Stress und Konflikte

So mörderisch kann der Job der Politiker sein

Österreich
16.04.2011 19:46
Plötzlich akute Atemnot, schier unfassbare Schmerzen in der Brust, ein flacher, schneller Puls, Schweißausbrüche, Todesangst: Nicht wenige österreichische Politiker mussten derart dramatische Minuten bereits miterleben. Minuten, die meist das Karriere-Ende bedeuten – wie jetzt bei Josef Pröll. Der erst 42-jährige Spitzenpolitiker gab den Job auf, viele andere seiner Kollegen machten weiter. Manche zu lange.

Bereits Julius Raab (1891 bis 1964) hat während seiner Kanzlerschaft einen Schlaganfall erlitten (1957). Er machte einfach weiter. Nur kurz nach seiner Kandidatur für das Bundespräsidentenamt (im Jahr 1963) starb der Mitbegründer der ÖVP.

Oder Bruno Kreisky (1911 bis 1990): Bluthochdruck oder Diabetes-Erkrankung wurden im Polit-Stress fast ignoriert – und natürlich nicht besser. Im Dezember 1979 kam ein Gefäßverschluss im Auge dazu. Für Kreisky nur Anlass, auch dafür Hannes Androsch die Schuld zu geben: Sein Ärger über die (angebliche) Betrunkenheit Androschs bei einem Empfang hätte zur Erblindung geführt Kurz nach seiner aktiven Zeit als Politiker erlitt Kreisky mehrere Schlaganfälle (1986 bis 1988).

Klestil blieb trotz Krankheit im Amt
Bereits schwer erkrankt blieb auch Thomas Klestil (1932 bis 2004) im Amt: Seit 1996 kämpfte er gegen eine Autoimmunerkrankung. Am 15. November 1996 musste er nach einer Lungenembolie zehn Tage im AKH behandelt werden. Klestil kandidierte dennoch für eine zweite Amtszeit. Und starb nur zwei Tage vor dem Ausscheiden aus dem Amt am 6. Juli 2004 nach zwei Herzinfarkten.

Wie brutal der Polit-Job ist, wissen auch Rudolf Edlinger und Viktor Klima: Der Ex-Finanzminister hat seinen Herzinfarkt während der Amtszeit geheim gehalten, sein damaliger Kanzler litt im Wahlkampf 1999 an Lungenentzündung.

Reichhold nur 40 Tage als FPÖ-Chef im Amt
Und Mathias Reichhold war aus gesundheitlichen Gründen nur 40 Tage FPÖ-Chef: Herzrhythmus-Störungen beendeten promptest seine Polit-Karriere. „Die Politiker glauben einfach, ohne sie geht’s nicht. Das erzeugt natürlich ungeheuren Druck“, warnt Univ.Prof. Dr. Siegfried Kasper, der am AKH das Institut für Psychiatrie und Psychotherapie leitet. Neben dieser – rein subjektiven – Meinung, „nicht austauschbar zu sein“, belasten laut Gesundheitspsychologen noch weitere Faktoren massiv die Darsteller im täglichen Polit-Theater: Dauerstress, fremdbestimmte Zeiteinteilung, viel zu viele Konflikte (und rare Erfolgserlebnisse), die Intrigen, die Dauerbeobachtung durch die Öffentlichkeit und die aus all dem resultierenden privaten Beziehungsprobleme.

„Kein anderer Beruf macht persönliches Scheitern so bitter“, schrieb kürzlich „Die Welt“. Und: „Das öffentliche Dasein bringt Inhaber politischer Spitzenämter schnell in Gefahr. Die erzwungene Selbstkontrolle steht psychologisch im Widerspruch zu Vitalität und Kreativität.“

Josef Pröll hat mit seiner Bitte vielleicht recht: Ja, die Politiker verdienen vermutlich mehr Respekt. Für ein besseres Zeitmanagement müssten sie selbst sorgen.

von Richard Schmitt, Kronen Zeitung

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