Wettbewerb

Forscher suchen die Toilette der Zukunft ohne Wasser

Wissenschaft
16.08.2011 14:59
Weltweit haben rund 2,6 Milliarden Menschen keinen Anschluss an Abwassernetze und somit auch keine adäquaten Sanitäranlagen. Wissenschaftler suchen daher im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs Konzepte für die Toiletten der Zukunft. Diese sollen in weiterer Folge vor allem in jenen Ländern zum Einsatz kommen können, in denen die Menschen unter schlechten hygienischen Bedingungen leiden.

Die Aufgabe für die Wissenschaftler ist keine einfache. Gesucht wird ein Klo, dass völlig autark, ohne die Zufuhr von Wasser, den Anschluss an einen Abwasserkanal oder Strom für weniger als fünf Cent am Tag funktioniert. Denn dort, wo Menschen ohne Anschluss an Abwassernetze leben, sind die hygienischen Bedingungen am schlimmsten. Viele Seuchen können sich erst durch verunreinigtes Wasser ausbreiten.

Das klassische Modell mit der Wasserspülung ist in diesen Gegenden der Welt fehl am Platz. Die Gates-Foundation – gegründet von Microsoft-Chef Bill Gates und seiner Frau Melinda – hat daher einen Wettbewerb für die besten WC-Konzepte ausgeschrieben. "Keine Innovation in den vergangenen 200 Jahren hat mehr für Lebensrettung und Verbesserung der gesundheitlichen Lage getan als die sanitäre Revolution, die von der Erfindung der Toilette ausgelöst wurde", sagt Stiftungsvertreterin Sylvia Mathews Burwell zu "Spiegel Online".

Weder Wasser- noch Plumpsklos brauchbar
Doch die neuen Alternativen für das stille Örtchen müssen wohl durchdacht sein. Wasserklosetts sind schlicht zu aufwendig für die Menschen in Entwicklungsländern, wo der Bedarf nach sanitären Anlagen am größten ist. Die benötigten Wassermengen sind zu groß, der Aufbau von Kanalsystemen und zentralen Kläranlagen zu kompliziert und teuer.

Die klassische Alternative - das Plumpsklo - stellt wiederum oft ein Gesundheitsrisiko dar, denn Fäkalbakterien könnten das Grundwasser verunreinigen und so Durchfallerkrankungen auslösen. Und laut den Statistiken der Gates-Stiftung muss derzeit etwa eine Milliarde Menschen weltweit ihre Notdurft im Freien verrichten.

Schweizer entwickeln "Recycling-Klo"
Die neuen Toiletten-Konzepte sollen diesen Umstand zumindest langfristig beseitigen. Forscher der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz im schweizerischen Dübendorf arbeiten an einer Toilette, die quasi selbst recycelt (Bild rechts).

Mithilfe eines Membranfilters sollen die flüssigen Anteile wieder so weit aufbereitet werden, dass sich die Benutzer nach dem Toilettengang sogar die Hände damit waschen können. Aus den festen Rückständen soll wiederum Dünger entstehen. Dabei kommt die Anlage ohne Stromzufuhr aus: Eine Pumpe, die das Wasser in einen über der Toilette angebrachten Speicher befördert, wird durch das Gewicht der Benutzer angetrieben. Und was an nicht so einfach aufzubereitenden Reststoffen auf dem Zukunfts-WC übrig bleibt, das soll zum Beispiel mit an Fahrrädern befestigten Tanks zu einer zentralen Aufbereitung gefahren werden.

Strom und Wasser aus dem WC
Nutzbares Wasser soll auch die Toilette erzeugen, an der das Konkurrenzteam vom Water Engineering and Development Centre der britischen Universität Loughborough im Rahmen des Wettbewerbs tüftelt. Und ganz nebenbei produziert der Hightech-Lokus, wenn alles gutgeht, auch noch wertvolles Brennmaterial. Mithilfe der sogenannten hydrothermalen Karbonisierung wollen die Forscher innerhalb von wenigen Stunden diejenigen Vorgänge nachbilden, die auf der Erde innerhalb von Millionen Jahren zur Bildung von Braunkohle geführt haben.

Allerdings sind für das Verfahren, das in einem Druckgefäß ablaufen muss, größere Mengen an Energie nötig. Die sollen nach Vorstellung der Forscher durch die Verbrennung von Exkrementen erzeugt werden. Ob das freilich so einfach funktioniert, müssen erst die Arbeiten der kommenden Monate zeigen.

Mit Mikrowellen aus Exkrementen Plasma machen
Die Teams anderswo stehen mit ihren jeweiligen Konzepten vor ähnlichen Herausforderungen - vor allem, wenn ihre Ideen so futuristisch sind wie die der Uni-Forscher aus dem niederländischen Delft. Die wollen nämlich die Exkremente mithilfe von Mikrowellen zu einem Plasma erhitzen - und das so entstehende Synthesegas zum Betrieb einer Hochtemperatur-Brennstoffzelle nutzen. Auf diese Weise soll der Toilettengang zur Elektrizitätsgewinnung dienen.

Klingt kompliziert - und ist es wohl auch. Im August nächsten Jahres müssen alle Forschergruppen ihre Ideen zur Toilette der Zukunft vorstellen. Gefragt ist zunächst ein Prototyp. Dann will sich die Gates-Stiftung entscheiden, welche Modelle zur Serienreife gebracht werden. Insgesamt will man sich das Programm mehr als 40 Millionen Dollar kosten lassen.

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