Reumütig gestanden

Kokain abgezweigt – vier Jahre Haft für Justizbeamten

Niederösterreich
05.05.2011 13:12
Vier Jahre Haft hat am Donnerstag am Landesgericht Korneuburg ein 52-jähriger Ex-Justizbeamter ausgefasst, der seit 2008 mehr als vier Kilo zur Vernichtung bestimmtes Kokain aus der Verwahrstelle des Straflandesgerichts Wien abgezweigt hatte. Als Anstifterin erhielt seine Schwester (55) drei Jahre, deren Bekannter (52), der etwa die Hälfte der Drogen verkauft hatte, fasste zweieinhalb Jahre aus. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Bei einem Strafrahmen von ein bis 15 Jahren für Suchtgifthandel wurden das reumütige Geständnis und der bisherige Lebenswandel des Erstangeklagten mildernd gewertet, begründete Richterin Xenia Krapfenbauer das Urteil des Schöffensenats. Erschwerend seien die mehrfache Tatbegehung, die übergroße Menge und das Zusammentreffen zweier Delikte - neben Suchtgifthandel auch Amtsmissbrauch, der mit bis zu fünf Jahren bedroht ist.

Auch aus generalpräventiven Gründen sei daher eine teilbedingte Nachsicht ausgeschlossen gewesen: "Es ist sehr bedauerlich, wenn gerade die Justiz Drogen wieder auf den Markt wirft." Die Richterin verwies darauf, wie viel Mühe, Polizeiarbeit und Personalressourcen in die Aufklärung von Drogendelikten investiert würden, bis "endlich ein Paar Gramm beschlagnahmt werden können", und wie elend es sei, süchtig zu sein. "Und dann kommen Sie und verteilen es wieder."

Der Schwester wurde mildernd angerechnet, dass sie von Beginn an kooperiert und den vollen Umfang der Tat eingestanden hatte. Auch hielt die Richterin fest, dass während der U-Haft (seit Dezember 2010) keine Anzeichen einer Abhängigkeit festgestellt wurden.

Die Geschwister, die sich eingangs vollinhaltlich schuldig bekannten, nahmen die Urteile schluchzend an. Der Drittangeklagte erbat sich Bedenkzeit, Oberstaatsanwältin Eva Habicher gab keine Erklärung ab. Somit sind die Urteile nicht rechtskräftig.

Von der kranken Schwester erweichen lassen
Der Erstangeklagte gab unumwunden zu, dass ihm klar gewesen sei, durch seine Vorgangsweise Amtsmissbrauch zu begehen. Er habe sich von seiner kranken, depressiven Schwester erweichen lassen - von sich aus hätte er das nie gemacht, betonte der Ex-Beamte. Der 52-Jährige war seit 1983 bei der Justiz beschäftigt gewesen, ab 2003 arbeitete er im Grauen Haus, wo er 2009 stellvertretender Leiter der Verwahrstelle wurde.

2008 habe er auf Bitte seiner Schwester, einer Invaliditätspensionistin, die zudem Spielschulden hatte, zunächst eine Probe besorgt, dann ein Kilogramm, das der damalige Freund der Frau verkaufte. Dieser wurde Ende 2009 festgenommen und laut Oberstaatsanwältin Habicher bereits verurteilt. 2010 habe der Beschuldigte dann noch größere Mengen entnommen, bis er im Dezember schließlich ertappt und festgenommen wurde. Während eines Rehabilitationsaufenthaltes nach einem Unfall im selben Jahr lernte die Schwester den Drittangeklagten kennen, der statt des damaligen Freundes zum neuen Dealer für das Kokain wurde.

Bei der Drogenmenge - immerhin mehr als vier Kilogramm von teils überdurchschnittlich guter Qualität - stützte man sich vor Gericht auf die Angaben der 55-jährigen Schwester, die, wie Richterin Krapfenbauer betonte, im Gegensatz zu den beiden anderen von Beginn an den gesamten Umfang zugegeben hatte. Das tat der Drittangeklagte erst im Zuge seiner Befragung - zunächst hatte er beteuert, im September 2010 viel weniger als die ihm vorgeworfenen zwei Kilo übernommen zu haben. Aufgrund der damit vorliegenden vollinhaltlichen Bekenntnisse der Beschuldigten wurde auf die Befragung von Zeugen verzichtet.

Durch Drogenverkauf nicht reich geworden
"Verdient" habe der 52-Jährige bei der ganzen Aktion übrigens 3.000 Euro, die ihm seine Schwester gab. Die 55-Jährige wiederum, wegen Spielschulden in einer finanziell tristen Situation, hatte 9.000 Euro vom Drittangeklagten erhalten - die "großen" Summen seien damit also nicht verdient worden, hielt Richterin Krapfenbauer fest. Auch Verteidiger Rudolf Mayer betonte, dass sein unbescholtener Mandant keinesfalls mit hoher krimineller Energie ausgestattet sei und sich auch nicht bereichert habe. Er habe sich von seiner Schwester erweichen lassen, in die jeweils zum Abtransport zur Entsorgung anstehenden Kartons zu greifen und Kokain beiseitezuschaffen.

Das war relativ einfach, wie die Oberstaatsanwältin ausführte: Die beschlagnahmten Drogen wurden in Kisten gesammelt und nach dem jeweiligem Verfahrenabschluss in Kartons mit der Beschriftung "An die Entsorgung in Wien-Simmering" deponiert. Allerdings erfolgte vor der tatsächlichen Verbrennung kein Abgleich mehr: Niemand sah noch einmal nach, was sich in den Schachteln befand, aus denen der Erstangeklagte vor dem Abtransport Kokain genommen hatte.

Die vier Kilogramm Kokain werden jetzt übrigens wirklich verbrannt, betonte Richterin Krapfenbauer nach der Urteilsverkündung.

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