Porträt

Sebastian Kurz: Ein junger “Geiler” wird Staatssekretär

Österreich
19.04.2011 15:06
"Nach 'Im Zentrum' und sehr spannenden Gesprächen danach wieder zu Hause angekommen..." Solche Sätze posten nicht viele 24-Jährige auf ihren Social-Network-Profilen. Zumal der erste Integrationsstaatssekretär der Republik, Sebastian Kurz, vor wenigen Monaten noch mit Sätzen wie "Schwarz macht geil" und einem "Geil-o-Mobil" für den Wien-Wahlkampf 2010 Schlagzeilen gemacht hat. Integrationspolitisch hat er bisher nur einmal Aufsehen erregt: Kurz schlug im September vergangenen Jahres vor, Imame in muslimischen Gebetshäusern und Moscheen verpflichtend auf Deutsch predigen zu lassen.

Mit dem "Geil-o-Mobil", einem Hummer, kurvte der 1986 geborene Jus-Student nicht lange durch den Wiener Wahlkampf. Wohl den Ruf nach höheren Ämtern schon im Anklingen vernehmend, versuchte Kurz bald nach dem Urnengang, alles potenziell Lächerliche oder Unsympathische aus seinem Image rauszubügeln. Das YouTube-Video vom "Schwarz macht geil"-Kampagnenauftakt im Wiener "Moulin Rouge", bei dem hübsche Mädels "Geil-Macher-Gummis", also schwarze Kondome, verteilten, sorgte nicht nur bei den anderen Parteien für Kopfschütteln.

In den Fotoalben der Facebook-Seite der Jungen ÖVP findet man Kurz nur bei den eher staatstragenden Aktionen wie dem "Amtsschimmel-Reiten" vor dem Wiener Rathaus abgebildet oder als er vergangenes Jahr Vizekanzler Pröll und Innenministerin Fekter zu einem "Kurz-Gespräch" in die Diskothek U4 lud. Die feuchtfröhliche "Fête blanche" der JVP Wien hat er - zumindest auf den Bildern - ebenso geschwänzt wie das "JVP Oktoberfest". Bloß die JVP Burgenland zeigt ihren Ober-Boss im Internet beim Schnapseln.

Steile Karriere dank Jugendbonus
Sebastian Kurz wurde am 27. August 1986 in Wien geboren. Zur Schule ging er im Gymnasium Erlgasse in seinem Heimatbezirk Wien-Meidling, wobei für Kurz eher Schönbrunn als Meidling zutrifft. Seine politische Laufbahn begann er 2002 bei der Jungen ÖVP Wien, 2006 wurde er Bezirksobmann der JVP Innere Stadt, 2008 Landesobmann. Ab da ging es steil bergauf. Für die Wiener ÖVP kandidierte er bei der Nationalratswahl 2008 auf dem (noch aussichtslosen) zehnten Listenplatz. 2009 überließ ihm dann Silvia Fuhrmann den Bundesvorsitz der JVP. Bei der Wiener ÖVP wurde der junge Politiker abermals voll in den Wahlkampf eingespannt, zum stellvertretenden Parteichef ernannt und auf Platz drei der Liste gereiht, womit er nach dem Urnengang im Herbst 2010 in den Gemeinderat einzog. Als JVP-Chef gehört Kurz auch dem ÖVP-Bundesvorstand an und nimmt an den Sitzungen teil.

Sein wohl erfolgreichstes Thema war die Wiener Nacht-U-Bahn - wiederum "geil" mit dem Slogan "24 h Verkehr in Wien" beworben -, die von der SPÖ nach einer positiven Volksbefragung dazu auch tatsächlich umgesetzt wurde. Sein Projekt einer Magnetschwebebahn für die Wiener Außenbezirke dürfte hingegen in den nächsten Jahrzehnten nicht ins Realisierungsstadium kommen.

"Der politische Schwerpunkt von Sebastian Kurz liegt in der Jugendpolitik. Mit peppigen Kampagnen und frischen Themen möchte er sich für die Anliegen junger Menschen einsetzen und deren Interesse an der Politik wecken", heißt es im Standardtext zu Kurz auf diversen ÖVP-Websites. Tatsächlich ist der 24-Jährige während des Wahlkampfs und auch danach beständig und mit Kalkül aus seinem kleinen Pool an Jugendthemen hinausgeschwommen.

Schlagzeilen mit Sagern zu Islam und Pensionssystem
Im Wien-Wahlkampf griff er für Parteichefin Christine Marek das Thema Islam auf und forderte Predigten aller Imame in Österreich auf Deutsch. Wenige Tage später legte er nach und schlug vor, nur Imame mit österreichischem Hintergrund in Moscheen und Gebetshäusern zuzulassen. Die Forderung war sorgfältig in eine pro-integrative Botschaft verschnürt: "Österreichische Muslime sollten die Hoheit über die Gebetshäuser in Österreich haben", sagte Kurz.

Vom SPÖ-Gemeinderat Omar Al-Rawi kassierte er trotzdem eine Belehrung und einen Nachhilfekurs in Sachen Realzustände: Erstens gebe es auch viele ausländische Pfarrer in Österreich, deren Loyalität niemand infrage stellen würde, zweitens fehle für die von Kurz geforderte Ausbildung von Imamen in Österreich die entsprechende Theologische Fakultät für Muslime - die aber auch Muslime schon länger fordern. Al-Rawi, der auch Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft ist, meinte am Dienstag, er wolle Kurz eine Chance geben, "gute Konzepte zu liefern", und bot ihm ein "offenes Gespräch" an.

Einen zweiten, größeren Auftritt landete Sebastian Kurz, als er sich zum Pensionssystem äußerte und sich dabei mit den "Elder Statesmen" der Volkspartei, allen voran Andreas Khol, in die Wolle geriet. "Wir wollen nicht, dass mehr Geld in ein kaputtes System gepumpt wird", sagte Kurz zum Thema Pensionserhöhungen und sprach von einem "faktischen Antrittsalter in Richtung 65 Jahre". Khol reagierte verschnupft und wies den Jungen forsch zurecht.

Mehr Orden für die Jugend
Seine letzte politische Initiative, die es in die Medien schaffte, startete Kurz am 31. März dieses Jahres. Er sprach sich bei einer Fragestunde im Wiener Gemeinderat gegen das Mindestalter von 50 Jahren bei Auszeichnungen für Bezirksräte aus, denn es gäbe dort so viele engagierte Jungpolitiker, deren Ehrung nicht möglich sei. Bürgermeister Michael Häupl erinnerte an den 1. April, las dann aber Kurz' Anfrage im Gemeinderat extra ein weiteres Mal vor, damit die "Tiefgründigkeit" seiner Beantwortung nachzuvollziehen sei. Auch die Wiener Grünen und die FPÖ belustigte die Anfrage. Kurz beharrte trotzdem darauf, es sei eine "Altersdiskriminierung", dass es für Jungpolitiker auf Bezirksebene keine Orden gebe.

In seinem neuen 14.688-Euro-Job sind die Aussichten da schon besser: Als Staatssekretär bekommt man das Große Silberne Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich nach drei Jahren automatisch. Die Legislaturperiode der Regierung Faymann endet zwar 2013, im Fall des Falles können Ehrenzeichen aber jederzeit per Ministerratsbeschluss verliehen werden...

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