Facebook-Rivale

Google+ im Test: Warum der Besuch derzeit kaum lohnt

Web
09.08.2011 14:24
Google+ hat am Montag seine Pforten ein Stück weiter geöffnet: Zwar lässt sich das soziale Netzwerk weiterhin nicht direkt betreten, allerdings kann nun jeder einzelne der bereits über 25 Millionen Nutzer bis zu 150 Einladungen verschicken. krone.at-Redakteur Sebastian Räuchle hat sich auf Google+ bereits umgeschaut und weiß, warum der Besuch trotz vieler guter Neuerungen derzeit noch kaum lohnt.

Google+ ist derzeit in aller Munde. Obwohl erst wenige Wochen alt, zählt das soziale Netzwerk des Suchmaschinenriesen Google bereits über 25 Millionen Nutzer - und wird wohl gerade deshalb von vielen bereits als das neue Facebook gehandelt. Das hat zwar mit 750 Millionen Nutzern noch einen mehr als deutlichen Vorsprung, kämpft aber seit Jahren mit diversen Problemen. Zum einen ist dies die fehlende Übersichtlichkeit, die es Nutzern erschwert, sich in dem Netzwerk zurecht zu finden, zum anderen der Datenschutz: Immer wieder hatte Facebook Funktionen wie die automatische Gesichtserkennung stillschweigend und quasi über Nacht eingeführt und Nutzer dadurch - ohne ihr Wissen - ein Stück weit um ihre Privatsphäre gebracht.

Google+ verspricht bessere Datenkontrolle und Transparenz
Nun aber tritt Google mit seinem Google+ auf den Plan und verspricht, die Kommunikation mit den Freunden im Netz sowohl einfacher als auch persönlicher zu gestalten – und das noch dazu unter sorgfältigerer Wahrung des Datenschutzes, als dies bei Facebook der Fall ist. Behauptet zumindest Google. Dass der einst als Datenkrake verschriene Suchmaschinenriese an unseren Daten plötzlich kein Interesse mehr hat, ist freilich eine Illusion. (Besonders sarkastische Zungen könnten sogar behaupten, er hat sie – Google Maps, Street View, Android und Co. sei Dank – ohnehin schon alle.)

Schließlich geht es auch Google darum, möglichst viel über seine Nutzer in Erfahrung zu bringen, um dann noch gezielter Werbeanzeigen platzieren zu können. Die Tatsache, dass Google Nutzer, die sich unter einem Pseudonym angemeldet haben, bereits des Netzwerks verwiesen hat, spricht auch nicht gerade dafür, dass dem Konzern sonderlich viel am Wohle der Privatsphäre seiner Nutzer liegt.

Zugute halten muss man Google jedoch, dass es die Einstellungen zu Datenschutz und Privatsphäre wesentlich transparenter und übersichtlicher gestaltet hat als Facebook. Selbst einzelne Profilinformationen, etwa, welche Kreise (dazu später mehr) angezeigt werden sollen, lassen sich recht unkompliziert bearbeiten, sodass nur das nach außen hin sichtbar ist, was sich der Nutzer wünscht. Wer sein Konto löschen möchte, findet die entsprechende Schaltfläche ebenfalls unmittelbar über die Einstellungen. Google verspricht bei der Deaktivierung eines Kontos sogar, "alle damit verknüpften Dienste und Informationen" zu löschen.

"Kreise" erleichtern die Kommunikation
Ein weiterer Vorteil gegenüber der Konkurrenz von Facebook ist die vereinfachte Kommunikation. Google führt hierfür die sogenannten Kreise ein, die zwar Facebooks Listen sehr ähnlich sind, sich jedoch deutlich einfacher erstellen und verwalten lassen als diese. Mit wenigen Klicks können einzelne Kreise für beispielsweise Freunde, Arbeitskollegen oder die Familie erstellt und mittels Drag and Drop mit den jeweiligen Personen befüllt werden. Mitteilungen können dadurch gezielt bestimmten Gruppen zugestellt werden. Wer welche Nachricht erhalten hat, lässt sich nachträglich ganz einfach über einen Filter im sogenannten "Stream", in dem alle Neuigkeiten zusammengefasst werden, feststellen.

Videochat und Nachrichtenticker inklusive
Ähnlich dem Kurznachrichtendienst Twitter gibt es außerdem die Möglichkeit, bestimmten Nutzern zu folgen, also ihre Beiträge zu lesen, ohne gleich persönlich mit ihnen befreundet zu sein. Lobenswert zu erwähnen ist neben der Möglichkeit, Postings nachträglich zu bearbeiten oder Gruppen-Videochats – sogenannte Hangouts – zu veranstalten (ein Feature, das Facebook allerdings in Kooperation mit Skype schon bald nachreichen wird), dass sich Nutzer eine Art eigenen Nachrichtenticker basteln können. Google nennt diese Funktion "Sparks": Über eine Suche können bestimmte Themen, die von persönlichem Interesse sind, gesucht und abonniert werden.

Hallo? Jemand zu Hause?
Doch so toll das auch sein mag – noch hat Google+ ein entscheidendes Problem: Ihm fehlen die Nutzer. Zwar mag das Netzwerk mit seinen derzeit bereits über 25 Millionen Usern das am schnellsten gewachsene seiner Art sein, wer sich hierzulande jedoch auf die Suche nach Freunden begibt, gibt bald frustriert auf. Der große Teil der besagten 25 Millionen Nutzer stammt nämlich aus den USA und Indien, zudem tummeln sich in dem Netzwerk bislang überwiegend interessierte Early Adopter, Geeks, Journalisten sowie jede Menge PR- und Marketing-Strategen, die bereits die nächste große Cash-Cow wittern.

"Unterhaltungswert" aufgrund fehlender Social Games gering
Ob der einfache Facebook-Nutzer – davon gibt es aktuell immerhin mehr als 30 Mal so viele - sich zu einem (langfristigen) Umstieg auf Google+ bewegen lässt, ist fraglich. Zumal ein Umzug nur dann Sinn macht, wenn auch alle Freunde mit umziehen. In zwei Netzwerken parallel aktiv zu sein, ist vielen nämlich zu anstrengend. Und noch etwas Entscheidendes werden Facebook-Nutzer bei Google+ derzeit schmerzlich vermissen: Social Games à la Farmville und Co. Diese dürften allerdings nicht allzu lange auf sich warten lassen, weiß doch auch Google um die Wichtigkeit der kleinen Online-Spielchen.

Fazit: Konkurrenz ist gut fürs Geschäft und den Nutzer
Übrigens: Meine erster neuer Kontakt auf Google+ war ein alter Freund, der in Berlin für studiVZ arbeitet. Auf meine Frage, ob er denn überhaupt hier sein dürfe, antwortete er: "Aber klar. Du weißt ja, der Feind von meinem Feind ist mein Feind zum Quadrat." Und so hat Google+, ob es nun der von vielen bereits heraufbeschworene Facebook- Killer ist oder nicht, zumindest ein Gutes: Es belebt die Konkurrenz und zwingt so künftig vielleicht auch Facebook wieder vermehrt dazu, an Benutzeroberfläche, Datenschutzrichtlinien und anderen verbesserungswürdigen Funktionen zu feilen.

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