Untreue-Vorwürfe

“Martin und Martin” spucken weiter Gift und Galle

Österreich
20.04.2011 14:51
Der erbitterte Streit zwischen den EU-Abgeordneten Hans-Peter Martin und Martin Ehrenhauser geht in die nächste Runde. In einem dreiseitigen Statement hat H.-P. Martin am Mittwoch sämtliche Vorwürfe seines einstigen Mitstreiters erneut zurückgewiesen und etwas Einblick in seine Finanzen gewährt. Ehrenhauser, den er nur noch "M.Ehrenhauser" nennt, wirft er vor, persönliche Untergriffe wider besseres Wissen forciert zu haben.

Ehrenhauser ist am Wochenende aus der Liste Martin ausgetreten und ging mit dem "dringenden Verdacht" an Staatsanwaltschaft und Öffentlichkeit, dass sein Ex-Chef "mindestens eine Million Euro Steuergelder" aus den Wahlkampfrückerstattungskosten abgezweigt habe. Er berief sich dabei auf ihm "zugespielte" Dokumente, die teilweise im Nachrichtenmagazin "profil" veröffentlicht wurden.

Am Mittwoch berichtete "News" - ebenfalls aus den besagten Ehrenhauser-Unterlagen, die dieser jetzt offenbar nach und nach filetiert - wonach Martin der Partei eine Viertelmillion Euro für Mietzahlungen in seinen Eigentumswohnungen verrechnet habe.

HPM: "Ehrenhauser will Macht übernehmen"
H.-P. Martin hält in seiner umfangreichen Stellungnahme dagegen. Ehrenhauser kenne die "wesentlichen Originalunterlagen" und "tatsächlichen Rechnungen" nicht, kontert der EU-Abgeordnete. Die "endgültige, tatsächlich durch die amtlichen Prüfer herangezogene Abrechnung" weiche in "wesentlichen Punkten" davon ab.

"Hätte er mir je seine Unterlagen gezeigt, statt sie in vielmonatiger Kleinarbeit hinter meinem Rücken aufzuarbeiten, so hätte ich ihn schnell aufklären können", meint Martin. Stattdessen habe "M.Ehrenhauser" etwas ganz anderes gewollt, nämlich die Macht über die "Liste Martin" zu übernehmen.

Überweisungen sollen Gegenverrechnungen sein
Zum Vorwurf, die erstatteten Wahlkampfkosten würden nicht zur Martin-Parole, die EU-Kamapagne habe nur 500.000 Euro gekostet, passen, entgegnet Martin seinem ehemaligen Mitstreiter Ehrenhauser:

  • "Entgegen seiner Behauptung und entgegen einem allgemeinen Missverständnis ist dieser Kostenbeitrag keineswegs nur für die relativ kurze Intensivphase eines Wahlkampfes verwendbar. Vielmehr kann er in Wirklichkeit über die Jahre hinweg für die verschiedensten Tätigkeiten und Ausgaben der 'Liste Martin' genutzt werden. Es geht also nicht um die immer wieder zitierten 500.000 Euro (die allein für Plakate und deren Nebenkosten in der heißen Phase des EU-Wahlkampfs 2009 ausgegeben wurden), sondern um die Finanzierung der 'Liste Martin' in Österreich über die Jahre hinweg."

Zu den diversen Vorwürfen, er habe Geld in seine Firma bzw. auf seine Privatkonten fließen lassen, sagt Martin:

  • "So wie der ÖGB einen 'Streikfonds' braucht, so gibt es im Kleinen für die 'Liste Martin' einen 'Aktivitäten-Fonds', der in den Jahren vor den jeweils nächsten Wahlgängen für neue investigative Recherchen, für politische Aktivitäten, Anwaltskosten, etc. genutzt wird. Da diese Mittel dann im jeweiligen Intensivwahlkampf nicht ausreichen, schieße ich in dieser Phase noch Gelder aus meinem privaten Vermögen hinzu und nehme Kredite auf. Als Verrechnungsstelle diente in den vergangenen Jahren das Konto meiner Firma Global Informations GmbH. Nur ich allein habe bisher in allen Wahlkämpfen der 'Liste Martin' das gesamte finanzielle Risiko getragen."

Zu den angeblich überhöhten Mietverrechnungen für die von ihm der Partei zur Verfügung gestellten Büros in Wien:

  • "Dem Parteiengesetz entsprechend erhielt ich von der 'Liste Martin' als Kostenersatz und Aufwandsentschädigung die entsprechenden Mittel aus dem Wahlwerbungs-Kostenbeitrag auf mein privates Konto. Hinzu kommen Mieteinnahmen aus zwei meiner Büros in Österreich, deren Miete unter dem marktüblichen Preis liegt, wie die amtlichen Prüfer selbst festgestellt haben. Diese Überweisungen verwende ich - bei den Mieten nach dem Abzug der Einkommenssteuer und realen Betriebskosten - nur zum geringen Teil für bei der rechtlich vorgesehenen Kostenersatzfinanzierung für mich selbst, sondern für die Vorfinanzierung künftiger Wahlgänge."

Streit um Haus, weil tumoroperierte Frau Ruhe brauchte
Abschließend geht Martin erneut auf den Vorwurf ein, er habe Architekten- und Anwaltskosten in Bezug auf sein Haus in Tübingen der Partei verrechnet. Der Liste private Kosten aufgebürdet zu haben, bestreitet Martin weiterhin. Dass Ehrenhauser via "profil" den Rechtsstreit mit einem Mieter, bei dem Martins Anwalt von einer "Zermürbungstaktik" sprach, zur Sprache brachte, hält er dem ehemaligen Mitstreiter persönlich vor:

  • "Abstoßend ist dabei vor allem, dass M.Ehrenhauser die wahren Hintergründe kennt, in den ihm zugänglichen privaten E-Mails auch nachlesen kann, aber verschweigt: Dieses Haus habe ich für meine tumoroperierte Frau als Ruhepol erworben, der dann durch die Mieter mit zwei pubertierenden Jugendlichen zumeist wöchentlich rücksichtslos bis tief in die Nacht so gestört wurde, sodass meine Frau schon nach wenigen Monaten wieder ausziehen wollte. Dass der ehemalige Mieter nun noch massiv falsche Angaben macht, tut ein Übriges."

Seine Stellungnahme schließt Martin mit einer Ankündigung. Er werde auf seiner Website einen "Ausgaben-Ticker" bereitstellen, mit dem seine Wähler die Parteifinanzen dann verfolgen können.

Ehrenhauser fordert weitere Offenlegungen
Ehrenhauser nahm die Stellungnahme Martins am Mittwoch insofern zur Kenntnis, dass er per Aussendung weitere Offenlegungen von seinem Ex-Mentor fordert. Martin müsse nun "Standort und Zweck" für seine "geheimen" Wohnungen bzw. Büros nennen und auch die Finanzen seiner Firma Global Informations GmbH offenlegen.

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