Dutzende Fälle

“Museumswilderer” stehlen europaweit Rhinozeros-Hörner

Ausland
13.08.2011 14:58
Es passierte am helllichten Tag: Die zwei Diebe schlichen sich am Donnerstag in die Rhinozeros-Ausstellung des Brüsseler Naturkundemuseums, rissen einen ausgestopften Nashornkopf von der Wand, schleppten ihn zu den Toiletten und warfen das Präparat durchs Fenster zwei Stockwerke tief in die Arme eines Komplizen. Der jüngste Fall in Belgien ist nur einer in einer Serie in ganz Europa. Den Dieben geht es stets um die wertvollen Hörner der Präparate, für die in Asien pro Stück bis zu 200.000 Euro gezahlt werden.

"Das sind miese kriminelle Akte", sagt Patrick Byrne, Leiter des Netzwerkes Organisierte Kriminalität bei Europol, am Samstag. Die europäische Polizeibehörde vermutet eine irische Bande hinter den Nashorn-Diebstählen. Betroffen sind nicht nur Museen, sondern auch Zoos, Auktionshäuser, Antiquitätenhändler und private Sammler. Die Bande sei "rücksichtslos in ihren kriminellen Methoden", sagt Byrne. Sie verkaufe die gestohlenen Hörner rasch auf dem Schwarzmarkt und wasche das Geld, indem sie Immobilien oder teure Autos kaufe.

20 Diebstähle binnen sechs Monaten
Rhinozeroshorn-Diebstähle wurden in den vergangenen 18 Monaten aus Portugal, Frankreich, Großbritannien, Tschechien und Schweden berichtet. In Deutschland wurden unter anderen das Naturkundemuseum Bamberg, das Zoologische Museum der Universität Hamburg und sogar das Jagdmuseum in dem kleinen niedersächsischen Örtchen Dedelstorf (Bilder) Opfer der "Museumswilderer". Scotland Yard zählte alleine binnen des ersten Halbjahres 2011 20 Diebstähle.

Asiaten bieten Unsummen für Hörner
Das Hauptgeschäft der mutmaßlichen Nashorn-Bande sind laut Europol Drogenhandel, Geldwäsche und der Schmuggel gefälschter Waren. Doch auch der Verkauf von Rhinozeros-Hörnern wird für die Diebe immer lukrativer: Je nach Größe werden mittlerweile zwischen 25.000 und 200.000 Euro pro Horn bezahlt. Die Hörner werden zermahlen und in Asien als angebliches Heilmittel gegen Fieber, Kopfschmerzen, Typhus und Pocken verkauft. Dass das Horn - wie von vielen Asiaten angenommen - als Mittel gegen Impotenz diene, ist lediglich ein Mythos.

Die Jagd auf Nashörner läuft nicht nur in europäischen Museen, auch die Wilderei in Afrika hat dramatisch zugenommen. In diesem Jahr wurden nach Angaben der Londoner Tierschutzgruppe Save the Rhino International bereits 200 Nashörner getötet, vergangenes Jahr waren es 333. 2007 waren hingegen nur 13 Rhinozerosse Wilderern zum Opfer gefallen.

Wertvolle Exponate nun unter Verschluss
Die europäischen Museen versuchen sich nun möglichst gut gegen die Diebe zu wappnen. Das Brüsseler Naturkundemuseum erhöhte nach dem Diebstahl des 30 Kilo schweren, schwarzen Nashornkopfes von 1827 nicht nur die Sicherheitsvorkehrungen, sondern nahm auch einige Rhinozerosse aus der Ausstellung. "80 Jahre lang haben wir uns um den Nashornkopf gekümmert, und von einem Tag zum anderen ist er nicht mehr da. Das ist ziemlich traurig", so Georges Lenglet, Kurator des Brüsseler Naturkundemuseums. In einem Schaukasten sind jetzt statt drei vollständigen Nashörnern nur noch zwei zu sehen - und von den Köpfen hängt überhaupt nur noch einer an der Wand. Die wertvollsten Exponate sind unter Verschluss.

Doch nicht nur Museen sind auf der Hut. Großbritannien hat das Verbot von Nashorn-Trophäen ausgeweitet, nachdem die Preise dafür bei Versteigerungen in die Höhe geschnellt waren. Auch Präparatoren haben ein Auge auf mögliche illegale Geschäfte. Der europäische Verband der Berufsgruppe warnte seine Mitglieder im Juli in einem Brief, in Schweden und Dänemark hätten Präparatoren dubiose Angebote von angeblich irischen und britischen Interessenten erhalten. Die Anrufer hätten nie ihren Namen genannt und nicht registrierte Handys benutzt. "Das riecht nach illegalen Machenschaften", heißt es in dem Brief. "Deshalb ist es eine sehr gute Idee, die Finger davon zu lassen, wenn Sie nicht 100 Prozent sicher sind, dass der Handel legal ist."

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