Rebellen beliefert?

Libyen: Erbitterter Krieg mit Waffen aus Europa

Ausland
14.04.2011 17:45
Waffenlieferungen nach Libyen sind immer umstritten, doch diesmal ist das Thema besonders brisant. Denn die libyschen Rebellen sollen von Katar Waffen erhalten haben, die noch bis vor einigen Monaten an die libysche Armee geliefert wurden, und zwar von Frankreich. Es soll sich dabei um deutsch-französische Panzerabwehrsysteme handeln. Der Wüstenstaat wollte diese Behauptungen aus Tripolis zwar nicht bestätigen, ein klares Dementi kam jedoch auch nicht.

Die Gadafi-Truppen kennen die angeblich nun an die Rebellen gesendete Waffengattung bestens. Denn vor der Verhängung des jüngsten UNO-Waffenembargos gegen Libyen am 26. Februar wurden die gleichen Lenkflugkörpersysteme vom Typ "Milan" (im Bild beim Einsatz in der britischen Armee) noch an das Regime verkauft. Mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy fädelte damals ausgerechnet der Mann das Geschäft ein, der heute einer der schärfsten Gegner von Machthaber Muammar al-Gadafi in Europa ist.

Raketen für den "Verrückten in Libyen"
Den Beteiligten nördlich des Mittelmeeres ist das Thema heute höchst unangenehm. In deutschen Industriekreisen heißt es, der 168-Millionen-Euro-Vertrag mit Gadafi sei auf massiven Druck der französischen Regierung hin abgeschlossen worden. Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen hätten sogar über Kündigung nachgedacht, als bekannt wurde, dass der "Verrückte in Libyen" 1.000 der von Deutschland und Frankreich entwickelte Boden-Boden-Raketen bekommen soll.

Aus Deutschland kam damals zwar scharfe Kritik. Verhindert wurde das Geschäft aber nicht, obwohl die Regierung über den europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS am Milan-Hersteller MBDA beteiligt ist. Wie viele Lenkflugkörper und Abschussanlagen letztendlich nach Libyen gingen? Dazu schweigt MBDA. "Es wurden nicht alle geliefert", hieß es am Donnerstag lediglich von einem Unternehmenssprecher in Paris. Man halte sich strikt an das Embargo, alle Waffensystem-Ausbilder seien sofort nach Beginn des Konflikts abgezogen worden. Über die mutmaßliche Lieferung von Milan-Raketen von Katar aus an die Aufständischen könne man nichts sagen. Katar selbst sei aber in der Tat Kunde bei MBDA und habe in der Vergangenheit rund 100 Milan-Raketen erhalten.

Gadafi-Lieferung mit "erhöhter Durchschlagskraft"
Auf seiner Internetseite preist das Rüstungsunternehmen die mobilen Waffenanlagen als weltweit begehrteste Mittelstreckenwaffe für die bodengestützte Panzerabwehr. Die an Gadafi gelieferte Version hat eine "erhöhte Durchschlagskraft" und kann Ziele in bis zu 2.000 Metern Entfernung treffen. Zudem reichen zwei Soldaten, um sie zu transportieren. Eine Rakete wiege nur 11,8 Kilogramm, die Abschussrampe 17 Kilogramm. Teile für das Waffensystem werden unter anderem von der LFK-Lenkflugkörpersysteme GmbH im oberbayerischen Schrobenhausen gefertigt.

Auch die Waffenlieferung aus Katar, die von der Regierung des Golfemirates am Donnerstag weder bestätigt noch dementiert wurde, ist nicht ganz ohne Brisanz. Denn in der UN-Resolution 1970 heißt es: "Alle Mitgliedstaaten sollen sofort die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die direkte oder indirekte Lieferung oder den Verkauf (von Waffen) in die Libysche Arabische Dschamahirija zu verhindern."

Die Verfasser dieser Resolution hatten, als sie den Text formulierten, nur Waffenlieferungen an die Regierungstruppen gemeint. An Raketen für die Rebellen dachte damals noch niemand. Jetzt fragt sich so mancher rebellenfreundlicher Regierungsbeamter, wie sein Land Waffen an die Aufständischen liefern könnte, ohne gegen die Resolution zu verstoßen. Dies meinte wohl auch der Sprecher der Übergangsregierung in Bengasi, der am Mittwoch in Katar erklärte, mehrere Staaten seien bereit, den Rebellen Waffen zu liefern. Sie wollten zuvor nur noch einige "juristische Fragen" klären.

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