Präsident entschied
Ausnahmezustand in Syrien nach 48 Jahren aufgehoben
Das staatliche Fernsehen übertrug die Unterzeichnung des Gesetzes zur Aufhebung des Ausnahmezustandes live, sodass sich jeder Bürger selbst davon überzeugen konnte. Die Verordnungen müssen dagegen noch im Amtsblatt veröffentlicht werden, wie die Nachrichtenagentur Sana berichtete. Assad hatte den Schritt bereits mehrmals angekündigt und damit auf die anhaltenden Proteste gegen seine Herrschaft reagiert. Außerdem stellte der seit elf Jahren amtierende Staatschef weitere Reformen in Aussicht, ohne jedoch die Demonstrations-Bewegung stoppen zu können.
Assad kommt mit den Änderungen zwar einigen zentralen Forderungen der Demonstranten entgegen, da aber die Sicherheitskräfte bei der Niederschlagung der Proteste Dutzende Bürger getötet hatten, haben sich deren Forderungen inzwischen radikalisiert. Am Freitag wollen deshalb - trotz des Dekrets des Präsidenten - erneut Tausende Syrer auf die Straße gehen, um den Rücktritt Assads und einen Regimewechsel zu verlangen.
Opposition kritisiert fehlende Unabhängigkeit der Justiz
Die Opposition nannte die Entscheidung des Staatschefs unnütz, weil die Befugnisse der allmächtigen Staatssicherheit nicht beschnitten würden und es keine unabhängige Justiz gebe. Der prominente Oppositionelle Haitham al-Maleh kritisierte, der Sicherheitsapparat sei unverändert dem Gesetz entzogen. "Das Problem liegt darin, dass die herrschende Elite und die Sicherheit die Justiz im Griff haben und andere Bestimmungen die Sicherheitskräfte nicht an Recht und Gesetz binden", sagte der 80-jährige Anwalt und frühere Richter, der viele Jahre seines Berufslebens dem Kampf gegen das vor 48 Jahren von der Baath-Partei Assads in Kraft gesetzte Notstandsrechts gewidmet hatte.
Früherer Politiker sieht baldiges Ende der Präsidenten-Ära
Der 2005 ins Ausland geflohene frühere Vizepräsident Abdel Halim Chaddam zeigte sich vom Erfolg der Demokratiebewegung überzeugt. Die Demonstrationen würden letztlich zum Sturz Assads führen, sagte Chaddam der ägyptischen Zeitung "Al-Schoruk". Die syrische Armee werde dem Staatschef am Ende die Unterstützung verweigern und damit den von Assad und seiner Familie geschürten religiösen Streit beenden. Assad gehört der Minderheit der Alawiten an, die im mehrheitlich von Sunniten bewohnten Syrien an den Schalthebeln der Macht sitzt.
Assad umging Parlament
Die Regierung hatte die Aufhebung des Ausnahmezustands sowie die beiden anderen Neuerungen am Dienstag beschlossen. Eigentlich sollte das Parlament Anfang Mai die Änderungen verabschieden. Die Zeitung "El Watan" hatte bereits berichtet, Assad werde das Parlament vermutlich umgehen.
Das seit 1963 geltende Notstandsgesetz setzte die meisten Bürgerrechte außer Kraft, darunter die Versammlungs- und die Bewegungsfreiheit. Zudem erlaubte das Gesetz die Festnahme "jedes Menschen, der eine Gefahr für die Sicherheit des Landes darstellt".
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