In Landhaus bei Moskau

Nehammer: „Wollte Putin allein konfrontieren“

Politik
11.04.2022 18:30

Die ersten Details und Stellungnahmen nach dem viel beachteten Treffen von Bundeskanzler Karl Nehammer und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin: Nehammer erklärte, dass sowohl die vorangegangene Reise in die Ukraine als auch das Gespräch mit Putin ein klares Signal gewesen seien. Zum einen als Solidarität mit Kiew, zum anderen habe man Putin deutlich gemacht, dass dieser Krieg jetzt enden müsse.

Die wichtigste Botschaft an den russischen Präsidenten sei gewesen, dass „dieser Krieg aufhören muss“, hieß es am Montagnachmittag bereits aus dem Kanzleramt. Das Gespräch selbst habe rund 75 Minuten gedauert, der gesamte Empfang etwa 90 Minuten.

Ort des Geschehens war ein Landhaus in Nowo-Ogarjowo nahe Moskau, und zwar die Residenz des Kreml-Chefs selbst. Unter vier Augen, also ohne Berater, Botschafter und dergleichen, an einem „langen Tisch“. Teile des Gesprächs seien aus dem Russischen übersetzt worden, teilweise auf Deutsch geführt - Putin spricht sehr gut Deutsch. Einen Handschlag oder gar gemeinsame Bilder habe es nicht gegeben - auch aus Sorge, die Fotos könnten für (russische) Propagandazwecke instrumentalisiert werden.

„Kein Freundschaftsbesuch“
Nehammer selbst bezeichnete das Treffen in einem Statement im Anschluss als „sehr hart“, „sehr offen“ und „sehr direkt“ - „kein Freundschaftsbesuch“, betonte er. Es sei für ihn „eine Pflicht“ gewesen. Er wolle „nichts unversucht lassen“, um eine Einstellung der Kampfhandlungen oder zumindest humanitäre Fortschritte für die notleidende Zivilbevölkerung in der Ukraine zu bewirken. Es sei „alternativlos, auch mit Russland trotz aller Differenzen das direkte Gespräch zu suchen“.

Auch die mutmaßlichen Kriegsverbrechen von russischer Seite seien „in aller Deutlichkeit“ thematisiert worden, hieß es. Weiters habe der Kanzler klargemacht, dass die Sanktionen gegen Russland fortgesetzt und jedenfalls weiter verschärft würden, solange Menschen in der Ukraine sterben.

„Keine positiven Eindrücke“
Die Reaktionen des russischen Präsidenten scheinen nicht besonders einsichtig gewesen zu sein. Er habe „generell keine positiven Eindrücke“, räumte Nehammer ein. Auch wenn es, wie befürchtet, keine kurzfristigen Ergebnisse geben werde: „Es war mir wichtig, Präsident Putin unter vier Augen mit den Fakten zu konfrontieren.“ Putin müsse verstehen, dass „seine Haltung in keinster Weise geteilt“ werde, so Nehammer.

Großoffensive in Vorbereitung
Auf seine Botschaft, dass Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj zu einem persönlichen Gespräch bereit sei, habe es von Putin „keine Reaktion“ gegeben. Hoffnungen würden nun auf weiteren Gesprächen - wie kürzlich in Istanbul - ruhen. Nehammer werde dazu auch den Kontakt zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan suchen. Eine neue Großoffensive aus Russland auf den Osten der Ukraine soll unterdessen aber bereits intensiv vorbereitet werden.

„Massiv in Kriegslogik angekommen“
„Putin ist massiv in der Kriegslogik angekommen und handelt auch entsprechend“, betonte Österreichs Regierungschef.

Er werde nun Österreichs europäische Partner über das Gespräch informieren und über weitere Schritte beraten, so Nehammer. „Meine wichtigste Botschaft an Putin war aber, dass dieser Krieg endlich enden muss, denn in einem Krieg gibt es auf beiden Seiten nur Verlierer.“ Und: Die EU sei in der Sanktionen-Frage so geeint wie nie.

Zitat Icon

Ich habe die schweren Kriegsverbrechen angesprochen und betont, dass all jene, die dafür verantwortlich sind, zur Rechenschaft zu ziehen sind. Ich habe Präsident Putin auch in aller Deutlichkeit gesagt, dass die Sanktionen gegen Russland aufrecht bleiben und weiter verschärft werden, solange Menschen in der Ukraine sterben.

Bundeskanzler Karl Nehammer

Als erster EU-Regierungschef in Moskau
Der Kanzler war als erster EU-Regierungschef seit Kriegsausbruch nach Russland gereist. Nehammer hatte erst am Wochenende die Ukraine besucht und dort Präsident Selenskyj und Premier Denys Schmyhal getroffen. Er besuchte auch die Stadt Butscha bei Kiew, wo nach Abzug der russischen Truppen zahlreiche Leichen von getöteten Zivilisten gefunden worden waren.

Die Initiative zur Moskau-Reise sei von ihm ausgegangen, sagte Nehammer - und zwar schon während die Reise in die Ukraine geplant wurde. Österreich hatte zuletzt vier russische Diplomaten ausgewiesen.

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