordneten Hans-Peter Martin Hausdurchsuchungen und Kontoöffnungen durchführen. Dies geht aus der Empfehlung des Rechtsausschusses zur Aufhebung der Immunität von Martin hervor, über den das EU-Parlament am Dienstag in Straßburg abstimmen soll. Die Aufhebung der Immunität gilt als sicher.

Im Juli hatte sich der Rechtsausschuss einstimmig für die Maßnahme ausgesprochen. Auch Martin, der die Betrugsvorwürfe als "haltlos" zurückweist, kündigte an, dafür stimmen zu wollen.

Ins Rollen gebracht hatte die Causa der mittlerweile von Martin in Unfrieden geschiedene Kollege Martin Ehrenhauser. Der ehemalige Büroleiter Martins hatte seinen Ex-Chef wegen Verdachts auf "schweren Betrug", "Untreue" und "Förderungsmissbrauch" bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Ehrenhauser wirft Martin vor, aus der Wahlkampfkostenrückerstattung "eine Million Euro Steuergeld abgezweigt" zu haben. Martin bestreitet diese Vorwürfe. Er warf im Gegenzug Ehrenhauser vor, Daten aus seinem Computer entwendet zu haben.

Aufgeblasene Rechnungen an Freunde?
Die Staatsanwaltschaft begründet ihren Antrag auf Aufhebung der Immunität in einem Schreiben an EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek mit einem "starken Verdacht", dass Martin staatliche Mittel nicht zweckmäßig verwendet habe, um private Ausgaben abzudecken und "aufgeblasene Rechnungen" an Freunde und Geschäftspartner auszustellen. Konkret erwähnt sind Architekten-Honorare in Höhe von 29.750 Euro "in Hinblick auf ein ausschließlich privates Projekt". Darüber hinaus erwähnt sind die Vermietung seiner 127 Quadratmeter Eigentumswohnung an die "Liste Martin" im Jahr 2009 für 120.872,64 Euro und die Verbuchung der Kosten als Büroausgaben.

Im Visier der Staatsanwaltschaft ist weiters die Zahlung einer Rechnung in Höhe von 51.182,86 Euro, die von Martins Ehefrau an die Firma Global Information GmbH eingereicht worden sei, deren einziger Partner und Direktor der Beschuldigte sei. Nach Angaben des Beschwerdeführers seien die in Rechnung gestellten Dienste nie erfolgt. Weiters beanstandet werden von der Staatsanwaltschaft Zahlungen von "unwahrscheinlich hohen Ausgaben" in Höhe von gesamt 832.800 Euro in Hinblick auf "Public-Relations-Arbeit" über die Firma Support and Solutions an Geschäftsleute, die Freunde von Martin seien, "obwohl keine entsprechenden Dienstleistungen bereitgestellt wurden".

Befreundeter Fotograf erhielt allein 120.240 Euro
Außerdem geht es laut dem Schreiben um "hohe Summen", die an einen mit Martin befreundeten Fotografen (120.240 Euro) und an einen parlamentarischen Assistenten (108.000 Euro) für Public Relations bezahlt worden seien. Erwähnt sind in dem Brief auch die Rechnungen für Martins Anwalt für Dienste, die bis Ende 2009 nicht erbracht worden seien.

"Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beabsichtigt die Staatsanwaltschaft Wien die Anordnung der Durchsuchung von Orten und Gegenständen, insbesondere der durch die Mitarbeiter der 'Liste Martin' genutzen Räumlichkeiten, des Weiteren die Anordnung von Auskünften über Bankkonten und Bankgeschäfte sowohl in Österreich als auch in Deutschland", heißt es in dem Bericht des Rechtsausschusses. Die Staatsanwaltschaft Wien beabsichtige, gegen Martin ein Strafverfahren wegen des Verdachts der widmungswidrigen Verwendung von Parteienförderungsmitteln für privat veranlasste Ausgaben und Zahlung überhöhter Rechnungsbeträge an befreundete beziehungsweise ihm wirtschaftlich nahestehende Personen einzuleiten. Die Anschuldigungen erstreckten sich auf die Europawahlkampagne zwischen 2008 und 2009. Darüber hinaus werde Martin vorgeworfen, er habe Wirtschaftsprüfer durch "Scheinbelege" getäuscht.

Martin: "Unterlagen wurden illegal entwendet"
Martin beharrte während der Anhörung vor dem Rechtsausschuss laut dem Bericht darauf, seine Unterlagen seien illegal aus den Räumlichkeiten des Europaparlaments entwendet und E-Mails mitgelesen worden, worüber er sich bei Buzek beschwert habe.

Die Staatsanwaltschaft Wien wollte auf Anfrage am Donnerstag keinen Kommentar zu der Causa abgeben und verwies darauf, dass die Immunität Martins noch nicht aufgehoben sei.

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