Euro "geschenkt"

Italien-Pleite mit Ankündigung – aber alle schauten weg

Ausland
03.08.2011 20:52
Italien hat einen Schuldenberg von mehr als 1,8 Billionen Euro angehäuft - das Land ist damit allein für fast ein Viertel der Staatsschulden aller 17 Euroländer verantwortlich. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt liegt der Schuldenstand aktuell bei 120 Prozent - nur Griechenland (158 Prozent) kommt auf mehr. Dabei hätte Italien den Euro eigentlich gar nicht einführen dürfen.

Italiens Schulden sind nämlich nicht erst seit der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise ein Riesenproblem. Geht es nach den nackten "Maastricht"-Kriterien, hätte das Land 1999 gar nicht beim Start der Europäischen Währungsunion dabei sein dürfen. Danach sind - gemessen am BIP - eigentlich maximal 60 Prozent Schulden erlaubt. Im für den Euro-Beitritt entscheidenden Referenzjahr 1997 waren es aber 122 Prozent. Damit ist Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft des Euroraums, bei der Sanierung der Staatsfinanzen praktisch bis heute nicht vom Fleck gekommen.

Das Europäische Währungsinstitut EWI, Vorgänger der Europäischen Zentralbank, hatte damals schon erhebliche Zweifel an der Euro-Reife Italiens angemeldet: "Trotz der Bemühungen, die aktuelle Finanzlage zu verbessern, muss man nach wie vor besorgt sein, ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstandes zum BIP hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert und ob bereits eine auf Dauer tragbare Finanzlage erreicht wurde", monierte das EWI im ersten - und für die Euro-Beitritte entscheidenden - Konvergenzbericht von 1998.

Italien wollte "durch die Vordertür"
Dass Italien dennoch zur Eurozone zugelassen wurde, hatte politische Gründe. Italien hatte stets darauf bestanden, als eines der sechs EU-Gründungsmitglieder beim historischen Projekt der Währungsunion von Anfang an "durch die Vordertür" beizutreten. Die EU-Kommission bescheinigte dem Land schließlich auch ohne Einschränkungen die Fitness für die Währungsunion. "Es wird erwartet, dass die Schuldenquote 1998 und in den Jahren danach rascher sinken wird", formulierte die Brüsseler Behörde die damalige Hoffnung. Eine blauäugige Hoffnung.

Nur leere Phrasen nach Krisengespräch
Indes haben sich am Mittwoch der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, und Italiens Finanzminister Giulio Tremonti zu einem Krisengespräch über den Druck der Finanzmärkte auf die italienische Wirtschaft getroffen. "Wir hatten eine lange Diskussion, bei der es um alle Probleme in der Eurozone ging", sagte Juncker nach dem Gespräch. "Und wir werden unsere Meditation gemeinsam fortsetzen." Tremonti sagte lediglich: "Das stimmt. Wir hatten eine lange und fruchtbare Diskussion." Weitere Erklärungen gab es nicht.

Experten gehen davon aus, dass es vor allem um die steigenden Zinsen für italienische Staatsanleihen ging. Mit einem Zinssatz von mehr als sechs Prozent liegen sie fast vier Prozentpunkte über dem Satz für deutsche Anleihen. Hohe Kosten für geliehenes Geld belasten auch Spanien. Bei einem Zinssatz von gut sieben Prozent musste Griechenland Finanzhilfe der Euro-Staaten zur Abwendung einer Staatspleite beantragen.

Berlusconi wirbt um Vertrauen
Um so mehr kämpft der unter Druck stehende Premier Silvio Berlusconi um das Vertrauen der internationalen Finanzmärkte. In Ansprachen vor der Abgeordnetenkammer und dem Senat hob der Premier am Mittwoch die "soliden wirtschaftlichen Grundlagen" Italiens hervor. "Unsere Banken sind zahlungsfähig", versicherte Berlusconi. Die italienischen Unternehmen und Familien seien europaweit die am geringsten verschuldeten, die Exporte der Betriebe seien zufriedenstellend. Der Alarm der Finanzmärkte über die Zahlungsfähigkeit Italiens sei unbegründet, versicherte Berlusconi. Vor allem die Kurseinbrüche der Aktien italienischer Banken seien absolut übertrieben.

Unterdessen äußerte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos am Mittwoch die Hoffnung, dass das neue Rettungspaket für sein Land bis Anfang Oktober steht. "Das ist ein kolossales Unterfangen, das absolut einzigartig ist", betonte er. Venizelos zeigte sich zugleich zuversichtlich, dass sein Land im Jahr 2014 an die Kapitalmärkte zurückkehren könne. Die Euro-Staaten hatten auf ihrem jüngsten Gipfel ein 109 Milliarden Euro schweres Hilfsprogramm für Griechenland beschlossen, um das Land vor der Pleite zu bewahren.

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