Netz aus der Lampe

Forscher senden Daten blitzschnell per Licht

Web
02.08.2011 09:28
Bislang dienen sie nur zur Beleuchtung, doch schon bald könnten Lampen auch den Datentransfer übernehmen und etwa HD-Filme verlustfrei, schnell und sicher auf das iPhone oder den Laptop übertragen. Möglich machen soll dies Visible Light Communication, kurz VLC, bei der normale LEDs mit nur wenigen Zusatzbauteilen zum optischem WLAN werden.

In Zukunft könnte die Datenübertragung folgendermaßen aussehen: Vier Personen haben es sich in einem Raum gemütlich gemacht, von denen jede einzelne auf einem eigenen Laptop einen anderen Film aus dem Internet in HD-Qualität genießt. Möglich wird dies dank optischem WLAN, als Medium für die Datenübertragung dient Licht aus den LEDs der Deckenbeleuchtung. Was lange Zeit als Zukunftsvision galt, rückt dank Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik in Berlin nun jedoch in greifbare Nähe.

Verlustfreie Datenübertragung mit 100 Megabit pro Sekunde
Im Rahmen des EU-Projekts OMEGA entwickelten sie eine neue Übertragungstechnologie für Videodateien. Ende Mai konnten die Forscher das Projektergebnis im französischen Rennes präsentieren: Mit Decken-LEDs, die mehr als zehn Quadratmeter eines Raums ausleuchteten, gelang es ihnen, Daten mit 100 Megabit pro Sekunde verlustfrei zu übertragen. Der Empfänger lässt sich innerhalb dieser zehn Quadratmeter beliebig platzieren. "Das heißt, wir haben vier Videofilme in HD-Qualität gleichzeitig auf vier Laptops gebracht", sagt Dr. Anagnostis Paraskevopoulos, Wissenschaftler am Heinrich-Hertz-Institut.

Blinkendes Licht als Informationsträger
"Die Grundlagen für Visible Light Communication wurden im Projekt gemeinsam mit den Industriepartnern Siemens und France Telecom Orange Labs entwickelt", erläutert der Experte. Zusammen mit einem Team um Projektleiter Klaus-Dieter Langer wird die neue Technologie jetzt in Berlin weiterentwickelt. "Bei VLC dienen die Lichtquellen - in diesem Fall Weißlicht-LEDs - gleichzeitig für die Raumbeleuchtung und für die Informationsübertragung. Mithilfe eines Spezialbauteils, des Modulators, knipsen wir die LEDs ganz schnell ein und aus und übertragen die Informationen als Einsen und Nullen", so Langer.

Lichtmodulation für Menschen nicht sichtbar
Das menschliche Auge nehme diese Lichtmodulation nicht wahr, erklärt der Wissenschaftler weiter. Als Empfänger am Laptop reicht eine schlichte Photodiode: Sie fängt das Licht auf, eine Elektronik dekodiert die Information und übersetzt sie anschließend in elektrische Impulse. Ein Vorteil: Die LEDs lassen sich mit nur wenigen Bauteilen so präparieren, dass sie als Überträger dienen. Ein Nachteil: Sobald etwas zwischen Lampe und Photodiode gerät, wenn also jemand eine Hand dazwischen hält, wird die Übertragung beeinträchtigt.

Ohne zusätzliche Kabel und Geräte
Ein Ersatz für herkömmliches WLAN, PowerLAN über Stromleitungen oder UMTS soll VLC jedoch nicht werden, wie die Wissenschaftler betonen. Dort wo Funknetze unerwünscht oder nicht möglich seien, eigne es sich vielmehr als zusätzliche Datenübertragungsoption - ohne dass im Haus neue Kabel oder Geräte nötig werden. Dabei sind auch Kombinationen möglich, etwa für eine Richtung optisches WLAN und für den Rückkanal PowerLAN. So lassen sich Filme auf den PC übertragen und auch wieder von dort zurückspielen und auf einen anderen Rechner senden.

Krankenhäuser als mögliches Einsatzgebiet
Die neue Übertragungstechnologie eignet sich etwa für Krankenhäuser. Denn hier sind Funknetze nicht erwünscht. Dennoch müssten hohe Datenraten verlustfrei und unkomprimiert übertragen werden, meinen die Experten. Wenn ein Teil der Kommunikation über die OP-Lampe läuft, ließen sich drahtlos OP-Roboter steuern oder Röntgenbilder übermitteln. In Flugzeugen könnte jeder Passagier sein eigenes Unterhaltungsprogramm auf einem Display sehen, die Flugzeughersteller könnten gleichzeitig Kilometer an Kabeln sparen. Ein weiterer möglicher Einsatzort seien Fabrikhallen, denn auch hier störten Funknetze oft die Abläufe.

Im Labor bereits bis zu 800 Mbit/s mittels Licht übertragen
Derzeit entwickeln die Forscher ihre Systeme weiter in Richtung höherer Bitraten. "Im Labor konnten wir mit einer rot-blau-grünen Weißlicht-LED 800 Mbit/s übertragen", so Langer. "Das ist Weltrekord für die VLC-Methode." Auf der Internationalen Funkausstellung vom 2. bis 7. September in Berlin zeigen die HHI-Wissenschaftler wie Videos per Licht übertragen werden.

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