Essenz der Wahrheit

“The Conspirator”: Robert Redfords neuester Streich

Kino
28.09.2011 16:26
Es ist alles eine Frage der Perspektive. Im Leben. Im Film. Und in der Zeitgeschichte sowieso. Robert Redford, Schauspieler, Oscar-Preisträger, Autor, Filmemacher, Begründer des amerikanischen Sundance Filmfestivals, hat wieder einmal die Seiten gewechselt - und es vorgezogen, hinter der Kamera zu stehen. Seine neueste Regiearbeit "The Conspirator – Die Lincoln Verschwörung" rollt einen hochspannenden historischen Gerichtskrimi rund um eine der mysteriösesten Frauen Amerikas auf.

Er, der smarte Hollywood-Beau, der Frauenschwarm, der Charismatiker, den stets der Sexappeal der Intelligenz adelte und der mit Produktionen wie "Barfuß im Park", "Der große Gatsby", "Jenseits von Afrika", "Ein unmoralisches Angebot", "Der Pferdeflüsterer" Filmgeschichte schrieb, hat die Faszination der Regiearbeit schon seit geraumer Zeit für sich entdeckt, weil, so Redford, "Regie ein Instrument der Wahrhaftigkeit ist!" Hervorstechend etwa seine Filme "Eine ganz normale Familie", "Aus der Mitte entspringt ein Fluss", "Quiz-Show – Der Skandal" oder "Von Löwen und Lämmern".

Um Wahrhaftigkeit und die Essenz der Wahrheit geht es auch in seinem neuesten Werk "The Conspirator – Die Lincoln Verschwörung", in dem er das tödliche Attentat auf den gleichnamigen US-Präsidenten fokussiert – und die damit in Gang gesetzte Polit- und Justiz-Hatz auf die ominösen Mittäter dieses Aktes der Gewalt. Dass sich in den Reihen der bald in die Enge getriebenen Verschwörer eine Frau und Witwe befand, eine bis dato unbescholtene Pensionsbetreiberin namens Mary Surratt, ist historisch bekannt. Nicht aber die Beweggründe dieser von stoischer Demut ummantelten Katholikin und Südstaatlerin, die zur zentralen Figur in einem packenden Gerichtsdrama wird, das raffiniert um Emotion, Verdacht und die drohende Todesstrafe kreist – und um die unkalkulierbare Courage einer Mutter, ist doch Marys Sohn der einzige Flüchtige. 

Ein illustres Staraufgebot, bereit für die Redford'sche Wahrheitsfindung zwischen verfassungswidrigen Umständen, Regierungsdespotismus und politischer Willkür, angeführt von Robin Wright als Mary Surratt und James McAvoy ("Der letzte König von Schottland", "Abbitte", "Ein russischer Sommer" u. a.) als deren Verteidiger und junger Anwalt vor einem sinistren Militärtribunal, komplettiert u. a. von Schauspielergrößen wie Tom Wilkinson, Kevin Kline oder Evan Rachel Wood. 

"Gewaltlosigkeit ist der Weg derer, die wach geworden sind!"
Loyalität ist wie eine Rüstung, die unangreifbar macht. Wie sich Robert Redford dieser rätselhaften Frauenfigur nähert, ist Thriller und großes Gefühlskino zugleich. Und in keinem Moment wirkt sein Film "The Conspirator" museal. Historische Akkuratesse, wie das Ausleuchten der Sets mit Petroleum- oder Gaslampen, war doch 1865 die Elektrizität noch nicht erfunden, adeln den Streifen, der in malzfarbene Sepiatöne getaucht ist. Robert Redford hat einen wachen Blick, und der Strahlenkranz gegerbter Augenfältchen zeigt, dass er ihn rigoros nutzt: "In der Vergangenheit finden sich großartige Geschichten, die oft einen Bezug zur Gegenwart haben. Überlieferungen laden immer ein, Fragen zu stellen."

Was hat Robert Redfords politisches Bewusstsein geformt? Redford: "Eine Reise ins Europa der Nachkriegszeit in jungen Jahren. Monatelang bin ich durch Frankreich, Deutschland und Italien getrampt, wo ich Kunst studieren, Maler werden wollte. Eine sehr romantische Vorstellung, ich weiß. Ich war 18, kam aus dem kalifornischen Santa Monica – und fand mich in einem schwer versehrten Europa wieder. Diese Reise hat mich auch so weitergebracht, war eine Art Studium generalis des Lebens. Ich habe gelernt, was es heißt, sich zu engagieren. Überall traf ich Studenten, die eine echte politische Streitkultur besaßen. Um in Bars und Cafés mitdiskutieren zu können, habe ich täglich Zeitungen gekauft."  

Sie sind bis heute eine Ikone des liberalen Amerika. Redford: "Ikone? Bin ich keine. Nur ein Mensch, der eine gewisse Kreativität immer wieder aufs Neue ausprobiert. Und ich lege bei meinen filmischen Arbeiten meine Finger ganz gern in nationale Wunden. Ich bin mittlerweile von aller Geschichtsphilosophie abgerückt. Ich glaube aber nach wie vor an den Menschen, das heißt daran, dass er ebenso des Guten wie des Schlimmen fähig ist. Und Gewaltlosigkeit ist der einzige Weg derer, die wach geworden sind." Was ist der Vorteil des Älterwerdens? Redford: "Sagen Sie ruhig des Altwerdens. Vielleicht dass es so vieles gibt, worauf man zurückblicken kann. Das macht einen reich."

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