Korruptionsaffäre

Fischer: “Brauchen Politik mit sauberen Händen”

Österreich
04.09.2011 11:21
Bundespräsident Heinz Fischer drängt auf eine rasche und lückenlose Aufklärung der Telekom-Affäre und ist für schärfere Gesetze zur Korruptionsbekämpfung. "Wir müssen diesen Infektionsherd unter Kontrolle bringen", betonte er. "Wir brauchen eine Politik und Wirtschaft mit sauberen Händen." Dazu, wie tief die Parteien im Korruptionssumpf mit drinnen stecken, wollte der Bundespräsident sich aber nicht äußern.

"Die Verquickung von Politik und Geschäften aus persönlichem Gewinnstreben muss auf das Schärfste verurteilt werden", hielt der Präsident fest. Die Aufklärung der Telekom-Affäre müsse "mit allem Nachdruck durchgeführt werden: Österreich hat einen guten Ruf zu verteidigen". Einen Imageschaden bedeute die Causa "zumindest für bestimmte Firmen, und diese Firmen sind Teil unseres Landes, also darf man das nicht auf die leichte Schulter nehmen".

Inwieweit Parteien in Mitleidenschaft gezogen wurden, wollte Fischer nicht beurteilen. "Meine Aufgabe ist es nicht, parteipolitische Zuordnungen krimineller Handlungen vorzunehmen. Aber wenn es erwiesen werden sollte, dass führende Funktionäre einer politischen Partei hier strafbare Handlungen gesetzt haben, wäre das sicher auch für diese Partei ein Problem." Kritik an der Justiz wegen angeblich schleppender Ermittlungen wollte der Präsident nicht gelten lassen: "In letzter Zeit sind da eine Reihe von Schritten gesetzt worden, die einen energischen Willen zur Aufklärung erkennen lassen."

Strengere Gesetze gegen Korruption
Der Bundespräsident rechnet damit, dass strengere Gesetze gegen Korruption kommen müssen. "Ich habe schon vor einiger Zeit gesagt, dass man die Unvereinbarkeitsbestimmungen auf den neuesten Stand bringen muss. Sobald man mehr Klarheit erlangt hat, werden sich für den Gesetzgeber zusätzliche Aufgaben ergeben."

In der Umsetzung des geplanten sogenannten Transparenzpakets erwartet er sich eine raschere Gangart: "Ich glaube, dass jetzt alle den Ernst der Lage erkannt haben. Das wird sich sicher auch im Arbeitstempo der parlamentarischen Arbeit niederschlagen." Vermehrte Kontrollmöglichkeiten für den Rechnungshof, wie sie dessen Präsident Josef Moser aus aktuellem Anlass gefordert hat, solle man diskutieren. "Oberstes Ziel ist, Sauberkeit wieder herzustellen."

Fischer für höhere Besteuerung von Vermögen
In der Vermögenssteuerdebatte tritt Fischer angesichts der hohen Schuldenquote und nicht zuletzt aus Sorge um die soziale Balance und den sozialen Frieden für eine höhe Besteuerung "der obersten Einkommen und Vermögen ein". Er führt zum einen den hohen Schuldenstand und das Defizit ins Treffen, zum anderen den sozialen Zusammenhalt.

"Es ist unbestritten, dass wir den Schuldenstand schrittweise und in vernünftiger Weise abbauen müssen. Das wird man nicht zur Gänze durch Einsparungen tun können. Und bevor ich bei der Mindestsicherung ein paar Euro wegkappe, bevor ich darauf verzichte, die kleinsten Pensionen überproportional zu erhöhen oder bevor ich den Mittelstand steuerlich noch mehr belaste, ist es doch naheliegend, dort, wo die höchsten Vermögenskonzentrationen und die größten Einkommen sind, einen Beitrag zu diesen wichtigen Aufgaben zu verlangen."

Auf das Ausmaß der Besteuerung wollte sich Fischer nicht festlegen. Doch im Lichte internationaler Vergleiche, die Österreich eine geringe Vermögensbesteuerung attestieren, sei eine entsprechende Steuerreform "zu einem Zeitpunkt, den die Regierung selber festsetzt", das Gerechteste. "Denn die Position, dass man überall sparen und etwas wegschnipseln kann, nur beim obersten Prozent darf man nicht einen Euro wegnehmen, wird immer mehr in Frage gestellt werden."

Wehrpflicht-Debatte: "Versachlichung und Beruhigung"
In Sachen Wehrpflicht ruft Fischer weiterhin zu sachlichen Verhandlungen auf. Dass er ein Freund der Wehrpflicht ist, hat Fischer wiederholt signalisiert und verweist explizit auf das geltende Koalitionsabkommen. Darin sei die Wehrpflicht als eine Voraussetzung für ein funktionierendes Bundesheer verankert. "Das war die gemeinsame Position der beiden Regierungsparteien."

Der Vorstoß der SPÖ in Richtung Abschaffung der Wehrpflicht sei denn auch "für mich nicht voraussehbar" gewesen. Nun wünscht er sich eine "Versachlichung und Beruhigung": "Es ist ein Gebot der Klugheit, sich an den Verhandlungstisch zu setzen und sich um die bestmögliche Lösung zu bemühen." Ob er sich vorstellen kann, quasi als Mediator tätig zu werden, wollte der Bundespräsident nicht preisgeben. Eine Volksabstimmung ist für den Präsidenten eine denkbare Vorgangsweise, sollten sich SPÖ und ÖVP auf ein neues Bundesheermodell ohne Wehrpflicht einigen, aber "meine Forderung ist es nicht".

Neuwahlgerüchte: "Nicht ernst gemeint"
Dass die österreichische Regierung nicht gerade harmonisch in den politischen Herbst gestartet ist, kommentierte der Präsident gelassen. Die Klausur und das Arbeitsprogramm vom Frühling hätten bereits Ergebnisse gezeitigt, Arbeitsmarktdaten, Triple-A-Rating und zuletzt die Ortstafel-Lösung verschafften der Koalition Rückenwind. "Ich glaube, die Regierung ist sehr ernsthaft bemüht, ein Thema nach dem anderen abzuarbeiten. Da reagiere ich nicht übernervös, wenn einmal in der Frage Bundesheer die Lautstärke etwas höher wird. Auf Neuwahlgerüchte, wie sie zuletzt die Runde machten, gibt er daher nichts: "Ich halte das nicht für ernst gemeint."

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