Beschluss in Graz

Spar-Doppelbudget vom Landtag durchgewinkt

Steiermark
27.04.2011 21:04
Der steirische Landtag hat am späten Mittwochnachmittag nach streckenweise turbulenter Debatte das Spar-Doppelbudget 2011/2012 mit Mehrheit (41 zu 11 Stimmen) beschlossen. Gegen den Haushalt und die damit verbundenen Kürzungen stimmten die Oppositionsparteien KPÖ und Grüne sowie die FPÖ. Drei der Gewerkschaftsfraktion zuzurechnende SPÖ-Abgeordnete verließen während der Abstimmung den Raum.

Der Doppelhaushalt 2011 und 2012 sieht 644 bzw. 908 Millionen Euro an Einsparungen im rund fünf Milliarden Euro schweren Landesbudget vor. Laut Finanzlandesrätin Bettina Vollath (SPÖ) gehe es zunächst um das Abfangen des vorübergehenden Rückgangs an Ertragsanteilen - diese würden erst 2013 wieder das Niveau von 2008 erreichen.

Zudem habe man in den vergangenen zehn Jahren die steigenden Ausgaben durch 6,8 Milliarden Euro an Einmaleffekten wettgemacht, ohne strukturell etwas an der Ausgabenseite zu ändern. Dies habe dazu geführt, dass - trotz öfter ausgeglichener Haushalte - das strukturelle Defizit gewachsen sei. In den Budgets 2011 und 2012 sind noch Einmaleffekte von 168 und 92 Millionen Euro enthalten, die über den Verkauf von Wohnbau- und Sanierungsdarlehen lukriert werden sollen. Zum Vergleich: Im Budget 2010 betrug dieser Posten 722 Millionen Euro, eingespielt durch die Immobilientransaktion der Spitalsliegenschaften.

1,5 Milliarden Euro Einsparungsvolumen
Von den zusammen rund 1,5 Milliarden Euro Einsparungsvolumen für 2011/2012 entfallen - neben den Einmaleffekten - auf abgefangene Valorisierungen 211 bzw. 183 Millionen Euro, auf strukturelle Einsparungen 185 bzw. 476 Millionen Euro, dazu kommen 2011 Mehreinnahmen aus Bundesertragsanteilen von 80 Millionen Euro. Bleibt noch eine Nettoneuverschuldung von 425 bzw. 381 Millionen Euro, die dazu führen wird, dass die Gesamtverschuldung statt - bei Fortschreibung bis 2012 - auf vier nunmehr auf 2,45 (2010: 1,65) Milliarden Euro wachsen.

Vollath: "Vieles schmerzvoll"
In ihrem Schlusswort räumte Finanzlandesrätin Vollath ein, dass "vieles schmerzvoll" und dass das strukturelle Defizit vergangener Budgets "sehr problematisch" gewesen sei. Sie zeigte sich aber auch enttäuscht von der Opposition, die "kein sinnvolles neues Argument" vorgebracht habe. Die Debatte sei "von argumentativem Vakuum" und "unseriösen Vorschlägen" geprägt gewesen. Die Wortwahl von "Grauslichkeiten" bis zum "Rückfall ins Mittelalter" wären "Polit-Bashing" und kein guter Dienst an der Demokratie. Denn, so Vollath: "Wir tun das, was zu tun ist, um zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen."

KPÖ: "Beginn der Zerschlagung des Sozialsystems"
Gekennzeichnet war die Debatte vor dem Beschluss im Landtag bis in den frühen Nachmittag von den Generalrednern aller Parteien, den Stellungnahmen von Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und LHStv. Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Die folgenden Wechselreden blieben so gut wie ohne SPÖ- und ÖVP-Beteiligung, dieser Teil wurde von FPÖ, KPÖ und Grünen nahezu im Alleingang bestritten.

Den Auftakt machte KPÖ-Klubchefin Claudia Klimt-Weithaler: "Dies ist ein besonderer Tag und ein besonderes Budget, leider im negativen Sinn." Noch nie sei über einen Haushalt im Vorfeld so viel diskutiert und protestiert worden wie über diesen. "Reform hatte in der Steiermark auch einmal eine positive Bedeutung", so Klimt-Weithaler, hier bezeichne das Wort ein Belastungspaket, das von den beiden großen Regierungsparteien schöngeredet werde. "Dies ist der Beginn der Zerschlagung des Sozialsystems - mithilfe der SPÖ gelingt das, was der ÖVP in 60 Jahren nicht gelungen ist."

FPÖ: "Nur Kosmetik"
FPÖ-Klubchef Georg Mayer erklärte, was jetzt passiere, sei nur Kosmetik, eine Trendumkehr in der Budgetfrage könne nur über echte Reformen funktionieren. Die SPÖ habe am Dienstag gegen sich selbst demonstriert, so der freiheitliche Klubchef in Anspielung auf die Demo von ÖGB und "Plattform 25" in der Grazer Innenstadt (siehe Infobox). FPÖ-Landesrat Gerhard Kurzmann warf SPÖ und ÖVP vor, diese reparierten "eine Rekordschuld, die sie selbst von 2005 bis 2010 angerichtet haben. Die Beschwörung der großkoalitionären Einheitspartei als Reformpartnerschaft ist schönfärberisch, die Sicht der Bevölkerung ist eine andere. Die FPÖ wird dem Budget nicht zustimmen".

Grünen-Klubobfrau Ingrid Lechner-Sonnek sprach davon, dass sich die selbst ernannte Reformpartnerschaft nur an Wahlzyklen orientiere: "Vor der letzten Landtagswahl wird darüber gestritten, wer mehr Anteil am Gratis-Kindergarten hat - nach der Wahl wird er wieder abgeschafft. Gleich sei es beim Pflege-Regress. Vor der Wahl habe Voves getrommelt, dass die Reichen zahlen müssen - nach der Wahl werden die Familien und die Schwächsten der Gesellschaft zur Kassa gebeten." Im Gegenteil führten SPÖ und ÖVP im Behinderten-, Sozial-, Bildungs- und Kulturbereich einen Kahlschlag durch, während "Schotterbarone, die Spielautomatenbesitzer und die Einkaufszentrenbesitzer unangetastet bleiben", so die Grüne Klubobfrau.

ÖVP-Klubchef Drexler: "Nicht aus Jux und Tollerei"
ÖVP-Klubchef Christopher Drexler erklärte: "Wir machen nicht aus Jux und Tollerei so ein Budget, um die Leute zu ärgern. Alle Ressorts brachten Beiträge zur Konsolidierung, zuletzt bekam man den Eindruck, dass einzig und allein in Kultur, Behinderten- und Jugendwohlfahrtbereich eingespart wird." Sein SPÖ-Kollege Walter Kröpfl stieß ins selbe Horn: "Wir haben gesehen, was auf das Land zugekommen wäre, wir mussten handeln."

Drexler warnte davor, was passiert wäre, wenn man nichts getan hätte: "In wenigen Jahren wären dann solche Proteste tatsächlich gerechtfertigt, wie ihr sie jetzt inszeniert", so der Klubchef in Richtung KPÖ und Grüne. "Wir sind nicht von destruktiver Energie zerfressen, wie Sie glauben, sehen wir auf die Zahlen. Der Rechnungsabschluss 2005 sah im Sozialressort rund 159 Millionen Euro vor, 2011 waren es schon 360 Millionen Euro. Wenn man sich angesichts dieser Zahlen hinstellt und Ängste schürt, dann ist diese Oppositionspolitik im Grunde verantwortungslos und ein politischer Skandal."

Pfiffe von der Zuschauergalerie
Als Drexler von Voves und Schützenhöfer als einer Allianz der Vernunft sprach, setzte es Pfiffe von der Zuschauergalerie, worauf wiederum der Landtagspräsident Ruhe einmahnen musste. SPÖ-Klubchef Walter Kröpfl sagte, bei Grünen und KPÖ wundere ihn mangelnde Zustimmung nicht: "Ihr hättet immer noch ein höheres Budgetdefizit gemacht." In Richtung FPÖ-Kritik meinte er, erstens beziehe diese auch Parteienförderung, zweitens saniere man mit einer Streichung kein Budget. Zu Zwischenrufen räumte Kröpfl ein, für Aktientransaktionssteuern, Vermögenssteuern usw. brauche man Mehrheiten, außerdem liege das Meiste in der Kompetenz des Bundes und darüber hinaus auf europäischer Ebene.

Voves: "Nach wie vor soziale Gerechtigkeit im Lande"
Landehauptmann Voves zeigte sich sehr emotional: "Wir sparen in vielen Bereich bis zu 25 Prozent, der Sozialbereich ist 2011 um 18 Millionen Euro höher, warum sagen Sie das den Menschen nicht?", meinte er in Richtung Opposition. Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ) werde es bei den angekündigten Einsprüchen von Betroffenen engagiert anlegen. Aber man dürfe in diesen Bereichen 17 Prozent Kostensteigerung nicht außer Acht lassen. Hinsichtlich möglicher Landeseinnahmen wie Nahverkehrsabgabe "fehlen uns noch einige Attraktivierungsschritte, aber die Diskussion wird kommen, wenn es sinnvoll ist", so Voves. "Glauben Sie mir: Wir haben hier ein Doppelbudget vorgelegt, im Wissen, dass es nach wie vor soziale Gerechtigkeit im Lande gibt."

Schützenhöfer: "Gibt keinen sozialen Kahlschlag"
Sein Stellvertreter Schützenhöfer bezog sich auf "Reformpartner" Voves: "Wir zwei wissen schon, das es leichter ist, Zuwächse als Lasten zu verteilen und sozial gerecht zu bleiben. Es gibt keinen sozialen Kahlschlag, das ist entschieden zurückzuweisen. Es wird nicht gekürzt, wir sind auch neue Schulden eingegangen, um die soziale Sicherheit zu gewähren. Wenn wir KPÖ und Grünen folgen würden, dann kommt es zur Explosion des Sozialstaates und dann würden wirklich alle Schwachen die Zeche zahlen müssen." Man habe eine Senkung der Kosten im Personalbereich erreicht, was es in keinem Bundesland sonst gebe. Der Gratis-Kindergarten werde nur für die abgeschafft, die es sich leisten können. Schützenhzum Umsetzen. Die Arbeit beginnt jetzt erst."

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