Kalk ausgestreut

Viele Kröten am Forchtensteiner Badesee verendet

Burgenland
14.04.2011 14:37
"Eine ausgezeichnete Wasserqualität, schattige Lage und viel Natur sind die bekanntesten Merkmale des Badestausees Forchtenstein mitten im Paradies", heißt es auf der Homepage der Gemeinde Forchtenstein im Bezirk Mattersburg. Ein Massensterben der Kröten an eben jenem "Paradies" will aber nun die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" aufgedeckt haben. Alle Kröten, die vor wenigen Tagen noch beim Laichen beobachtet wurden, und auch Frösche seien jetzt tot, berichtete "Vier Pfoten"-Geschäftsführerin Johanna Stadler.

"Dutzende tote Kröten am Ufer und im Wasser und rundherum überall dieses weiße Pulver. Ein völlig unverantwortlicher ökologischer Wahnsinn!", so Stadler. Sogar eine sterbende Fledermaus habe man gefunden, "auch sie ist offenbar mit dem Pulver in Berührung gekommen", schilderte Stadler. Die Fledermaus sowie das einzige überlebende Krötenpaar konnten gerettet und an einen sicheren Ort verbracht werden.

Kalk zur Desinfektion
Ein anonymer Anrufer hatte beobachtet, wie seit Tagen das ominöse weiße Pulver in großen Mengen rund um den See verstreut wurde. Das Wasser des Badestausees war zuvor abgelassen worden, der Pegelstand befinde sich derzeit erst wieder bei einem Viertel des Normalwerts, so Stadler.

Ein Anruf am Gemeindeamt ergab schließlich, dass es sich bei dem weißen Pulver um Kalk handle, der zur Desinfektion gegen Badedermatitis eingesetzt wurde. Kinder dürften deshalb dort keinesfalls spielen. Der See sei allerdings laut Stadler frei zugänglich, es gäbe nicht einmal ein Hinweisschild zu dem Desinfektionsmittel-Einsatz.

Bürgermeisterin Friederike Reismüller befindet sich derzeit auf Urlaub, seitens der Gemeinde wurde am Donnerstag nur bestätigt, dass im Vorjahr im Stausee Cercarien aufgetreten seien. Heuer habe man den See ausgebaggert und wegen des Cercarienbefalls Kalk zur Desinfektion gestreut - "nur dort, wo ausgebaggert wurde". Nach einem Anruf sei die Ortschefin zum Stausee gefahren, habe jedoch keine toten Kröten gesehen, hieß es aus dem Gemeindeamt.

"Vier Pfoten" verurteilte das unverantwortliche Vorgehen der Gemeinde aufs Schärfste und wird Anzeige erstatten, kündigte Stadler an. Proben des weißen Pulvers wurden sichergestellt.

Harmlose Hauterkrankung
Badedermatitis ist eine Hauterkrankung, die durch die Larven von Saugwürmern (Trematoden) verursacht wird. Über den Kot von wurmbefallenen Wasservögeln, vor allem Enten, gelangen Wurmeier ins Wasser. Suchen sich die frisch geschlüpften Larven aber dann statt Wasserschnecken – ihre bevorzugten Wirte - versehentlich einen Menschen als neuen Zwischenwirt aus, verursachen sie eine harmlose Hautreizung, die außer Juckreiz ungefährlich ist. Das Auftreten dieser Cercarien (Larven) steht jedoch in keinem Zusammenhang mit der hygienischen Wasserqualität.

Eine Reduktion der Zahl der Saugwürmer-Larven durch Kalken oder Desinfizieren eines Sees sei laut "Vier Pfoten" ökologisch nicht vertretbar, da hierdurch die gesamte Flora und Fauna geschädigt werde. Die einzige Möglichkeit sei die biotechnische Bekämpfung unter Einsatz von natürlichen Räubern.

"Libellenlarven, Wasserkäfer sowie Fische sind die einzige ökologisch vertretbare Möglichkeit zur Reduktion der Population", heißt es vom Tierschutzverein. Zudem hat die chemische Keule keine langfristige Wirkung gegen die Saugwürmer, denn sobald die nächsten wurmbefallenen Wasservögel das Gewässer aufsuchen, geht das Ganze wieder von vorne los.

Viele Krötenarten in Österreich vom Aussterben bedroht
Mit dem Beginn des Frühlings suchen derzeit Tausende Kröten in der Abenddämmerung ihre Geburtsgewässer auf, um dort selbst für Nachwuchs zu sorgen. Die meisten der in Österreich vorkommenden Krötenarten sind vom Aussterben bedroht. Auf ihrer Wanderung legen die Tiere bis zu zwei Kilometer zurück. Die Weibchen tragen oft die kleineren Männchen auf dem Rücken.

Tierschützer helfen den Tieren durch das Aufstellen von Kübeln, in die die Kröten hineinfallen. Die Tiere werden den Kübeln entnommen und über die Straßen transportiert, die ansonsten für viele von ihnen den sicheren Tod bedeuten.

von Harald Dragan

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