Eine Million Pilger

Papst Johannes Paul II. in Rom seliggesprochen

Ausland
01.05.2011 18:55
Nur sechs Jahre nach seinem Tod ist Johannes Paul II. offiziell zur Ehre der Altäre erhoben worden. Papst Benedikt XVI. hat seinen Vorgänger im Amt am Sonntagvormittag im Rahmen einer Festmesse auf dem Petersplatz in Rom seliggesprochen. Die Feier wurde laut Angaben der Polizei von rund einer Million Menschen verfolgt. Unter tosendem Applaus wurde anschließend ein Bild des neuen Seligen an der Fassade des Petersdoms enthüllt.

Im Anschluss wurde eine Blutreliquie des neuen Seligen in einem wertvollen Behälter zum Papstaltar gebracht. Getragen wurde sie von der polnischen Schwester Tobiana, die Johannes Paul II. viele Jahre als Haushälterin und Krankenschwester betreute, sowie von der französischen Ordensfrau Marie Simon-Pierre Normand. Ihre medizinisch nicht erklärliche Heilung von der Parkinson-Krankheit war vom Vatikan als "Wunder" auf Fürsprache von Johannes Paul II. anerkannt worden. Das Blut war in der letzten Lebensphase des Wojtyla-Papstes von den Ärzten für den Fall einer eventuellen Transfusion abgenommen, dann aber nicht mehr benutzt worden.

Zur Zeremonie trug Benedikt XVI. Paramente seines Vorgängers. Sowohl das Messgewand wie auch die Mitra waren häufig von Johannes Paul II. bei liturgischen Feiern benutzt worden. Außerdem feierte er die Messe mit dem Kelch des neuen Seligen. Konzelebranten bei der Festmesse waren neben den anwesenden Kardinälen auch die beiden Privatsekretäre des Wojtyla-Papstes: Stanislaw Dziwisz, heute Kardinal in Krakau, und Mieczyslaw Mokrzycki, der Erzbischof von Lemberg.

Als Festtag bestimmte Benedikt XVI. nach den Normen des Kirchenrechts den 22. Oktober, den Jahrestag des Amtsantritts des Wojtyla-Papstes im Jahr 1978. Zuvor hatte Roms Kardinalvikar Agostino Vallini den Papst nochmals um die Seligsprechung des polnischen Papstes gebeten und dessen Lebenslauf verlesen.

Vatikan von Pilgerzahl überrascht
Der Vatikan war von der gewaltigen Anzahl von Pilgern beeindruckt, die ab dem frühen Sonntagmorgen in Richtung Petersplatz geströmt war. Zehntausende Menschen, die wegen des Andrangs den Petersplatz nicht erreichen konnten, versammelten sich vor den 14 großen Bildschirmen, die in der Innenstadt für die Seligsprechung aufgestellt wurden.

Aus Österreich waren neben Kardinal Christoph Schönborn die Diözesanbischöfe Egon Kapellari (Graz) und Ludwig Schwarz (Linz) nach Rom angereist. Zur Seligsprechungsmesse kamen auch 16 Staatsoberhäupter, sechs Regierungschefs, zahlreiche Minister und 87 offizielle Delegationen. Unter den Staatsoberhäuptern waren der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano sowie die Präsidenten Polens und Mexikos, Bronislaw Komorowski und Felipe Calderon. Die politische Abordnung aus Österreich bestand u.a. aus dem Zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer und dem österreichischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Alfons Kloss. Die Delegationen verfolgten die Messe von einer Tribüne neben dem Altar aus, der auf dem Petersplatz aufgebaut war.

Die Feiern zur Seligsprechung begannen offiziell bereits am Samstagabend um 20 Uhr mit einer von der Diözese Rom organisierten Gebetswache im Circus Maximus, die Papst Benedikt XVI. per Video-Schaltung von seiner Wohnung aus verfolgte.

Sarg und blutiges Hemd von Agca-Attentat ausgestellt
Nach der Zeremonie zogen Staatsgäste und Pilger zum Sarg von Johannes Paul II. im Petersdom. Der Sarg mit den sterblichen Überresten des Papstes wurde bereits am Freitag in einer kleinen Zeremonie aus der dortigen Krypta getragen und am Sonntag in der Basilika aufgestellt.

Die Pilger konnten am Wochenende auch das Hemd von Johannes Paul II. besichtigen, das dieser beim versuchten Anschlag auf sein Leben durch Mehmet Ali Agca 1981 getragen hatte. Es war in der Kapelle eines Klosters nahe der italienischen Hauptstadt ausgestellt.

Der im vergangenen Jahr freigelassene Agca zeigte über die Seligsprechung "sehr glücklich". "Ich hätte gern persönlich an der Seligsprechung meines geliebten Bruders Johannes Paul II. teilnehmen wollen, doch die italienische Regierung hat mir nicht die Genehmigung gegeben, nach Rom zu reisen", so Agca zur italienischen Agentur ANSA.

Diktator Mugabe wohnt als Staatsgast bei
Für besondere Aufregung sorgte ein umstrittener Gast des Vatikans: Trotz eines EU-Einreiseverbots durfte der simbabwesische Präsident Robert Mugabe zur Seligsprechung in den Vatikan kommen und konnte am Samstag mit seiner Frau Grace am römischen Flughafen Fiumicino ungehindert die Einreisekontrolle passieren.

Ausnahmen in den EU-Regeln erlaubten dem wegen Menschenrechtsverletzungen kritisierten Diktators, nach seiner Landung in Rom in den Vatikan weiterzureisen. Simbabwe sei ein Staat, mit dem der Heilige Stuhl diplomatische Beziehungen unterhalte, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Mugabes Kommen müsse deshalb nicht verheimlicht werden.

Der Vatikan ist ein souveräner Staat und nicht Teil der EU. Das EU-Einreiseverbot gegen Mugabe gilt seit 2002. Der umstrittene Staatschef war dennoch bereits 2005 zur Beerdigung von Johannes Paul II. durch Rom in den dort liegenden Vatikanstaat gereist. Bei diesem Besuch sorgte ein Händedruck des britischen Prinzen Charles für eine Kontroverse mit Mugabe. Drei Jahre später reiste Mugabe zu einem Gipfel der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation nach Rom.

Polizei-Großaufgebot und Luftraum-Sperre
Die Seligsprechung sorgte für umfangreiche Sondermaßnahmen in Rom. Ab Mitternacht galt ein weiträumiges Fahr- und Parkverbot. Um den Transport der Pilger zu gewährleisten, fuhren römische U-Bahnen und Busse außerplanmäßig bis zwei Uhr nachts und nahmen den Verkehr nach einer zweistündigen Pause um vier Uhr früh wieder auf. Für Reisebusse standen gut 5.000 Parkplätze in Rom zur Verfügung. Zur Erfrischung der Gäste wurden rund eine Million Wasserflaschen verteilt werden.

Aus Sicherheitsgründen war am Sonntag von 5.00 bis 16.00 Uhr der Luftraum über Italiens Hauptstadt geschlossen. Der römische Flughafen Ciampino war von 13 bis 17 Uhr gesperrt. Hunderte Polizisten und Soldaten wachten über die Sicherheit der Pilger und der Persönlichkeiten aus aller Welt. Nach Angaben des Innenministeriums wurden die Sicherheitsmaßnahmen mit dem Vatikan abgesprochen. Auch die Krankenhäuser waren in Alarmbereitschaft. Mediziner und Pflegekräfte wurden aus dem Urlaub zurückberufen.

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