Afghanistan-Einsatz

Bericht: Deutsche drängten USA Hilfe förmlich auf

Ausland
05.09.2011 07:45
Die deutsche Beteiligung am Krieg in Afghanistan nach den Anschlägen vom 11. September 2001 soll zu keinem Zeitpunkt zwingend gewesen sein. Die damalige rot-grüne Bundesregierung von Kanzler Gerhard Schröder habe den USA unter Präsident George W. Bush militärische Hilfe vielmehr aufgedrängt, berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf ausführliche Recherchen.

Der damalige deutsche EU-Botschafter habe am Tag nach den Anschlägen den damaligen US-Außenminister Colin Powell mit den Worten zitiert, die USA brauchten "keine konkrete Hilfe", heißt es im "Spiegel". Deutschland habe seine militärische Hilfe demnach förmlich aufgedrängt.

"Unerfüllbare Erwartungen geweckt"
Mehrere der damals verantwortlich Handelnden zweifeln inzwischen den Sinn des Einsatzes am Hindukusch massiv an. Schröders damaliger Sicherheitsberater Michael Steiner, heute Afghanistan-Beauftragter der Bundesregierung, sagte dem Blatt: "Wir hatten uns mit einer fast schon arroganten Unbescheidenheit, mit unangemessenen Mitteln unrealistische Ziele gesetzt und unerfüllbare Erwartungen geweckt." Der damalige Innenminister Otto Schily sagte, "meine Skepsis, was Afghanistan angeht, ist sehr gewachsen".

Bei den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington waren vor zehn Jahren in den USA fast 3.000 Menschen getötet worden. Kaum einen Monat später marschierten die USA in Afghanistan ein und stürzten mit einheimischen Verbündeten die Taliban-Regierung, die Al-Kaida Unterschlupf gewährt hatte. Der Drahtzieher der Anschläge, Osama bin Laden, wurde nach jahrelanger vergeblicher Jagd erst im Mai 2011 von einem US-Sonderkommando in Pakistan getötet.

Merkel: "Der Terrorismus ist nicht besiegt"
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte am Samstag einmal mehr die Notwendigkeit einer Fortsetzung des Kampfes gegen den Terrorismus. Der Chef des Terrornetzwerks Al-Kaida, Osama bin Laden, sei inzwischen tot, "und dennoch ist der Terrorismus nicht besiegt", sagte Merkel anlässlich des bevorstehenden zehnten Jahrestags der Anschläge vom 11. September in ihrer wöchentlichen Video-Ansprache. "Für eine freiheitlich-demokratische Ordnung müssen wir bereit sein, auch zu kämpfen." Die Ereignisse im Norden Afrikas hätten gezeigt, dass nicht nur in Europa und Amerika, "sondern überall auf der Welt die Menschen nach Freiheit streben und Demokratie aufbauen wollen".

Merkel verwies darauf, dass 2001 der Terrorismus ganz wesentlich von Afghanistan ausgegangen sei. Bis heute versuchten 48 Staaten gemeinsam in einer großen Koalition Afghanistan zu stabilisieren, im Dezember werde auf der Afghanistan-Konferenz in Deutschland über weitere Schritte beraten. Der Kampf gegen den Terrorismus "und für die Freiheit" habe international viele Partner zusammengeschweißt, sagte Merkel.

Ministerium: Internationale Kooperation mangelhaft
Das Innenministerium sieht indes Mängel in der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen den islamistischen Terror. "Bei Reisebewegungen von Terrorverdächtigen oder bei Auftritten solcher Leute mit Tarnnamen im Internet bekommen wir hier und da von ausländischen Partnern Informationssplitter - das ist zu wenig", sagte Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche von der CSU dem "Tagesspiegel" vom Samstag. Das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum in Berlin (GTAZ), in dem deutsche Sicherheitsbehörden die Bekämpfung islamistischen Terrors koordinieren, könne ein Vorbild auch für intensivere Kooperation auf internationaler Ebene sein.

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