Provinzen-Aderlass

Italien verdoppelt Sparpaket auf 93 Milliarden Euro

Ausland
13.08.2011 09:16
Im Kampf gegen die Schulden- und Wirtschaftskrise beschleunigt Italien den Sparkurs und verdoppelt den Umfang seines Sparprogramms. Ministerpräsident Silvio Berlusconi gab am Freitag bekannt, die Regierung plane für 2012 zusätzlich 20 Milliarden Euro und für 2013 noch einmal 25 Milliarden an Einsparungen ein. Diese 45 Milliarden kommen zu dem im Juli beschlossenen Sanierungspaket von 48 Milliarden hinzu. Hart treffen die Sparanstrenungen vor allem die Provinzen des Landes.

Ein erheblicher Teil der Einsparungen wird an den Regionen und Kommunen hängen bleiben: 9,5 Milliarden Euro weniger Zuschüsse will die Zentralregierung in Rom in den kommenden zwei Jahren an sie überweisen. Im Rahmen der Sparanstrengungen soll es weniger Provinzregierungen und Stadträte geben.

Kleine Provinzen werden abgeschafft
Provinzen, die vergleichbar sind mit Landkreisen, mit weniger als 300.000 Einwohnern werden abgeschafft. Zudem sollen sich 1.500 Gemeinden, die jeweils weniger als 1.000 Einwohner haben, mit anderen Gemeinden zusammenschließen. Ausnahme bleiben Südtiroler Gemeinden.

Zudem soll die Zahl der Abgeordneten in den Regionalräten gesenkt werden. Laut Berlusconi werden insgesamt rund 54.000 Posten abgeschafft. Eine Senkung der Zahl der Parlamentarier ist in der Verordnung allerdings nicht vorgesehen. Betroffen von den Kürzungen sind vor allem Lokalkörperschaften.

Dass die Kommunen die Kürzungen nicht hinnehmen, hat noch am Freitag der Bürgermeister des hoch verschuldeten Rom klargemacht. Gianni Alemanno - er gehört Berlusconis Partei PDL an - forderte Städte und Gemeinden zu Protesten auf.

Neue Steuer bei Jahreseinkommen von über 90.000 Euro
Bei den Ausgaben der Ministerien plant das Mitte-Rechts-Kabinett Kürzungen in Höhe von 8,5 Milliarden Euro in zwei Jahren. Ziel ist es, 2012 das Defizit auf 1,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu senken. 2013 soll Italien eine ausgeglichene Bilanz vorweisen. Im Rahmen der Maßnahmen sollen einkommensstarke Familien stärker besteuert werden.

Geplant ist die Einführung einer Fünf-Prozent-Steuer für Italiener mit Jahreseinnahmen von über 90.000 Euro. Bei Einkommen von über 150.000 Euro soll die Steuer auf zehn Prozent steigen. Von der Steuer sind etwa eine halbe Million Steuerzahler betroffen. Die Tabaksteuer soll erhöht werden. Auch die Steuer auf Börsengewinne wird von 12,5 auf 20 Prozent erhöht. Die Regierung verzichtete dagegen auf die Wiedereinführung der Immobiliensteuer ICI.

Das Pensionsantrittsalter der Arbeitnehmerinnen in der Privatwirtschaft soll schon 2015 und nicht wie bisher geplant 2020 auf 65 Jahre erhöht werden. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung werden verschärft. Die Regierung will die "goldene Regel" für einen ausgeglichenen Haushalt in der Verfassung verankern. Demnach verpflichtet sich das Land verfassungsgemäß, die Bilanzen in Ordnung zu halten und keine Verschuldung zu generieren.

Berlusconi: "Mein Herz blutet"
Berlusconi bezeichnete die Maßnahmen als Notwendigkeit: "Wir müssen das Notwendige für das gemeinsame Wohl tun. Mein Herz blutet. Die Regierung hatte versprochen, die Bürger nicht mit weiteren Steuern zu belasten, doch die Weltlage hat sich geändert." Es gebe keine Alternativen zu den radikalen Einsparungen.

Mit dem Maßnahmenpaket werde die Regierung jedenfalls dem Gesundheits- und Schulwesen sowie der Forschung Ausgabenkürzungen ersparen. Dafür sollen die Kosten der Politik gesenkt werden. Drei nationale Feiertage sollen auf den Sonntag verlegt werden. Damit soll die Produktivität im Land wachsen.

Schulden überschritten im Juni erstmals 1,9 Billionen Euro
Die italienische Staatsverschuldung hat inmitten der sich verschärfenden Finanz- und Wirtschaftskrise des Landes einen neuen Rekordwert erreicht. Die Schulden des Landes stiegen im Juni um 4,9 Milliarden Euro und überschritten damit erstmals die Marke von 1,9 Billionen Euro, wie die italienische Notenbank am Freitag laut Agentur AFP mitteilte. Die Staatsverschuldung liegt damit weiter bei etwa 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg sie bis Juni um knapp 3,2 Prozent an.

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